t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeRegionalFrankfurt am Main

Deutscher Flughafen Hahn: Der Russland-China-Deal und seine Hintermänner


Dubioser China-Russland-Deal in Deutschland
Ein Land verliert die Kontrolle über seinen Flughafen


Aktualisiert am 06.02.2023Lesedauer: 4 Min.
Nachrichten
Wir sind t-online

Mehr als 150 Journalistinnen und Journalisten berichten rund um die Uhr für Sie über das Geschehen in Deutschland und der Welt.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Der russische Oligarch Viktor Kharitonin (links) neben Mikhail Fridman, einer der einflussreichsten Wirtschaftsführer Russlands (Archivbild): Jetzt wird sein Machteinfluss auch in Deutschland sichtbar.Vergrößern des Bildes
Oligarch Viktor Charitonin (links) neben Michail Fridman, einem einflussreichen Wirtschaftsführer im Kreml (Archivbild): Jetzt wird sein Machteinfluss auch in Deutschland sichtbar. (Quelle: Sergei Savostyanov)

Trotz Ukraine-Krieg: Unternehmen aus China und Russland, die zum Teil dem Kreml nahe stehen, machen Deals über deutsche Infrastruktur in Rheinland-Pfalz.

Der Flughafen Frankfurt-Hahn ist insolvent und soll deshalb verkauft werden. Doch die beim Verkauf involvierten Parteien sind nicht unbedingt seriös. Ein Investor soll den Führungsriegen des Kreml nahestehen. Wurde hier ein deutscher Flughafen während des Ukraine-Kriegs zum Spielball chinesischer und russischer Investoren – ohne, dass jemand hellhörig wurde?

Noch ist der Verkauf nicht in trockenen Tüchern. Das Bundeswirtschaftsministerium könnte ihn prüfen. Doch wenn der Deal tatsächlich über die Bühne geht, hätte das Land Rheinland-Pfalz die Kontrolle über seinen eigenen Flughafen verloren. Zusammen mit Hessen beteiligte sich das Bundesland bis 2016 neben der Ex-Betreibergesellschaft Fraport mit jeweils 17,5 Prozent am Flughafen Frankfurt-Hahn. Nachdem Fraport ausgestiegen war, gehörte der Flughafen sogar vollständig den beiden Nachbarländern.

Einfahrt zum Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz in Berlin-Mitte (Archivbild): Das Ministerium muss derartige ausländische Investitionen prüfen.
Das Bundeswirtschaftsministerium in Berlin muss derartige ausländische Investitionen prüfen. (Quelle: IMAGO/Klaus Martin Höfer)

Was ist ein Investitionsprüfverfahren?

Es gibt Investitionen, die für die Sicherheit in Deutschland schädlich sein könnten. Der Staat muss sicherstellen, dass derartige negative Auswirkungen ausländischer Direktinvestitionen auf die öffentliche Ordnung oder Sicherheit der Bundesrepublik Deutschland vermieden werden.

Rheinland-Pfalz verkaufte Flughafen an chinesische Firma

Dann trafen Hessen und Rheinland-Pfalz die Entscheidung, den Flughafen zu privatisieren. Die Infrastruktur lag ab diesem Zeitpunkt in chinesischer Hand. Das Mainzer Innenministerium erklärte damals, dass es nicht mehr "nötig" sei, als Staat in der Geschäftsführung eines privatrechtlichen Unternehmens zu sein. Das berichteten mehrere Medien.

Erst sollte der Flughafen an die Shanghai Yiqian Trading Company gehen. Da die Firma allerdings nur sechs Angestellte und undurchsichtige Investoren hatte, platzte der Verkauf. Danach ging der Flughafen an die HNA Airport GmbH – ein Unternehmen mit Sitz in der chinesischen Stadt Haikou City.

Zu diesem Unternehmen gehört unter anderem Hainan Airlines – mit 219 Flugzeugen, Chinas größte private Fluggesellschaft. Nach dem Ausbruch des Ukraine-Krieges nahm Hainan Airlines nach wenigen Monaten ihre Flugverbindungen zwischen den Hauptstädten Peking und Moskau wieder auf.

Oligarch steht dem Kreml nahe

Jetzt soll der deutsche Flughafen ein weiteres Mal verkauft werden. Für 20 Millionen Euro an die Holdingfirma des russischen Oligarchen Viktor Charitonin. Der Mann aus Moskau ist auf Platz 66 der russischen Forbes-Liste – mit einem Vermögen von 6,2 Milliarden Euro. In seiner Hand liegt bereits der Nürburgring, der unter anderem für das Festival "Rock am Ring" und die Formel 1 bekannt ist.

Rechtlich gab es dabei bisher nichts zu bemängeln. Denn der russische Oligarch steht nicht auf der EU-Sanktionsliste. Doch seine Verbindungen zum Kreml werfen dennoch Fragen auf. Nicht ohne Grund steht der Mann beispielsweise auf der "Putin-Liste" des US-Finanzministeriums. Diese wurde vor sieben Jahren erstellt, als die US-Amerikaner Russland Wahlsabotage vorwarfen.

Charitonin hat großen Einfluss auf russische Wirtschaft

Charitonins Einfluss ist groß: 2022 wollte er bereits das Verpackungs- und Papierunternehmen Mondi mit rund 5.300 Mitarbeitern in Russland kaufen – nachdem sich der britische Konzern aufgrund des Ukraine-Krieges aus dem Land zurückziehen wollte. Der Deal in Höhe von 1,6 Milliarden Euro soll bisher nicht zustande gekommen sein. Denn die notwendige Genehmigung des Kremls wurde für den Verkauf noch nicht erteilt.

Mondi fiel 2022 in Zusammenhang mit dem Ukraine-Krieg auf: Damals soll die Firma eine russische Fahrradkampagne mit dem Titel "Wir sind Russland! Wir sind zusammen" unterstützt haben. Ukrainische Aktivisten sollen als Reaktion darauf eine Medienkampagne mit dem Hashtag #MondiBloodyPackaging gestartet haben.

Ob der Mondi-Deal noch über die Bühne geht, ist bisher unklar. Trotzdem hat der Oligarch bereits großen Einfluss – mit Russlands größtem Pharmaunternehmen Pharmstandard, das den Corona-Impfstoff Sputnik V produziert. Charitonins Geschäftspartner bei dieser Firma war Roman Abramowitsch, der Ex-Besitzer des britischen Fußballclubs FC Chelsea. Der ist wiederum auf der EU-Sanktionsliste aufgeführt.

Bekanntschaft mit russischer Gesundheitsministerin

Über Pharmstandard knüpfte Charitonin Kontakte in die russische Führungsriege – unter anderem zu Tatjana Golikowa, Putins aktueller Gesundheitsministerin. Zuvor war die Frau bereits Finanzministerin. Ihr Ehemann führte das Land sogar 2004 interimistisch als Ministerpräsident. Später war der Mann Handelsminister.

Bekanntschaft machten Golikowa und Charitonin unter anderem über die "Circle of Kindness Foundation", eine Stiftung, die 2021 von Wladimir Putin gegründet worden war. Die Stiftung kauft teure Medikamente, auch vom besagten Oligarchen, mit russischen Staatsgeldern.

Der Oligarch steht allerdings nicht nur der Gesundheitsministerin nahe, sondern auch Vladimir Uyba – dem Staatschef der russischen Republik Komi, in dem sich auch das Produktionswerk von Mondi befindet.

Deal erinnert an Debatte um Hamburger Hafen

Eine sibirische Lokalzeitung beschreibt den Oligarchen als Russlands "neuen Reichen" und Inhaber von Grundstücken auf der ganzen Welt. Unter anderem soll ihm eine "exklusive" Wohnung im "One Hyde Park", dem teuersten Wohnungskomplex der Welt, gehören. Im Komplex befindet sich der Zeitung zufolge eine Privatsauna, ein Squash-Spielfeld, ein Kino, ein Swimmingpool, ein Fitnesszentrum, ein Golf-Simulator und ein Weinkeller.

Welche konkreten Pläne Charitonin für den Flughafen Frankfurt-Hahn hat, ist unklar. Auch das Bundeswirtschaftsministerium könnte die Veräußerung gemäß dem Außenwirtschaftsgesetz prüfen.

Der Deal ruft Erinnerungen an die Debatte um den Hamburger Hafen wach. Dort wollte sich die chinesischen Staatsreederei Cosco beteiligen. Durch das Außenwirtschaftsgesetz wurden Chinas Einflüsse nach langen Diskussionen auf 25 Prozent begrenzt, lesen Sie hier mehr dazu. Beim Flughafen Frankfurt-Hahn gibt es bisher keinerlei Begrenzung.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website