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Corona in Köln: Arzt impft Patienten in ihrem Zuhause – wie läuft das ab?


Corona-Pandemie
Kölner Arzt impft Patienten zu Hause – wie läuft das ab?

Von René Denzer

Aktualisiert am 04.04.2021Lesedauer: 3 Min.
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Dr. Johannes Nolte impft Nina Degaldillo in den Oberarm: Die Mutter eines kranken Sohnes wurde im Rahmen des Kölner Pilotprojekts vom Hausarzt in ihrer Wohnung geimpft.Vergrößern des Bildes
Dr. Johannes Nolte impft Nina Degaldillo in den Oberarm: Die Mutter eines kranken Sohnes wurde im Rahmen des Kölner Pilotprojekts vom Hausarzt in ihrer Wohnung geimpft. (Quelle: René Denzer)

Fünf Hausärzte haben in Köln an einem Pilotprojekt zum Impfen beim Hausbesuch teilgenommen. Johannes Nolte aus Porz-Zündorf ist einer von ihnen. t-online hat ihn begleitet.

Die Uhr tickt. Zwei Stunden hat Dr. Johannes Nolte Zeit, dann müssen die Spritzen gesetzt sein. Die holt der Arzt aus Porz-Zündorf vorsichtig aus einem Kühlschrank der Zollturm-Apotheke neben seiner Praxis, packt sie in Watte und dann in eine kleine grün-gestreifte Kühltasche. Inhalt der Spritzen: der Biontech-Impfstoff.

Den hat Noltes Kollege Dr. Tim Wiechers aufgezogen und in dem Kühlschrank im "Basislager", wie die Ärzte die benachbarte Apotheke nennen, deponiert. Die Anzahl entspricht genau den Hausbesuchen, die vor Nolte liegen. Zwar kann der Impfstoff im Kühlschrank etwa 120 Stunden gelagert werden, doch sobald er in eine Spritze aufgezogen ist, muss er unter die Haut. "Aus Verkeimungsgründen", erklärt der Zündorfer Arzt.

Eltern eines erkrankten Kindes werden geimpft

Bis zum ersten Ziel ist es nicht weit. Die Parkplatzsuche dauert fast länger als die eigentliche Fahrt. Nolte sucht den Namen auf der Türklingel und schellt. Der Summer des Türöffners ertönt. Die Treppenstufen zur Wohnungstür sind schnell genommen. Dort erwartet Nina Delgadillo den Arzt. Ihr Mann Jorge hat den kleinen Diego auf dem Arm. Der Einjährige hat Schläuche in der Nase, wird mit Sauerstoff versorgt.

Diego hat eine schwere bronchopulmonale Dysplasie, eine Lungenkrankheit. Die tritt besonders bei Kindern auf, die zu früh auf die Welt gekommen sind und über einen längeren Zeitraum künstlich beatmet werden. "Unser Sohn war ein extremes Frühchen", erzählt Nina Delgadillo. Er muss mit Sauerstoff versorgt werden und hat Pflegegrad 4. Die Eltern kümmern sich um den Kleinen.

Ihnen soll der Biontech-Impfstoff gespritzt werden. Mit 33 und 37 Jahren und ohne Vorerkrankungen gehören sie eigentlich nicht zu denen, die nun an der Reihe wären. Doch in erster Linie geht es um Diego. Sind die Eltern vor Covid-19 geschützt, ist es auch der Sohnemann.

Familie fällt aus dem Raster

"Die Familie fällt komplett aus dem Raster", begründet Nolte seine Entscheidung, die Eltern des kranken Jungen zu impfen. Der 38-Jährige gehört zu den fünf Kölner Ärzten, die an einem Pilotprojekt teilnehmen. Sie können bei Hausbesuchen impfen, noch bevor es die Hausärzte nach Ostern offiziell in ihren Praxen dürfen. Den Impfstoff bekommen Nolte und seine Kollegen direkt vom Impfzentrum in Köln-Deutz.

Bis zu 30 Dosen die Woche "hat das Land locker gemacht", sagt Nolte. So sollen Menschen, die es nicht ins Impfzentrum schaffen, plus zwei Kontaktpersonen geimpft werden. Denn Menschen, die zu Hause gepflegt werden, seien aus logistischen Gründen bislang noch nicht ausreichend geimpft worden. Das soll sich ändern. Wie? Durch die Hausärzte.

Für das Pilotprojekt hat sich Nolte mit seiner Praxis beworben. Die sei mit zwei Ärzten und einer Praxisassistentin relativ groß, sagt der 38-Jährige. "Beim Thema Impfen sind wir geübt". In der Vergangenheit hätten sie überdurchschnittlich viele Grippeimpfungen durchgeführt. Der Bewerbung folgte der positive Bescheid: Nolte ist Teil des Pilotprojekts.

Irgendwann jedoch hatte Dr. Johannes Nolte all seine Hausbesuchspatienten geimpft. Manche waren zuvor schon mit Krankentransporten ins Impfzentrum gebracht worden. "Aus der ethischen Verantwortung heraus", sagt der Arzt, "haben wir anderen Kollegen in Zündorf Bescheid gesagt: 'Nennt uns die Anzahl eurer Patienten, die es nicht ins Impfzentrum schaffen, wir können sie impfen'". Einige Patienten wurden ihm gemeldet. Doch noch immer waren Impfdosen übrig.

Prioritätenliste der Patienten angelegt

Dr. Johannes Nolte hat eine Prioritätenliste angelegt, seine Patienten nach Alter und Vorerkrankung sortiert. Ein Mann, der seinen Termin im Impfzentrum verpasst hat, weil er drei Bypässe gelegt bekommen hat, findet sich darauf ebenso wie ein Herr mit COPD, einer Lungenkrankheit. Oder eben das Ehepaar Degaldillo mit ihrem kranken Diego.

Bevor es für sie den Pieks in den Arm gibt, heißt es aber erst einmal Papierkram erledigen. Ist alles ausgefüllt und unterschrieben, kann es losgehen. Der kurzen Prozedur, folgt ganz viel Dankbarkeit. "Das gibt uns ein stückweit Sicherheit im Alltag", sagt Nina Delgadillo. Damit der Impfstoff auch richtig wirkt, gibt es in ein paar Wochen die zweite Dosis.

Die nächste Patientin wartet

Bis dahin verabschiedet sich Dr. Johannes Nolte von der jungen Familie. Auf dem Weg zum Auto hält er die Kühltasche eng am Körper. Die restlichen Spritzen sollen nicht so sehr durcheinandergeschüttelt werden. Per Spracheingabe wird die nächste Adresse eingegeben. Auf dem Weg dorthin telefoniert Nolte mit seinem Kollegen Wiechers. Er kann die nächsten Spritzen mit dem Impfstoff aufziehen und im Kühlschrank im "Basislager" deponieren. Dorthin wird Nolte zurückkehren, nach seinem nächsten Impf-Hausbesuch bei einer 101-jährigen Dame.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Begleitung des Arztes beim Hausbesuch
  • Gespräche mit allen Beteiligten
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