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Schiedsrichter und Bayern-Fan: Wieso Nagelsmann und der DFB sich blamiert haben


Nagelsmann rastet nach Fehlentscheidung aus
Peinlich, sagt ein Bayern-Fan – und Schiri

MeinungVon Christof Paulus

20.02.2023Lesedauer: 3 Min.
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Julian Nagelsmann wird von Schiedsrichter Tobias Welz verwarnt (Archvibild): Zu sehr hatte sich der Bayern-Trainer über die Entscheidungen aufgeregt, die tatsächlich nicht immer korrekt waren.Vergrößern des Bildes
Julian Nagelsmann wird von Schiedsrichter Tobias Welz verwarnt (Archivbild): Zu sehr hatte sich der Bayern-Trainer über die Entscheidungen aufgeregt, die tatsächlich nicht immer korrekt waren. (Quelle: IMAGO / Revierfoto)

Weil Dayot Upamecano zu Unrecht rot sah, rastete Bayerns Trainer aus. Unser Redakteur ist Schiedsrichter und FCB-Fan: Für ihn haben sich beide Seiten blamiert.

Wenn ein Trainer schon anfängt zu erklären, dass der Fußball von Emotionen lebt, dann weiß man gewiss: Da hat sich wieder jemand massiv im Ton vergriffen. Doch mit einer Binse wie den Gefühlen, die jeder Spieler und Fan beim Fußball kennt, lässt sich nicht rechtfertigen, dass Julian Nagelsmann die Schiedsrichter am vergangenen Samstag als "weichgespültes Pack" beschimpfte.

Dass er sich dafür entschuldigt hat, ist das Mindeste. Als Bayern-Fan ist mir so ein Ausraster peinlich. Aber als Amateur-Schiedsrichter muss ich sagen: Das gilt auch für die Leistung der Unparteiischen.

Nach acht Minuten stellte Tobias Welz am Samstag Bayern-Verteidiger Dayot Upamecano vom Platz. Obwohl der nicht mehr getan hatte, als seinen Gegenspieler im Laufduell leicht an der Schulter zu berühren, schaltete sich Videoassistent Tobias Stieler nicht ein. Dass Bayern auch deswegen wieder einmal in Mönchengladbach verlor, steht außer Frage. Es gibt hier keinen Grund, zu diskutieren: Das war eine krasse Fehlentscheidung, die Welz und Stieler fabrizierten.

Bayern München verliert auch wegen Schiri-Fehler

Ich gebe zu: Ein paar Flüche und Beleidigungen habe auch ich vorm Fernseher in der Kneipe ausgerufen, manche davon in mein Handy getippt. Vielleicht mag man das anders sehen, aber für mich ist es das, was man mit Emotionen beim Fußball noch entschuldigen kann: Sich über eine Person aufzuregen, die nicht anwesend ist, und zwar als Mensch, der selbst nicht in der Öffentlichkeit steht. Als Fan eben. Aufregen dürfen sich natürlich auch Spieler und Trainer. Aber ihnen muss klar sein, dass Millionen Menschen das sehen und hören. Und deshalb gibt es Grenzen.

Mit "weichgespültem Pack" sind diese weit überschritten. Auch wenn Nagelsmann sagt, dass er damit nicht die Schiedsrichter meinte, obwohl er bei diesem Ausspruch gerade aus der Kabine kam – wen denn sonst? Seine eigenen Spieler? Journalisten? Die Einlaufkinder? Und an welche Adresse gerichtet, wäre diese Beleidigung weniger schlimm? Zu Recht nennt der Chef der Schiedsrichter im DFB das "abgrundtief respektlos". Aber vielleicht kommt es ihm ungewollt sogar gelegen.

Denn die Schiedsrichter-Leistungen in der Bundesliga genügen leider wieder einmal nicht den Ansprüchen, die man an die deutsche Elite stellen muss. Seit es den Videobeweis gibt, fragen wir uns auch an der Basis endgültig: Wie können wir das noch nach außen rechtfertigen? Die Fehler sind zu eklatant, etwa auch ein zu Unrecht gegebener Elfmeter in Leverkusen oder eine fehlende Rote Karte gegen Kölns Ellyes Skhiri an diesem Wochenende.

Schiedsrichter wird von Nagelsmann zum Sündenbock gemacht

Nagelsmann hat mit seinem Ausraster unbeabsichtigt vom eigentlichen Punkt abgelenkt. Denn nun fällt es leicht, auf ihn zu zeigen, statt auf die Fehler auf dem Platz zu schauen, die Schiedsrichter wie natürlich auch Bayern-Spieler gemacht haben. Und auch die Signalwirkung ist fatal: Wenn wir verlieren, machen wir eben den Schiedsrichter zum Sündenbock.

Dass Schiris und Fußballer einander brauchen, wird dabei ignoriert. Keiner und keine kann spielen oder pfeifen, wenn der oder die jeweils andere nicht auch auf dem Platz steht. Dabei fehlen vor allem im Amateurbereich massiv Unparteiische. In Bayern etwa besetzen wir viele B- und C-Klassen nicht mehr mit Schiedsrichtern. Sie einfach zum Sündenbock zu degradieren, macht das Hobby nicht attraktiver. Klar, Nagelsmann kann das egal sein – in seiner Liga bei der Elite wird immer jemand pfeifen.

Was ist jetzt mit dem Bayern-Bonus?

Die Kommunikation der Schiedsrichter beim DFB hilft übrigens auch nicht: Intern werden solche Fehlentscheidungen wie vom Wochenende zwar schon aufgearbeitet, nach außen spricht man aber nur ungern darüber. Die Lage schönzureden, statt sich Probleme einzugestehen, hilft dem Ansehen der Unparteiischen nicht.

Wofür das Spiel übrigens gut sein könnte: Wenn es hilft, die alte Mär vom "Bayern-Bonus" endlich zu beerdigen. Schon im Spitzenspiel gegen Borussia Dortmund durfte BVB-Spieler Jude Bellingham trotz eines Tritts in das Gesicht von Alphonso Davies bis zum Ende spielen. Und Joshua Kimmich flog kürzlich nach einer Schwalbe seines Gegenspielers in Wolfsburg vom Platz.

Von einer systematischen Benachteiligung zu sprechen, wie es viele Fans anderer Klubs oft unken, wäre natürlich Quatsch. Dieses Wochenende war einmal mehr der Beweis, dass auch die Bayern unter Fehlentscheidungen leiden und nicht nur von ihnen profitieren. Bei gegnerischen Fans wird das aber nicht ankommen – zu heftig ging Nagelsmann an die Decke. Das neue Narrativ lautet: "Da pfeift einmal jemand gegen Bayern, und schon regen sie sich auf." Aber diese Häme hat der Trainer sich selbst zuzuschreiben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
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