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Jüdischer Verein in Köln: "Karneval kein Hort des Widerstands"


Jüdischer Karnevalsverein
"Der Karneval war kein Hort des Widerstands"


05.01.2022Lesedauer: 3 Min.
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Der Kleine Rat des "Kleinen Kölner Klubs", Bild aus dem Nachlass des Gründers Max Salomon.Vergrößern des Bildes
Der Kleine Rat des "Kleinen Kölner Klubs", Bild aus dem Nachlass des Gründers Max Salomon. (Quelle: Kölsche Kippa Köpp e.V.)

Der "Kleine Kölner Klub" war der erste jüdische Verein im Kölner Karneval – dann ergriffen die Nationalsozialisten die Macht. Heute hauchen die "Kölschen Kippa Köpp" dem Verein neues Leben ein.

Es ist ein diesiger Dienstagnachmittag, als Aaron Knappstein die Glastür zum Vereinsheim der Kölner "StattGarde" öffnet. Er selbst ist langjähriges Mitglied. Jetzt wird das Büro seinem neuen Verein, den "Kölschen Kippa Köpp", zur Verfügung gestellt – dem einzigen jüdischen Verein im Kölner Karneval.

Er ist der zweite seiner Art: Mit dem "Kleinen Kölner Klub" gründete sich bereits 1922 der erste jüdische Karnevalsverein in Köln. Über zehn Jahre beging man gemeinsam den Fastelovend, hielt Prunksitzungen in der Wolkenburg und der Rheinlandhalle ab und hegte Freundschaften zu Kölner Künstlern und anderen Karnevalsvereinen.

"Kleiner Kölner Klub": Mitglieder geflohen, deportiert und ermordet

Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten fand das fröhliche Treiben ein jähes Ende: Während einigen Mitgliedern die Flucht aus Deutschland gelang, wurden andere in Konzentrationslager deportiert und ermordet.

"Der Karneval hat – ebenso wie Köln – ja sehr lange behauptet, er war ein Hort des Widerstands. Das ist Quatsch", sagt Vereinspräsident Knappstein. So gab es schon in den 1920er-Jahren einen Vorstandsbeschluss der Kölner "EhrenGarde", der eine Mitgliedschaft von Juden untersagte. "Vielfalt in den Karneval zu bringen, ist heute dementsprechend sehr, sehr wichtig", so Knappstein.

Bei den "Kippa Köpp" sei man sich dieser Verantwortung bewusst: Mit der Gründung wird auch dem Verein von damals neues Leben eingehaucht. Das Gedenken an den "Kleinen Kölner Klub" ist fest in der Vereinssatzung verankert.

Christoph Kuckelkorn initiierte Vereinsgründung

Doch wie kam es zur Gründung eines zweiten jüdischen Karnevalsvereins? "Die Initiative kam durch einen Nichtjuden, nämlich Christoph Kuckelkorn, den Präsidenten des Festkomitees Kölner Karneval", berichtet Knappstein. "Er hat über Jahre jüdische Freunde und Bekannte aus Karnevalsgesellschaften angesprochen, ob sie nicht den 'Kleinen Kölner Klub' neu gründen wollen."

Irgendwann habe Knappstein, damals noch Vorstandsmitglied der "StattGarde", nachgegeben und Kontakt zu den späteren Gründungsmitgliedern aufgenommen. "Bis auf einen kannte ich die alle gar nicht. Wir kamen dann im November 2017 zusammen und haben gesagt, wir probieren das mal."

Seitdem sind vier Jahre vergangen, zwei davon im Zeichen von Corona. "Vor Corona hatten wir nur zwei Veranstaltungen", erzählt Knappstein. Einen geplanten Besuch im sogenannten "Elternheim" der Synagogen-Gemeinde Köln mussten sie absagen. Trotzdem ist der Verein in dieser Zeit stark gewachsen: Mittlerweile zählt er 95 Mitglieder.

Vereinsgründer Knappstein: "Die Geschichte ist dann sehr greifbar"

Einen Höhepunkt in der Vereinsgeschichte bot ausgerechnet der Corona-November 2021: Anlässlich des Jubiläums "1.700 Jahre jüdisches Leben in Köln" traf eine Delegation überlebender Mitglieder des "Kleinen Kölner Klubs" und deren Nachfahren in Köln ein.

"Mein Vater sprach nie über die Zeit in Deutschland", sagte Omer Givati, Sohn des nach Israel ausgewanderten Vereinsmitglieds Ignaz Berger, beim festlichen Empfang mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker. "Dass es einen jüdischen Verein gab, haben wir Stück für Stück herausgefunden. In Köln haben wir dann erfahren, dass es hier noch Verwandte gibt."

"Mein persönliches Highlight war das Treffen der Urenkeltochter des Vereinsgründers Max Salomon mit seiner unehelichen Tochter", erinnert sich Aaron Knappstein. "Die lebt noch in Köln, ist 96 Jahre alt und kannte ihren Vater nicht. Sie hat da zum ersten Mal ihre Familie getroffen. Das hat mich sehr bewegt."

"Kölsche Kippa Köpp" wollen erinnern – und neue Wege gehen

"Durch unsere Erinnerungs- und Recherchearbeit haben wir extrem viele Informationen zusammengetragen, die so in Köln noch gar nicht vorhanden waren", sagt Knappstein.

Trotzdem will der Verein auch neue Wege gehen: "Wir machen viel Gegenwartsbezogenes. Wenn wir den Karneval in die jüdische Gemeinschaft und das Judentum in den Karneval tragen können, ist das ein schöner Nebeneffekt."

Präsenz zeigen sei wichtig – für die Zukunft wünsche sich Knappstein, dass die Anwesenheit eines jüdischen Vereins im Karneval irgendwann Normalität wird. "Christoph Kuckelkorn sagt immer, dass der 'Kleine Kölner Klub' ein Puzzleteil des Kölner Karnevals gewesen ist, das nun fehlt", erzählt Knappstein. "Und deswegen soll das zurück."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Gespräch mit Aaron Knappstein
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