"Gesichert rechtsextrem" Das hält Aachens Politik von der AfD-Einstufung

Gerichte werden bald entscheiden, ob die AfD endgültig als rechtsextremistische Partei eingestuft wird. Was Aachens Politik dazu sagt und warum die Oberbürgermeisterin schweigt.
Das Bundesamt für Verfassungsschutz hat die AfD am 2. Mai als "gesichert rechtsextrem" eingestuft. Zur Begründung hieß es, die Partei zeige eine "die Menschenwürde missachtende, extremistische Prägung". Grundlage für die Entscheidung war ein über 1.000 Seiten umfassendes Gutachten, das auf einer dreijährigen Prüfung beruhte. Es ist mittlerweile öffentlich einsehbar.
Die AfD klagte dagegen. Wegen eines Eilverfahrens vor dem Verwaltungsgericht Köln teilte der Verfassungsschutz wenige Tage später mit, die AfD bis zur gerichtlichen Klärung nicht mehr öffentlich so zu bezeichnen. Auch die entsprechende Pressemitteilung wurde von der Website entfernt. Die Partei gilt nun erneut als Verdachtsfall.
Der Aachener Kreisverband der AfD kritisierte die Einstufung des Verfassungsschutzes bereits als "fragwürdig und politisch motiviert". t-online hat bei den anderen Parteien nachgefragt, was sie von der Einstufung halten.
Breite Zustimmung aus der Aachener Politik
Julia Brinner, Fraktionssprecherin der Grünen im Stadtrat, begrüßt die Entscheidung: "Der Verfassungsschutz hat bestätigt, was uns längst klar war: Die AfD lehnt universelle Menschenrechte ab." Die Partei sei eine "gewaltige Gefahr für die Demokratie", die man nicht unterschätzen dürfe. Auch ein Parteiverbot sei überfällig. Brinner betont die Werte der Stadt, die die AfD missachte: "Unsere bunte und offene Öcher Stadtgesellschaft, in der jeder Mensch seinen Platz finden kann – immerhin Teil der rheinischen DNA! – lehnt sie ab."
Ellen Begolli, Fraktionsvorsitzende der Linken, nennt die Einstufung "längst überfällig". Neben einem möglichen Verbotsverfahren fordert sie auch eine kritische Selbstreflexion der Medien – insbesondere mit Blick auf Talkshows. Diese hätten die Partei "enttabuisiert". Die wirksamste Maßnahme gegen die AfD sei jedoch eine Politik, "die sich an den Problemen der Menschen orientiert". Sie nennt dabei Faktoren wie bezahlbaren Wohnraum, gleiche Bildungschancen für Kinder und die Verweigerung, Geflüchtete als Feindbild zu sehen.
Michael Servos, Fraktionsvorsitzender der SPD, ist "kein bisschen überrascht" von der Einstufung. Er fordert politische Konsequenzen von der Bundesregierung. Besonders gefährdet seien Menschen mit ausländisch klingenden Namen oder anderen Lebensentwürfen. Man müsse "alles dafür tun, dass diese Ideologie in unserem Land nicht mehr mehrheitsfähig wird", so Servos.
Aachens Oberbürgermeisterin möchte sich nicht äußern
Wilhelm Helg, Fraktionsvorsitzender der FDP, hält die AfD ebenfalls für rechtsextrem, rät aber von einem Verbotsverfahren ab. "Wenn das scheitert, spielt das der AfD in die Karten", so Helg. Man müsse die AfD "politisch bekämpfen", um Wähler zurückzugewinnen. Die über 20 Prozent Wähler, die die AfD bei der Bundestagswahl erreicht hatte, seien Helg zufolge "nicht alle rechtsextrem", sondern würden aus Unzufriedenheit die AfD wählen.
Dirk Szagunn, Fraktionssprecher von Die Zukunft/Volt, begrüßt die Einstufung der AfD, sagt aber auch: "Sie allein wird das Problem nicht lösen." Zu lange hätten etablierte Parteien es versäumt, die Gründe für den Erfolg der AfD "ernsthaft zu analysieren und politisch zu bearbeiten". Die politische Auseinandersetzung müsse tiefer gehen: "Wer die Demokratie schützen will, muss den Menschen zuhören – und konkrete Angebote machen." Viele Menschen würden sich abgehängt und nicht gehört fühlen oder fürchten um ihre soziale Sicherheit – sei es wegen unsicherer Arbeitsplätze oder steigender Lebenshaltungskosten.
Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen wolle "aus Neutralitätsgründen kein Statement zu einer demokratisch gewählten Partei abgeben", heißt es von ihrer Sprecherin Jutta Bacher. Keupen spreche sich aber "weiterhin gegen Rechtsextremismus aus", so die Sprecherin. Anders ist es zum Beispiel in Köln: Die dortige Oberbürgermeisterin Henriette Reker hatte die Entscheidung des Verfassungsschutzes begrüßt.
Hinweis: Die CDU-Fraktion hat auf eine entsprechende Anfrage von t-online bislang nicht geantwortet. Sobald diese vorliegt, wird sie hinzugefügt.
- Anfrage an die Aachener Fraktionen und Oberbürgermeisterin Sibylle Keupen