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Tankrabatt in Berlin: "Was nützen mir die paar Cent?"


Tankrabatt in Berlin
"Was nützen mir die paar Cent?"

Von Jannik Läkamp

01.06.2022Lesedauer: 5 Min.
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Eine Schlange von Autos vor einer Tankstelle in Berlin: Pünktlich um Mitternacht fielen die Preise.Vergrößern des Bildes
Eine Schlange von Autos vor einer Tankstelle in Berlin: Pünktlich um Mitternacht fielen die Preise. (Quelle: Jannik Läkamp)

Lange wurde er ersehnt – jetzt ist der Tankrabatt da. Nun soll es an den Zapfsäulen deutlich günstiger werden. Doch stimmt das? Und was halten die Berliner von der Aktion? t-online hat nachgefragt.

Gefühlt wird gerade alles teurer. Besonders bei Benzin und Diesel war das für viele zu spüren. Doch das soll sich nun schlagartig ändern – ein von der Bundesregierung beschlossener Tankrabatt durch Senkung der Energiesteuer ist in der Nacht auf Mittwoch in Kraft getreten.

Dadurch soll Diesel laut Bundesfinanzministerium um rund 17 Cent günstiger werden, Benzin sogar um etwa 35 Cent. Aber: Wie viel der Sprit an der Tankstelle kostet, bestimmen letztlich Tankstellenbetreiber und Mineralölkonzerne. Wie also äußert sich der Tankrabatt in Berlin?

Berlin: Um Mitternacht fallen die Preise

Pünktlich um Mitternacht sanken in der Hauptstadt die Preise an vielen Tankstellen. Fotos zeigen einen Unterschied von 35 Cent pro Liter Super sowie 17 Cent beim Diesel – und damit genau den Rabatt, der durch die Senkung der Energiesteuer möglich ist.

Dennoch gibt es bei den Preisen starke Schwankungen. An manchen Tankstellen wurden auch am Mittwochvormittag noch Benzinpreise weit jenseits der Zwei-Euro-Marke aufgerufen. An anderen konnten die Berliner sogar für unter 1,90 Euro tanken.

Laut dem ADAC liegen die Preise aktuell dennoch weit über dem Normalniveau. "Der normale Spritpreis müsste ohne Senkung der Energiesteuer bei 1,85 bis 1,90 Euro liegen", erklärt ein ADAC-Sprecher auf Anfrage von t-online. Leider gebe es keine gesetzliche Verpflichtung, die Energiesteuersenkung direkt an die Verbraucher weiterzugeben.
Doch die Nachfrage nach günstigem Sprit war wohl hoch. Einschlägige Vergleichsportale waren bereits am Mittwochmorgen teilweise überlastet und nicht mehr aufrufbar.

Wer dennoch einen Preisvergleich machen konnte, stellte schnell fest: Besonders günstig war es am Mittwoch bei einer Tankstelle in Dahlem. Dementsprechend wurde es für die Angestellten ein besonders stressiger Tag, so eine Mitarbeiterin gegenüber t-online. Wer hier am Mittwochvormittag tanken will, muss erstmal ein paar Minuten warten. Immer wieder fahren neue Autos auf den Hof und stellen sich in die Reihe.

"Mama, geh lieber morgen Tanken"

So auch Paula. Eigentlich wollte sie schon am Vortag tanken. "Aber mein Sohn hat gesagt: 'Mama, geh lieber morgen, da ist es günstiger.' Und so war es." Deshalb tankt sie ihren roten PKW nun auch voll. Über die gesunkenen Preise freut sie sich sehr. "Eine schöne Überraschung – mein Tank war eh leer. Und der Preissprung war schon enorm."

Den Tankrabatt der Bundesregierung hält sie für einen guten ersten Schritt. "Sollten die Preise jetzt länger so bleiben, bin ich zufrieden. Und der Staat bekommt eh schon genug Steuern von mir, denen tun die paar Cent weniger nicht weh." Und eines ist für Paula ganz klar: "Das Warten hat sich gelohnt."

Auch Nowak hat sich in die Schlange für den günstigeren Sprit gestellt. Vom Tankrabatt ist er jedoch gar nicht begeistert. "Scheiße, was nutzen mir die paar Cent? Die Preise wurden doch vorher künstlich erhöht. Aber wenn sich die Leute verarschen lassen wollen... Das haben andere Länder viel besser gemacht."

"Günstiger wäre besser"

Eine Säule weiter tankt Benny sein rotes Motorrad voll. "An sich finde ich den Tankrabatt nicht schlecht", erklärt der knapp 60-Jährige. "Aber günstiger wäre besser", findet er. Einen Preis von etwa 1,30 für Benzin fände er fair, auch wenn die Regierung dann weniger am Sprit verdient. "Der Steueranteil ist hoch genug. Die verdienen trotzdem noch genug."

Kurz danach ist Alexandra Schlick zur Zapfsäule vorgerückt. Sie ist ein großer Fan des Tankrabatts. "Eine großartige Maßnahme. Das ist eine große, spürbare Entlastung. Auch wenn wahrscheinlich langfristig alles wieder teurer wird. Aber so ist nun mal die Lage. Alles wird teurer. Strom, Lebensmittel – und eben auch Sprit." Ihre Vermutung: "Der Preis wird sich bald bei etwa zwei Euro einpendeln."

Auch der Chemiestudent Lukas nutzt die günstigen Preise am Mittwoch aus. "Ich habe eigentlich gestern schon getankt", erklärt der 20-Jährige. "Aber dann habe ich die Preise gesehen und habe mich direkt in die Schlange gestellt."

"Für die Umwelt ist das nicht so toll"

Eigentlich hätte Lukas gedacht, dass sich der Tankrabatt nicht so schnell an den Zapfsäulen zeigt. "Ich habe erst in den nächsten Tagen damit gerechnet. Und dass die Preise wegen der höheren Nachfrage direkt steigen." Auch er freut sich über die gesunkenen Preise. "Für die Umwelt ist das natürlich nicht so toll. Aber einem geschenkten Gaul..."

Die steigenden Benzinpreise hat er deutlich im Geldbeutel gespürt. "Eine langsame Steigung wäre ja noch zu verkraften gewesen. Aber dieser hohe Preissprung war heftig." Nun will der Student erstmal beobachten, wie es mit den Spritpreisen weitergeht. "Dann werden wir sehen, ob die Maßnahme der Regierung ausreichend war."

"Die Konzerne haben die Druckmittel in der Hand"

Auf der anderen Seite der Preisskala ist eine Tankstelle im Grunewald. Sie liegt nahe der AVUS – und ist für hohe Spritpreise bekannt. Auf Anweisung von der Tankstellenkette, wie eine Angestellte erklärt. Der Betreiber habe kein Mitspracherecht bei der Preisgestaltung. Super kostet hier 2,16 Euro.

Zwar ist hier wesentlich weniger los als in Dahlem, doch Kunden kommen trotzdem zum Tanken. Einer von ihnen ist Marcus. Er befüllt seinen amerikanischen Pick-up-Truck mit Gas. Auch hier greift der Tankrabatt, auch Autofahrer, die Erdgas (CNG/LNG) oder Flüssiggas (LPG) tanken, profitieren: Laut ADAC verringern sich die Kosten für Erdgas um 6,16 Cent pro Kilogramm.

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Autogas wird günstiger

Für Flüssiggas zahlen Autofahrer 12,66 Cent pro Liter weniger. Trotzdem bleibt es teuer für Marcus. "Vor ein paar Monaten habe ich noch 60 Cent pro Liter gezahlt. Jetzt kostet es das Doppelte." Sowohl Privatpersonen als auch kleine Firmen bekämen das besonders zu spüren, wie er sagt. Wie es nun mit den Gaspreisen weitergeht, weiß Markus nicht. "Da werde ich mich überraschen lassen."

Eines ist für ihn jedoch klar. "Die Politik hat ohnehin nur begrenzten Einfluss. Die Mineralölkonzerne haben die Druckmittel in der Hand. Und Gelegenheit macht Diebe. Klar, dass die Konzerne die Preise anziehen. Außerdem haben viele schon vor Monaten ihre Lager gefüllt – lange vor der Preisexplosion und dem Ukrainekrieg."

An der Zapfsäule nebenan tankt Julius Streubel. Dass es sich hier besonders teuer tankt, hatte er nicht gewusst. "Aber es ist eh alles teuer zurzeit. Schön, wenn es günstiger wird. Aber ich habe mich schon dran gewöhnt."

"Die Schmerzgrenze ist erreicht"

Auch Jochen Schmitz hat sich ausgerechnet eine der teuersten Tankstellen der Hauptstadt ausgesucht. Als er das erfährt, ärgert er sich. "Die Preise sind schon frech. Aber ich musste nun mal tanken, ich will schließlich nach Hause." Von dem Tankrabatt ist Schmitz wenig überzeugt. "Das bringt nur kurz was. Bald sind die Preise doppelt so hoch. Ein Tropfen auf dem heißen Stein."

Seine Schmerzgrenze bei den Spritpreisen sei ohnehin schon lange erreicht. Damit sich das wieder ändert, hat Schmitz einen klaren Vorschlag: "Wir müssen die Sanktionen gegenüber Russland aufheben. Dann können wir wieder günstig tanken. Aber jetzt ist es ohnehin zu spät, die Konzerne werden es nie wieder günstig machen."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Reporter vor Ort
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