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Putins Freund am Tegernsee: Wer zahlt eigentlich für die Millionen-Villen?


Rathauschef widerspricht dem Oligarchen
Wer zahlt für Usmanows Millionen-Villen am Tegernsee?


Aktualisiert am 11.09.2022Lesedauer: 4 Min.
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Der russische Milliardär Alischer Usmanow (Archivbild) besitzt mehrere Häuser am Tegernsee. Eines davon sei aktuell ein "Geisterhaus".Vergrößern des Bildes
Der russische Milliardär Alischer Usmanow (Archivbild): Ihm werdenmehrere Häuser am Tegernsee zugeordnet. Eines davon sei aktuell ein "Geisterhaus". (Quelle: Privat / Klaus Wiendl)

Weil er unter Sanktionen steht, müssen die ihm zugeordneten Häuser nun mit deutschen Steuern unterhalten werden, sagt Milliardär Usmanow. Es geht um viel Geld.

Er fühle sich am Tegernsee wie zu Hause, ließ Alisher Usmanow kürzlich im Gespräch mit t-online ausrichten. Doch mit dem verbrecherischen Überfall der Ukraine begann für "Putins-Lieblingsoligarchen", wie er auf der EU-Sanktionsliste geführt wird, die Flucht aus dem Paradies. Zurück blieben Luxusvillen in Rottach-Egern, die nun zulasten des deutschen Steuerzahlers "instandgehalten" werden müssten, meint Usmanow.

Da finanziert ein Milliardär womöglich Kriegsverbrechen, und wenn man ihn dafür mit Sanktionen belegt, muss der Staat auch noch mit Steuergeldern sein Haus unterhalten? Usmanows Schilderungen lassen Deutschland mehr als ungeschickt dastehen. Doch: Die Gemeinde stellt das anders dar.

Vermögen von Alischer Usmanow am Tegernsee in der Diskussion

Vier Immobilien am Tegernsee soll der mehrfache Milliardär Usmanow über Gewährsleute in einer Steueroase gekauft haben lassen. Darunter ist eine noch unvollendete Luxusvilla auf einem 2.300 Quadratmeter großen Ufergrundstück. Mit Extras vom Allerfeinsten, bis hin zu beheizten Gehwegen.

Die Immobilie soll Usmanow für 6,25 Millionen Euro erworben haben. Weitere 20 Millionen soll ihn der Neubau bislang gekostet haben, wie von Insidern zu hören ist. Doch seit Putins Krieg Ende Februar und Usmanows überstürzter Abreise Tage danach aus Rottach, kehrt Ruhe in den Villen ein, die zusammen mindestens 50 Millionen Euro wert waren. Am Ende reichte es nicht einmal mehr, um die noch offenen rund 150.000 Euro an am Neubau beteiligte Baufirmen zu zahlen, da die EU sämtliche ihr bekannten Bankverbindungen Usmanows sperrte.

Nachdem die Firmen im März mangels Überweisungen die Arbeiten eingestellt hatten, wurde aus der Edelimmobilie ein "unfertiges Geisterhaus, das noch auf öffentliche Kosten instandgehalten werden muss", so der Usbeke im Gespräch mit t-online. "Ich bedauere auch, dass die Firmen nicht bezahlt werden können, aber das ist nicht meine Schuld", rechtfertigt sich der Sanktionierte und versichert: "Was immer ich rechtlich tun kann, um die Sanktionen aufzuheben, werde ich tun."

Alischer Usmanow traf in Bayern Michail Gorbatschow

Einen Straßenzug weiter am Seeufer steht Usmanows feudales Haupthaus, das ihm zugeordnet wird. Wann immer er sich in Rottach-Egern aufhielt, dann seit 2013 vor allem hier. Vorbei sind die Zeiten, da dem inzwischen 68-Jährigen vom nahen Luxushotel Überfahrt mit einem eigenen Fahrdienst die Speisen herangekarrt wurden.

Dort traf er sich auch 2011 mit dem kürzlich verstorbenen früheren Sowjet-Präsidenten Michail Gorbatschow und dessen Tochter Irina. Höhepunkte vergangener Zeiten. Ein "leerstehendes Geisterhaus", sei inzwischen seine Villa, so Usmanows eigene Beschreibung.

Ungenutzte Leerstände in Europa hat der Mann "mit engen Beziehungen zum russischen Präsidenten", wie die EU ihn beschreibt, viele, vor allem auf Sardinien und dem italienischen Festland. Dort machte der Staat kurzen Prozess und konfiszierte Villen und Jachten, wie auch Rottachs Bürgermeister Christian Köck auf Anfrage von t-online berichtet. Und dort ist die Lage anders als in Deutschland.

Italien konfiszierte Vermögen von Alischer Usmanow

"In Italien wurden sämtliche Wertgegenstände und Immobilien beschlagnahmt. Damit sind sie Eigentum des italienischen Staates und somit entsteht Unterhaltspflicht. Diese entsteht hingegen bei uns in Deutschland nicht, weil sein Vermögen hier angeblich eingefroren wurde."

Und somit sei die Gemeinde bisher noch in keine Situation gekommen, wie von Usmanow behauptet, wo sie hätte tätig werden müssen. "Wenn jemand zuständig wäre", so Köck weiter, "wären es die Behörden, die die Sanktionen verhängt haben." Man sei in das "Ganze" nicht involviert. Es wäre auch "keinem Bürger im Ort erklärbar, wenn der andere mehrfacher Milliardär ist und wir für ihn zahlen müssten."

Inzwischen klagt Usmanow mit drei anderen Oligarchen am Europäischen Gerichtshof (EuGH) für die Herausgabe seines Vermögens. Unterstützung bekommt er nun auch von Putins verlängertem Arm in die EU, von Victor Orbán. Ungarns Ministerpräsident droht mit einer Blockade der Verlängerung von Sanktionen gegen Russland.

Victor Orbán will EU-Sanktionen torpedieren

Wie die Deutsche Presse-Agentur mit Verweis auf EU-Diplomaten berichtet, will Orbán mit seinem Vorgehen erzwingen, dass die Strafmaßnahmen gegen drei russische Oligarchen aufgehoben werden. Konkret handele es sich dabei um Alischer Usmanow, Pjotr Awen und Viktor Raschnikow. Die Verlängerung der Sanktionen auf EU-Ebene muss bis Donnerstag kommender Woche erfolgt sein und die Entscheidung einstimmig erfolgen.

Usmanow dürfte den Verlauf der Debatte wohl interessiert verfolgen. Für ihn und seinen Familien-Trust geht es um viel, um milliardenschwere Besitzungen europaweit. Für den Tegernsee aber scheint er eine besondere Vorliebe zu haben, wie er t-online gesteht. "Der Zauber dieses einzigartigen Ortes Rottach-Egern", den er erstmals 2008 nach einer Augenoperation in München besuchte, "ist, dass ich mich wie zu Hause in Usbekistan gefühlt habe." Mit den Gipfeln seiner Heimat könne der Wallberg zwar nicht mithalten, aber "ich habe es geliebt, den Drachenfliegern dort oben beim Start zuzusehen. Ich war fasziniert."

Und er sei diesem Ort und "natürlich seinen Bewohnern sehr dankbar für das Glück, das ich erfahren habe und hoffentlich in Zukunft wieder erleben werde." Die Hoffnung stirbt bekanntlich zuletzt. So gesehen auch für einen Multimilliardär.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Schriftliches Interview mit Alischer Usmanow
  • Interview Christian Köck, Bürgermeister von Rottach-Egern
  • Nachrichtenagentur dpa
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