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27 Euro für ein Kilo: Deshalb ist der Spargel so teuer


27 Euro für ein Kilo?
So kommen die Spargel-Preise im Norden zustande


Aktualisiert am 25.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Eine Person legt Spargel in eine Kiste (Symbolbild): Nicht nur die Ernte macht den Spargel von Jahr zu Jahr teurer.Vergrößern des Bildes
Eine Person legt Spargel in eine Kiste (Symbolbild): Nicht nur die Ernte macht den Spargel von Jahr zu Jahr teurer. (Quelle: Friso Gentsch/dpa)

Wohl kein anderes Gemüse ist den Deutschen so heilig wie ihr Spargel. Dabei sorgen die weißen Stangen jedes Jahr im Frühling für Aufsehen. Die Preise steigen fast unaufhaltsam. Ein Spargelbauer erklärt die Gründe.

27 Euro für ein Kilo Spargel. Eine Nachricht, die in Hamburg für Diskussionen sorgt. Dabei ist der Preis eigentlich gar nicht so dramatisch, wie man auf den ersten Blick denkt, erklärt Berndt Oelkers im Gespräch mit t-online. Er führt einen Hof in Wenzendorf im Landkreis Harburg. Zuerst berichtete die "Mopo".

Dort baut er das "weiße Gold" an und verkauft es unter anderem auf den Hamburger Märkten und im Supermarkt. "Wir sind verpflichtet, den Kilopreis auszuweisen. Das ist auch richtig so", erklärt er. Dennoch schrecke dieser viele Käufer ab. Doch die Zahl führt auch in die Irre. Bei den 27 Euro handele es sich nicht um den tatsächlichen Preis, so der Bauer weiter, sondern um den "Netto-Preis".

Unterschiedliche Qualitäten – unterschiedliche Preise

"Das ist die erste Charge des besten und super sortierten Spargels", erklärt Oelkers. Um ein Kilogramm des Premium-Spargels zu erhalten, müssten zunächst 1,4 Kilogramm des Gemüses produziert werden. Dieser werde dann veredelt. Sprich: direkt beim Bauern geschält. Ohne diese Sonderleistung lag das Kilo beim Hof Oelkers vor Ostern also nur bei 18,90 Euro, so der Spargelbauer.

"Jetzt ist der Preis schon auf 15,90 Euro gesunken. In den nächsten Tage und Wochen wird er sich zwischen elf und 12 Euro einpendeln", prognostiziert der Landwirt. Auch zehn Euro seien bei Angeboten sogar möglich. Wer sich mit krummen oder leicht aufgeblühten Stangen zufriedengibt, könne sogar noch bessere Deals machen.

Auch andere Bauern in der Region erheben ähnliche Preise. Einer von ihnen ist Heiko Schröder. Auf seinem Hof in Vahrendorf kurz hinter der Hamburger Stadtgrenze wird ein Kilo Spargel aktuell etwa 15 Euro verkauft. Dort hat die Saison erst nach Ostern angefangen.

Werden die Stangen noch geschält, kostet das Kilo 22 Euro. Heiko Schröder weist seine Kunden dabei immer auf die Differenz hin: "Wer ein Kilo Spargel kauft, muss bedenken, dass nach dem Schälen nur noch 750 Gramm übrig sind." Und 750 Gramm multipliziert mit dem Faktor 1,4 ergäben dann wieder ein Kilo. "Deswegen erscheint das Kilo geschälter Spargel sehr teuer", so der Spargelbauer.

Nebenkosten sorgen für Preisexplosionen

Für den generellen Preisanstieg beim Spargel sorgt nicht nur die Nachfrage. Ein "Rattenschwanz" an Kosten ziehe sich durch die Arbeit der Bauern und Erntehelfer. Dabei sorgen letztere für den größten Kostenfaktor: Vermittlungsagenturen für Gastarbeiter, Unterbringung und Mindestlohn lassen die finanzielle Belastung für die Bauern in die Höhe schnellen. "Wir müssen beispielsweise auch das Heizöl für die Wohnungen der Spargelstecher zahlen. Und das ist in diesem Jahr schon doppelt so teuer wie im letzten", berichtet Bernd Oelkers.

Weiter geht es bei der Aufzählung mit dem Lohn für die Feldarbeiter: "Wir sind in einem Dilemma. Wir müssen mit den Mindestlöhnen mit Rumänien und Polen mithalten." Alleine das sei nicht möglich. Importe aus dem Ausland sorgen außerdem für eine Produktkonkurrenz auf dem Markt. Die Grenze zu Polen ist so nah, dass auch steigende Spritkosten laut Oelkers kaum einen Unterschied machen. "Ob der LKW nach Berlin oder noch ein Stück weiterfährt – die Kostensteigerung ist verschwindend gering", so der Spargelbauer.

Bezeichnung im Supermarkt sorgt für starke Konkurrenz

Dadurch konkurriere er nicht nur mit deutschen Bauern. Grade im Großhandel in bei den Ketten ist es "Mode geworden", nicht hiesige Ware anzupreisen. "Im Laden steht auf dem Schild: Spargel aus Deutschland/Polen", erklärt er.

Aus welchem der beiden Länder das Gemüse wirklich komme, sei für den Konsumenten nicht ersichtlich. Und der Einkäufer greife dann in den meisten Fällen zum günstigeren polnischen Spargel.

Düstere Prognose für die Zukunft des Spargels

"Wir haben ganz schwierige Verhältnisse und die werden nicht besser, sondern von Jahr zu Jahr schlechter", berichtete Bernd Oelkers, "Irgendwann ist auch bei uns die Grenze erreicht, bis zu der wir noch mitmachen können und noch Geld verdienen. Und wenn wir kein Geld verdienen, bleiben die Familie und die Arbeiter auf der Strecke."

Diese Grenze liege bei einem Durchschnittspreis von 6,50 bis sieben Euro pro Kilogramm Spargel während einer ganzen Saison. Darin eingeschlossen auch Aktionen, Bruch-Spargel und Stangen mit schlechterer Qualität. Viele Spargelbauern müssten wegen der schlechten Bedingungen bereits Betätigungsfeld wechseln und statt Spargel andere und vor allem weniger pflegeintensive Kulturen wie Getreide oder Raps anbauen.

Und auch der Abbruch der Saison für einen Spargelhof sei eine Methode. "Wenn ich nur die Hälfte ernte und damit Gewinn mache, und den Rest durchwachsen lasse, spare ich da an den Erntekosten. So mache ich wenigstens keinen Verlust", rechnet der Bauer vor. Für den Markt bedeutet das: Das Angebot deutscher Bauern nimmt weiter ab und die Preise für das rare Gut könnten noch weiter in die Höhe schnellen.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Bernd Oelkers
  • Gespräch mit Heiko Schröder und weiteren Spargelbauern
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