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Toolwood in München: Antisemitismus-Vorwürfe – Wirbel Auftritt von Ska-P


Vorwurf des Antisemitismus steht im Raum
Wirbel um Konzert auf Tollwood Sommerfestival

  • Sven Sartison
Von Sven Sartison

11.07.2023Lesedauer: 3 Min.
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Ska-P bei einem Konzert in Berlin im Mai 2019: Die spanische Band ist vor allem aufgrund eines Songs umstritten.Vergrößern des Bildes
Ska-P bei einem Konzert in Berlin im Mai 2019: Die spanische Band ist vor allem aufgrund eines Songs umstritten. (Quelle: IMAGO / POP-EYE)

Die umstrittene spanische Band Ska-P soll auf dem Tollwood Sommerfestival im Münchner Olympiapark auftreten. Ein Bündnis fordert, das Konzert abzusagen.

Auch in diesem Jahr haben die Veranstalter des Toolwood Sommerfestivals wieder etliche namhafte Künstler auf die Bühne ihrer Musikarena gelockt. Nico Santos, Die Fantastischen Vier, Sportfreunde Stiller oder Silbermond sind nur ein paar der Musiker, die den Zuschauern im Münchner Olympiapark ordentlich eingeheizt haben. Bands und Interpreten mit gutem Ruf, wenig Konfliktpotenzial und Songs für die breite Masse. Attribute, die auf die Gruppe Ska-P allerdings nicht zutreffen.

Am Samstag, dem vorletzten Tag von Tollwood, soll die spanische Skapunk-Band in dem großen Zelt auf dem Festivalgelände spielen. Doch nicht alle wollen die sieben Rocker aus dem Madrider Stadtteil Vallecas in der bayerischen Landeshauptstadt sehen.

In einem offenen Brief fordert das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München, Ska-P (ausgesprochen: eskape) wieder auszuladen. Unterzeichnet haben das Schreiben auch Erich Schneeberger, Erster Vorsitzender des Verbands Deutscher Sinti und Roma in Bayern, der Verband Jüdischer Studenten in Bayern sowie das Junge Forum der Deutsch-Israelischen Gesellschaft München.

Vorwurf des Antisemitismus gegen Ska-P

Der Vorwurf: Die Gruppe, die vor allem in ihrer spanischen Heimat, aber auch in Deutschland, Italien, Frankreich, Österreich, der Schweiz sowie Lateinamerika einen hohen Bekanntheitsgrad erlangt hat, bediene sich "sowohl antisemitischer als auch antiziganistischer Ressentiments".

Im Mittelpunkt der Anschuldigungen steht insbesondere der bereits vor 21 Jahren veröffentlichte Song "Intifada". In diesem heißt es unter anderem: "Sechs Millionen Juden auf grausamste Weise vernichtet. Ein imperialistischer Völkermord durch faschistische Armeen, das müssen wir aus der Geschichte lernen. Die Opfer sind zu Henkern geworden, sie kehren ihr Inneres nach außen. Palästinensische Gebiete zu kolonisieren, was wiederum den gesunden Menschenverstand verletzt. Tot, tot! In wessen Namen? Tot, tot! Von Israel."


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"Eine Einordnung als antisemitische Band im Gesamt-Schaffenswerk ist für uns nicht erkennbar."


Die Veranstalter des Tollwood Sommerfestivals


Für das Bündnis ein klarer Fall von Täter-Opfer-Umkehr. Die Opfer des Holocausts würden mit dem Verweis auf Faschismus, Völkermord und der Zahl von "sechs Millionen" eindeutig angesprochen und zu "Henkern" stilisiert. Konkret würden sie und ihre Nachkommen in Israel dabei für die "Kolonisierung" palästinensischer Gebiete sowie die dortige militärische Auseinandersetzung und das Leiden Palästinas verantwortlich gemacht.

Tollwood distanziert sich von Song

Eine klare Positionierung, die für die Tollwood-Veranstalter jedoch nicht ausreicht, um den Auftritt abzusagen. "Eine Einordnung als antisemitische Band im Gesamt-Schaffenswerk ist für uns nicht erkennbar", teilte dieser auf Anfrage von t-online mit. Vom Inhalt des Songs "Intifada" distanziere man sich aber, auch die Kritik des Linken Bündnisses gegen Antisemitismus München sei nachvollziehbar.

Allein aus vertraglichen Gründen sei es allerdings gar nicht möglich, Ska-P auszuladen. "Hier gibt es keine rechtliche Handhabe." Auch wenn das Lied nicht auf dem Index steht und damit nicht verboten ist, habe man die Gruppe dennoch darum gebeten, "Intifada" nicht auf dem Tollwood zu spielen. Ob diese dem Wunsch nachkommt, ist unklar.

Zugleich betonte der Veranstalter, dass das Tollwood mit seinen Festivals darauf ausgerichtet sei, "Spiegelbild einer multikulturellen Gesellschaft zu sein." Man stelle sich allgemein gegen "jede Form der Diskriminierung" und stehe für "Meinungs- und Kunstfreiheit im demokratischen Rahmen".

Neu ist der Wirbel um den Song nicht, den Frontmann Pulpul bereits 2003 in einer Stellungnahme als Kritik an den israelischen Militärs, welche "die palästinensische Bevölkerung foltert und tötet", bezeichnete. Im Jahr 2017 spielte der FC St. Pauli "Intifada" vor einem Heimspiel in der 2. Fußballbundesliga. Tags darauf folgte die Entschuldigung des Klubs. In einer Stellungnahme schrieben die Hamburger damals, dass das Lied nie hätte abgespielt werden dürfen, da es antisemitische Textzeilen enthalte und "gegen die Werte unseres Vereins und des friedlichen gesellschaftlichen Zusammenlebens verstößt".

Auch Teile der Bühnenshow in der Kritik

Doch nicht nur das Lied steht vor dem geplanten Auftritt von Ska-P am Samstag auf dem Tollwood im Fokus. Auch ein Teil der Bühnenshow wird in dem offenen Brief an den Veranstalter scharf kritisiert. So habe sich ein Bandmitglied bei einem Konzert im August des vergangenen Jahres in Augsburg "für mehrere Minuten als stereotypische Zigeunerin mit Glaskugel verkleidet".


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"Wir halten es für unsäglich, dass dieser Band in München eine Bühne geboten wird."


Das Linke Bündnis gegen Antisemitismus in München


"Völlig unverantwortlich", wie das Linke Bündnis gegen Antisemitismus München findet. Gerade wenn man bedenke, "welches Leid Sinti und Roma während des Dritten Reiches erleben mussten und welcher Diskriminierung sie bis heute ausgesetzt sind". Aus diesem Grund sei es unsäglich, "dass dieser Band in München eine Bühne geboten wird".

Den Verantwortlichen des Toolwood Sommerfestivals sei der beschriebene Teil der Show nicht bekannt, erklärt der Veranstalter gegenüber t-online. Dennoch habe man Ska-P über den Vorwurf informiert. "Eine antiziganistische Einstellung wurde verneint."

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • lbga-muenchen.org: "Offener Brief bzgl. des Auftritts von Ska-P am 15. Juli 2023 auf dem Tollwood München"
  • br.de "Antisemitismus-Vorwurf: Tollwood verweist auf Kunstfreiheit"
  • focus.de: "Von umstrittener Band "Ska-P""Antisemitische Textzeilen": FC St. Pauli entschuldigt sich für Stadion-Lied"
  • fcstpauli.com: "Der FC St. Pauli bezieht Stellung zur Musikauswahl am Spieltag"
  • taz.de: "Radikale Texte, schwungvolle Tänze"
  • radiogong.de: Tollwood Sommerfestival 2023: Alle Konzert-Highlights im Überblick"
  • wikipedia.org: "Ska-P"
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