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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Bekannter Skandalmusiker tot Mit einer brutalen Tat wurde er berühmt

Im Rheinland wurde er zu einer der Größen des deutschen Raps – doch abseits der Charts machte Xatar auch mit Verbrechen von sich reden.
Die Nachricht verbreitete sich am Freitag in der Hiphop-Szene wie im Flug: Der bekannte Rapper Xatar, mit bürgerlichem Namen Giwar Hajabi, ist im Alter von 43 Jahren verstorben. Das erfuhr t-online zunächst aus Kreisen des Musikers. Später bestätigte die Staatsanwaltschaft, dass Hajabi am Donnerstagabend tot in seiner Kölner Wohnung aufgefunden worden ist.
Im Rheinland war Xatar zu Hause: Nachdem seine Familie in den 1980er-Jahren nach Deutschland geflohen war, begann Xatar zunächst in Bonn am Brüser Berg seine ersten musikalischen Schritte. Das 2008 von ihm gegründete Independent-Label "Alles oder Nix Records" wurde zur Kaderschmiede für Rapmusik aus NRW.
Auf dem Label machten einige deutsche Rap-Größen ihre ersten Schritte: etwa SSIO, Schwesta Ewa und Eno. Vor allem in Köln machte sich Xatar auch als Unternehmer breit: Er eröffnete in der Nähe der Aachener Straße eine Shishabar, in der Nähe des Rudolfplatzes die Shishabar "Noon", führte dazu zwischenzeitlich auch Imbisse in mehreren Städten, und ließ auch, aber nicht nur, Tiefkühlkost unter seinem Namen verkaufen.
Mit dem "Goldmann Tower" am Barbarossaplatz gründete Xatar dazu noch ein, schließlich doch gescheitertes, Musiklabel in Köln. 2022 ließ er sein wildes Leben von Fatih Akin verfilmen.
Brutaler Überfall machte Xatar berühmt
In "Rheingold", in dem Xatar von Emilio Sakraya verkörpert wird, geht es auch um den wohl prägendsten Moment in der Rapper-Karriere von Xatar, der aber an sich gar nichts mit Musik zu tun hatte. Sondern mit schwerer Kriminalität: In den frühen Morgenstunden des 15. Dezember 2009 überfällt Xatar mit zwei Komplizen in Ludwigsburg den Goldtransporter einer Nürnberger Schmuckfirma, der Schmuck und Zahngold im geschätzten Wert von 1,7 Millionen Euro geladen hat.
Xatar und seine Männer setzen die beiden Fahrer des Wagens in einem Waldstück aus und verschwinden nach Belgien. Wegen eines Tipps fliegt die Gruppe schließlich auf, doch Xatar erfährt davon schneller, als die deutsche Polizei ihn festnehmen kann.
Ihm, dem gebürtigen Kurden, gelingt es, sich in den Nordirak abzusetzen – still wird es um ihn dort aber nicht. Stattdessen verschickt Xatar Nachrichten nach Deutschland, sonnt sich darin im vermeintlichen Ruhm seines Raubes.
Die Nachricht vom Überfall in Ludwigshafen erreicht schließlich auch den irakischen Geheimdienst, der Xatar und seine beiden Komplizen in ein Gefängnis der kurdischen Hauptstadt Erbil bringt. Weil ihre Beute verschwunden bleibt, sollen die drei Männer dort mit Elektroschocks, quälenden Sitzpositionen und Eiswasser gefoltert worden sein. Später werden Xatars Verteidiger den deutschen Strafverfolgungsbehörden vorwerfen, dies billigend in Kauf genommen zu haben. Ganz nach dem Motto: Hauptsache, der Goldschatz aus dem Transporter kommt zurück.
In der JVA Reinbach schreibt er sein nächstes Album
Doch dazu wird es nie kommen: Das "Rheingold" taucht nie wieder auf, Xatar wird als "Goldmann" in der Szene nun richtig bekannt. Überhaupt schadet ihm der brutale Überfall nach seiner Auslieferung nach Deutschland nicht, zumindest was das Ansehen in der Rap-Szene angeht. Hinter Gitter muss er dennoch: Für sein umfassendes Geständnis wird der Rapper im Mai 2011 wegen schweren Raubes, gefährlicher Körperverletzung und Freiheitsberaubung zu acht Jahren Haft verurteilt.
Die Zeit im Knast nutzt er für seine Musik: In der JVA Reinbach schreibt er, mithilfe eines Diktiergeräts, das Album "417" – seine Zellennummer. Xatar kommt früher aus dem Gefängnis, als seine Strafe es ursprünglich vorsieht, nämlich schon 2014. Frisch in der Freiheit stürmt er mit "Baba aller Babas" direkt in die Charts und nimmt auch seine Karriere als umtriebiger Geschäftsmann auf.
Auf den Kölner Ringen eskaliert ein Rapper-Zwist
Mit dem Gesetz kommt er wenige Jahre später im Rheinland jedoch erneut in Konflikt: Am frühen Morgen des 15. August 2016 treffen sich mehrere Männer vor Xatars Shisha-Bar am Kölner Rudolfplatz. Darunter sein Leibwächter Selam A., der offizielle Inhaber des "Noon", Rirzgar A., sowie auch ein Vertreter des mit Xatar verfeindeten Rappers KC Rebell. Dieser besitzt zu dem Zeitpunkt ebenfalls eine Shishabar in der Domstadt, doch bei dem schwelenden Streit der beiden geht es wohl um mehr als rauchende Pfeifen.
Vor allem geht es um Einfluss in der Rap-Szene, und es wird auch persönlich. In einem Diss-Track wirft KC Rebell Xatar vor: "Mit Rap blieb der Erfolg aus, auch der Rest ging nicht so toll aus – welcher Vollidiot startet auch im Vollrausch 'nen Goldraub?" Der Streit unter den Rapper-Vertretern endet brutal: Xatars Leute schlagen und stechen auf den Rebell-Vertreter ein, auch Schüsse fallen.
Die Angreifer werden verhaftet. Später stellt sich auch Xatar, der bei dem Übergriff nicht dabei war, der Polizei. Die Ermittlungen wegen versuchten Totschlags und gefährlicher Körperverletzung gegen ihn werden später eingestellt.
Xatar versucht sich in der Folge wieder mehr musikalisch und als Unternehmer, etwa als Modedesigner, Gesicht einer eigenen Shisha-Tabak-Marke und als Schauspieler in der ZDF-Sitcom "Blockbustaz". Dazu veröffentlicht er mehrere erfolgreiche Alben und Kollaborationen mit anderen Rappern. Der zwischenzeitlich rund 150 Kilo schwere Rapper beginnt auch eine radikale Diät, viele Fans erkennen ihn danach kaum noch wieder.
Ab dem vergangenen Jahr wurde es dann merklich ruhiger um ihn. Am Donnerstagabend wird Xatar dann in seiner Kölner Wohnung tot aufgefunden.
- spiegel.de: Räuber als Gendarm
- bild.de: Rapper Xatar: "War wie ein Klassentreffen"
- express.de: KC Rebell vs. Xatar: Anklage zum Kölner Rapper-Krieg steht
- spiegel.de: Nach Schießerei: Xatar hat sich der Polizei gestellt
- watson.de: Rapper Xatar: Goldraub, Knast und ein Film über sein Leben
- jurios.de: Reden ist Silber, Schweigen ist Gold – Rapper Xatar und der Goldraub
- hiphop.de: Köftespieß, Mini Lahmacun & mehr: Xatar enthüllt "Haval Grill"-TK-Produkte
- spiegel.de: Gangster-Rapper Xatar stellt sich der Polizei
- Eigene Berichterstattung
- northdata.da: Informationen über Unternehmen von Xatar
- wikipedia.org: Biografie von Xatar
- Mit Informationen der Nachrichtenagentur dpa