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Cruise Days: "Hamburg rollt den Umweltsündern den roten Teppich aus"


Cruise Days
"Hamburg rollt Umweltsündern den roten Teppich aus"


08.09.2023Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

Kreuzfahrtschiff Queen Mary 2Vergrößern des Bildes
Das Kreuzfahrtschiff "Queen Mary 2" fährt zum Auftakt der Cruise Days 2022 durch den Hamburger Hafen. (Quelle: Bodo Marks/dpa/Archiv/dpa)

Die Cruise Days in Hamburg feiern die Kreuzfahrtindustrie. Doch die Umweltbilanz der Ozeanriesen ist mies. Ist das Event noch zeitgemäß?

Es ist Europas größtes Kreuzfahrtevent, das am kommenden Wochenende in Hamburg zu drei Tagen Party einlädt. An der Promenade werden seit Tagen Bierbuden und Essensstände aufgebaut. Die Stadt taucht den Hafen in den Abendstunden mit der Lichtinstallation "Blue Port" in blaues Licht.

Mehrere Kreuzfahrtriesen laufen während einer großen Parade am Samstagabend in den Hafen ein. Hamburg verspricht, dass Besucher "die besondere Faszination von Seereisen und der Kreuzfahrt so hautnah erleben können, wie es eben nur in Hamburg möglich ist."

Was keiner der Verantwortlichen gerne hört, aber schon lange klar ist: Die Kreuzfahrtindustrie ist ökologisch eine große Belastung. Allein in Hamburg verursachen die Schiffe zu viel Schwefeloxide. Die Landstrom-Anlage wird von den Kreuzfahrt-Unternehmen nur zögerlich genutzt, die Dieselgeneratoren sind einfach billiger. Und jetzt wird für die Branche auch noch der rote Teppich ausgerollt?

Pro
Katharina GrimmKatharina GrimmHead of Regio Nord

Der Wirtschaftsfaktor ist zu wichtig

Es fällt leicht, die Kreuzfahrtindustrie zu verdammen. Die Schiffe verpesten die Luft und sorgen für Übertourismus in vielen Hafenstädten. Was die Kritiker nicht sagen: Die Branche boomt. Allein in Hamburg gehen knapp eine Million Menschen jährlich an Bord. Kreuzfahrten sind ein wichtiger Wirtschaftszweig in der Hansestadt.

Und das Gros der Menschen ignoriert den ökologischen Fußabdruck und will im Urlaub abschalten. Es schön haben. Ökologisches Gewissen? Doch nicht in den Ferien! Das mag ignorant sein. Die Klimakrise macht eben keinen Urlaub. Aber mit Verboten wird man die große Fangemeinde der Kreuzfahrer nicht umstimmen können.

Besser wären technische Innovationen, die das Reisen umweltverträglicher machen: Nachhaltigere Antriebe mit Wasserstoff, besseren Filteranlagen, Landstrom statt Dieselgeneratoren. Und tatsächlich: Die Branche bewegt sich.

Das bestätigt selbst der Nabu, der jährlich die Branche in Klimadingen abkanzelt. Diesmal berichten die Umweltschützer, dass es sich kein Unternehmen mehr leisten könne, gar keine Maßnahmen zu ergreifen, um weniger Emissionen auszustoßen. Somit gebe es 2023 "vielversprechende Ankündigungen, die Hoffnung auf eine umweltfreundliche Kreuzschifffahrt machen."

Hier könnte Hamburg ansetzen und die Konzerne zu mehr Umweltverträglichkeit verpflichten. Doch Hamburg agiert zaghaft. Die Angst ist groß, dass man die Unternehmen verjagen könnte. Eine unbegründete Furcht, wie auch eine Untersuchung der Stadt selbst zeigt: Hamburg profitiert in der gesamten Wertschöpfungskette, also durch zusätzliche Hotelübernachtungen und Gastro-Besuche und durch das Beladen der Schiffe mit Lebensmitteln. Die Stadt ist beliebt: bei Reisenden, den Schiffscrews und als Ausstatter für den Proviant. Daher ist es nur richtig, Europas größte Kreuzfahrt-Party in der Hansestadt zu feiern.

Kontra
Anna HoffmannAnna HoffmannRegio-Redakteurin Hamburg

Kreuzfahrten sind ein Öko-Desaster

Neun große Pötte zu Gast im Hafen, als krönenden Abschluss gibt’s ein Feuerwerk: Im Jahr 2023 ist ein "Kreuzfahrt-Event der Superlative" ein völlig falsches Signal. Während viele Bürgerinnen und Bürger an jeder noch so kleinen Stellschraube drehen, um nachhaltiger zu leben, rollt die Stadt den Klimasündern den roten Teppich aus.

Na klar, für Hamburg sind die Kreuzfahrtschiffe ein gutes Geschäft. Die Stadt will sich auf dem hart umkämpften Markt als international angesagte Kreuzfahrtdestination etablieren. Doch zu welchem Preis?

Es ist längst bekannt, dass Kreuzfahrtschiffe die Luft in Hafenstädten enorm belasten. Die schädlichen Schwefel-, Stickoxid- und Rußpartikel machen Menschen krank, das ausgestoßene CO2 beschleunigt die Klimakrise.

Die lokale Wirtschaft und Bevölkerung profitiert von Kreuzfahrten nur bedingt: Gegessen wird bei Vollpension zum Großteil auf dem Schiff, Ausflüge an Land buchen die meisten Fahrgäste über die Reederei.

Einige europäische Touristenmagneten haben bereits die Notbremse gezogen, sie drohten im Übertourismus zu ersticken. In Venedig dürfen Kreuzfahrtschiffe ab einer gewissen Größe die Altstadt rund um den Markusplatz nicht mehr befahren. Dubrovnik und die griechische Insel Santorini haben die Anzahl der Schiffe, die anlegen dürfen, immerhin stark begrenzt.

Die Hamburger Cruise Days begegnen dem schlechten Klima-Image hingegen mit einem Nachhaltigkeitskonzept, das seinen Namen nicht verdient. Mülltrennung auf dem gesamten Gelände, ein Verbot von Einwegprodukten und QR-Codes statt Broschüren. Das kommt dabei heraus, wenn man einer Branche die Nachhaltigkeit selbst überlässt.

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Verwendete Quellen
  • nabu.de: NABU-Kreuzfahrtranking 2023
  • nabu.de: Wie die Schiffsbranche zu Lasten von Mensch und Natur Profit macht
  • hamburgcruise.net: Wirtschaftliche Bedeutung der Kreuzschifffahrt für die Region Hamburg, März 2022
  • ndr.de: "Hafen: Linke fordert Landstrom-Pflicht für Kreuzfahrtschiffe"
  • hamburg-tourism.de: Cruise Days 2023
  • ndr.de: "Deutlich mehr Luftverschmutzung durch Kreuzfahrten in Hamburg"
  • stern.de: "Schluss mit großer Fahrt: Warum Städte Kreuzfahrtschiffe verbannen"
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