Im Wattenmeer versunkene Kirche gefunden

Die versunkene Siedlung Rungholt gilt als "Atlantis des Nordens". Jetzt machten Forscher eine sensationelle Entdeckung: Sie fanden den Standort der Kirche.
Um diese Nordsee-Siedlung ranken sich Mythen: Rungholt soll ein sehr reicher Ort gewesen sein β dank des Abbaus und Handels von Torfsalz, das unter anderem nach Hamburg verkauft wurde. Doch dann verschluckte eine Sturmflut die Siedlung. Rungholt versank im Wattenmeer.
Dem Mythos zufolge hatte der Reichtum die Rungholter verdorben, sie selbstsΓΌchtig und zu GotteslΓ€sterern gemacht. Die Sturmflut von 1362, zweite Marcellusflut oder auch "grote MandrΓ€nke" genannt, war demnach die Strafe.
Rungholter Kirche: 40 mal 15 Meter groΓes Fundament
Lange Zeit galt die Siedlung als Legende. Doch dann tauchten Dokumente auf, die die reale Existenz bewiesen. Und jetzt ist Forschern ein weiterer Durchbruch bei der ErgrΓΌndung der Rungholt-Historie gelungen: Sie haben den Standort der Rungholter Kirche lokalisiert.
Wie das ArchΓ€ologische Landesamt, das Zentrum fΓΌr Baltische und Skandinavische ArchΓ€ologie sowie die Kieler und die Mainzer UniversitΓ€t am Dienstag mitteilten, hat ein Team in diesem Mai bei der Hallig SΓΌdfall eine bislang unbekannte, zwei Kilometer lange Kette mittelalterlicher Warften entdeckt. Einer dieser kΓΌnstlichen SiedlungshΓΌgel zeige Strukturen, die zweifelsfrei als Fundamente einer Kirche von 40 mal 15 Meter GrΓΆΓe zu deuten seien, teilten die beteiligten Institutionen mit.
Forscher fanden bisher schon einen Seedeich mit Sielhafen
Ans Licht kamen die unter dem Watt verborgenen Siedlungsreste den Forschern zufolge durch unterschiedliche geophysikalische Methoden. Angewandt wurden demnach unter anderem magnetische Gradiometrie, elektromagnetische Induktion und Seismik. Bohrungen und gezielte Ausgrabungen folgten.
"Damit reiht sich der Fund in die groΓen Kirchen Nordfrieslands ein", sagte der ArchΓ€ologe Bente Sven Majchczack vom Exzellenzcluster "Roots" an der Kieler Christian-Albrechts-UniversitΓ€t. Seine Kollegin Ruth Blankenfeldt vom Zentrum fΓΌr Baltische und Skandinavische ArchΓ€ologie sagte, "die Besonderheit des Fundes liegt in der Bedeutung der Kirche als Mittelpunkt eines SiedlungsgefΓΌges, das in seiner GrΓΆΓe als Kirchspiel mit ΓΌbergeordneter Funktion interpretiert werden muss".
Das Team fand den Angaben zufolge in einem mehr als zehn Quadratkilometer groΓen Gebiet bislang 54 Warften, systematische EntwΓ€sserungssysteme, einen Seedeich mit Sielhafen und neben der groΓen Hauptkirche auch zwei kleinere. "Um Hallig SΓΌdfall und in anderen WattflΓ€chen sind die mittelalterlichen Siedlungsreste bereits stark erodiert und oft nur noch als Negativabdruck nachweisbar", sagte Hanna Hadler von der Johannes Gutenberg-UniversitΓ€t Mainz. Dies zeige sich auch deutlich im Umfeld der Kirchwarft.
- uni-kiel.de: "Vermisst seit 1362"
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa