Winter in München: Passagiere über Schnee-Chaos am Flughafen verärgert

Der Flughafen war am Dienstagvormittag wegen Eisregens gesperrt, Passagiere mussten lange ausharren. t-online hat vor allem verärgerte Reisende getroffen.

Der erste Start war um kurz nach 13 Uhr – einer von nur rund 100 Flügen am Dienstag. 650 Starts und Landungen mussten nach Angaben des Airports gestrichen werden. Dementsprechend ruhig war es am Flughafen nach der Sperrung am Vormittag. Nur wenige Fluggäste warteten im Abflugbereich, und auch die Angestellten bei der Gepäckkontrolle waren sichtlich entspannt.

Ulrich Müller aus Kiefersfelden ist einer der wenigen Passagiere, deren Flüge nicht annulliert wurden. Er möchte zwei Wochen Strandurlaub in Ägypten machen. Seine Maschine nach Hurghada hätte um 8.20 Uhr abheben sollen, der Start wurde auf den Mittag verschoben. Und dann noch mal eine zweistündige Verspätung. Das Chaos am Flughafen und bei der Bahn nach dem schneereichen Wochenende kann der Rentner nicht nachvollziehen: "Wir sind nicht im Steinzeitalter. Ein bisschen Schnee sollte doch nicht so viel Chaos verursachen."

Sechs Stunden hat er gebraucht, um zum Flughafen zu kommen. Zuerst versuchte er es mit dem Zug, in Rosenheim fand seine Reise aber ein jähes Ende. Dann fuhr ihn seine Nachbarin mit dem Auto. "Heute ist Dienstag, nach fast drei Tagen hat man es nicht auf die Reihe bekommen. So was habe ich noch nie in Bayern erlebt. Wir sind ja im süddeutschen Raum. Da muss man vorbereitet sein", sagt er.

"Die Anzahl der Passagiere in unseren Terminals ist momentan überschaubar. Die Passagiere waren rechtzeitig von Ihren Fluggesellschaften über heutige Stornierungen informiert", teilte eine Sprecherin des Flughafens mit.

Bereits am Freitag waren einige Flüge wegen der Schneemassen ausgefallen. Am Samstag wurde der Flughafen dann zum ersten Mal gesperrt. Sonntag und Montag konnten wieder vereinzelt Flüge stattfinden – bis zur erneuten Schließung am Montagabend. Ein Passagier erzählt im Gespräch mit t-online am Dienstagvormittag, dass er seit drei Tagen auf seinen Flug nach Istanbul warte. Zum dritten Mal sei er heute hergefahren. Der Grund für die erneute Schließung war Eisregen, der in der Nacht auf Dienstag in Teilen Bayerns gefallen war.

Flughafen München: Flugzeuge brauchen "Grip"

Flugzeuge würden "Grip" brauchen, erklärt die Flughafensprecherin. Gemeint ist die Reibung für Starts und Landungen. "Eisregen trifft auf eiskalte Flächen und schafft einen Eispanzer. Bei gefrierendem Regen, der die Vorfeldflächen und Startbahnen vereist, ist eine sehr aufwendige und kontinuierliche Behandlung des Eispanzers notwendig." Auf dem Rollfeld und den Bahnen sind es tatsächlich Räumfahrzeuge, die den Verkehr bestimmen – und nicht die Flugzeuge.

In Kolonnen fahren sie über das Flughafengelände, eine Fläche von 5,6 Millionen Quadratmetern, mehr als 780 Fußballfelder. 150 Winterdienst-Mitarbeiter sind pro Schicht im Einsatz; sie konnten am frühen Nachmittag die nördliche Start- und Landebahn vom Eis befreien. "Die Bahnen müssen aufgeraut und mit Auftaumittel behandelt werden. Das ist viel Arbeit. Dazu kommt auch die Enteisung der Flugzeuge", sagt ein anderer Flughafensprecher zu t-online. Bereits am Montagabend habe man das Gelände mit dem Auftaumittel präpariert. Bis Dienstagmittag ging hier trotzdem nichts.

Nicht nur Passagiere können die Entscheidung des Flughafens nicht nachvollziehen, auch Meteorologe Jörg Kachelmann ist irritiert. Auf der Plattform X (vormals Twitter) hat er am Montag den Flughafen scharf kritisiert: "Der wahrscheinlich einzige Airport, der wegen einer sehr geringen Menge Glatteisregen, die für jeden anderen Airport Nordeuropas beherrschbar wäre, präventiv schließt." Und am Dienstag schrieb er, dass ihn der Münchner Flughafen "völlig ratlos" mache. "Es hat nur gestern Abend kaum messbar ein paar Flöckchen geschneit", so der Wetterexperte.

Unklar, ob es zu weiteren Schließungen am Airport München kommt

War es also die falsche Entscheidung, nach dem Schneechaos-Wochenende für die Fluggäste den Airport noch mal dichtzumachen? Der Flughafensprecher entgegnet, mit den Vorwürfen konfrontiert: "Wir haben uns strikt an die Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes gehalten. Der hatte für die Nacht zum Dienstag Eisregen angekündigt."

Zu Einschränkungen am Flughafen München kommt es wegen des Eisregens immer wieder – zuletzt war dies vor knapp einem Jahr der Fall. Im Dezember 2022 waren beide Landebahnen kurzzeitig geschlossen; es kam zu diversen Verspätungen und Ausfällen. Der Deutsche Wetterdienst rechnet auch in den kommenden Nächten mit Eisregen und Glätte. Bis sich die Lage stabilisiert, wird es wohl noch ein bisschen dauern.

Auch am Mittwoch sei zwar wieder mit Annullierungen zu rechnen, heißt es vom Airport. Eine erneute komplette Einstellung des Flugverkehrs sei aber wegen voraussichtlich geringer Eisregen-Gefahr unwahrscheinlich. Passagieren wird trotzdem weiterhin "dringend geraten", sich vor der Anreise zum Flughafen mit der Airline in Verbindung zu setzen.