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Corona/München: Wiesn 2021 mit Besuchern? Wiesn-Chef macht Markus Söder nervös


"Wiesn prägt das Image Bayerns"
Oktoberfest trotz Corona? Wiesn-Chef macht Markus Söder nervös

InterviewVon Patrick Mayer

Aktualisiert am 11.03.2021Lesedauer: 4 Min.
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Clemens Baumgärtner: Der Wiesn-Chef hat große Pläne für das Oktoberfest 2021.Vergrößern des Bildes
Clemens Baumgärtner: Der Wiesn-Chef hat große Pläne für das Oktoberfest 2021. (Quelle: STL/imago-images-bilder)

München plant trotz Corona-Pandemie das Oktoberfest für Millionen Besucher. Warum das so ist, und weshalb Bayerns Ministerpräsident Markus Söder Aufklärung brauchte, erklärt Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner im Interview mit t-online.

6,3 Millionen Besucher. Es ist nicht nur in der Coronavirus-Pandemie eine schier unvorstellbare Ansammlung an Menschen. Exakt so viele Gäste strömten 2019 an 16 Tagen auf das Oktoberfest in München. 2021, inmitten der Corona-Krise, unvorstellbar? Nicht, wenn es nach der bayerischen Landeshauptstadt (1,56 Millionen Einwohner) geht. Denn die Planungen für eine Wiesn in diesem Herbst laufen mitten im Lockdown.

Es ist der Job von Clemens Baumgärtner, Referent für Arbeit und Wirtschaft und Wiesn-Chef. Der 44-Jährige verärgerte damit erst kürzlich Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Der Vorwurf stand im Raum, Baumgärtner bewerbe ein mögliches Oktoberfest zu offensiv. Der Münchner erklärt sich im Interview mit t-online.

t-online: Herr Baumgärtner, wie steht es um Ihr Verhältnis zu Markus Söder?

Clemens Baumgärtner: Wir haben ein ungetrübtes Verhältnis, arbeiten in allen Feldern, die uns verbinden, bestens zusammen, auch zum Thema Wiesn.

Dabei zogen Sie, so hört man, unlängst den Unmut des bayerischen Ministerpräsidenten auf sich, als Sie das Plakat zum Oktoberfest 2021 vorstellten – mitten in einer Hochphase der Corona-Krise.

Die Vorstellung des Wiesn-Plakates ist ein Verwaltungsvorgang. Eine Jury kürt jedes Jahr das Plakat zum Oktoberfest, das dann öffentlich vorgestellt wird. Zudem haben wir das Wiesn-Plakat ohne Pressekonferenz per Video vorgestellt. Das alles habe ich dem Herrn Ministerpräsidenten gesagt. Er kannte den Hintergrund nicht. Seit er ihn kennt, ist Herr Söder damit absolut fein.

Herrn Söder ging es wohl darum, dass München für ein riesiges Volksfest wirbt, während er als Hardliner in der Corona-Politik gilt.

Ich bin Teil der Verwaltung und dazu angehalten, das Oktoberfest zu planen. Keiner von uns kann absehen, was im Mai oder Juni passiert.

Es brodelt jedenfalls: Oberbürgermeister Dieter Reiter (SPD), der eng mit Landeschef Söder zusammenarbeitet, soll Sie laut "Münchner Abendzeitung" im städtischen Corona-Krisenstab als "Referent für Spaßveranstaltungen" bezeichnet haben.

Spaß und Ernst liegen beim Oktoberfest nah beieinander. Ministerpräsident Söder weiß sehr wohl, was das Oktoberfest wirtschaftlich für ganz Bayern und für den Ruf der Stadt München bedeutet.

Ist Kritik am Werben für die Wiesn also ungerechtfertigt?

Ich tue nichts Falsches, sondern das, wofür die Stadtverwaltung bezahlt wird. In der Sekunde, in der jemand das Oktoberfest absagt, hören wir mit den Vorbereitungen auf. So wie letztes Jahr.

Sie sind Münchner: Was bedeutet das Oktoberfest der Stadt?

Die Wiesn prägt das Image Münchens und Bayerns in überragendem Maße. Es ist ein Gesamtkunstwerk. Die Marke Oktoberfest ist einzigartig, zeichnet Bayern und München im Besonderen aus. Weil es ein hochqualitatives Fest der Gastfreundlichkeit und Weltoffenheit ist.

Sowie ein Riesen-Wirtschaftsfaktor. Zuletzt war von einem geschätzten Umsatz von 1,2 Milliarden Euro die Rede.

2014 lag der Umsatz bei 1,35 Milliarden Euro. Heutzutage dürfte der Umsatz bei 1,5 Milliarden Euro liegen. Es ist ein erheblicher Faktor für Gastronomie, Hotellerie und Einzelhandel. Neben den harten Zahlen geht es ums Prestige und um das Münchner Lebensgefühl. Wer die Stadt einmal gesehen hat, kommt ein zweites Mal wieder.

Sie sind nahe an den Wirten und Schaustellern dran. Was sagen diese?

Alle Beschicker sind absolut vernünftig und wissen um die Pandemie. Es gibt keinen, der sagt, dass das Oktoberfest auf Gedeih und Verderb stattfinden muss. Viele fragen, wann die Entscheidung getroffen wird und wer diese trifft. Ob das Oktoberfest stattfinden kann, werde nicht ich entscheiden, das liegt beim Ministerpräsidenten und dem Oberbürgermeister.

Viele Jobs sind betroffen.

Jobs und Unternehmen. Wenn du am Monatsende nicht mehr weißt, wie du deine Umsatzsteuer zahlen sollst, ist das echt übel. Hinter jedem Schausteller und Beschicker stehen Menschen. Wir brauchen qualifizierte und erfahrene Beschicker. Ein Kettenflieger-Fahrgeschäft kostet drei bis fünf Millionen Euro, bei einem Riesenrad legen Sie fünf Millionen Euro aufwärts hin. Das geht nicht nebenbei. Es gibt Familien, die seit Generationen auf der Wiesn sind. Die Schausteller wollen keine Soforthilfen, sie wollen für ihr Geld arbeiten.

Wofür Sie jetzt trotz Corona-Lockdowns das Oktoberfest 2021 planen?

Wir planen die Wiesn ganz normal. Aber: Eine Wiesn kann nur stattfinden, wenn von ihr Freude ausgeht, und keine Gefahr lauert, die nicht beherrschbar ist. Ansonsten wird das Oktoberfest als Ort der Zerstreuung nicht mehr akzeptiert. Davon haben die Schausteller nichts. Momentan wäre es zu früh, um ja oder nein zu sagen. Aber wir können die Prognose nicht erst im August treffen, da müssten die Zelte schon stehen.

Für die Münchner Brauereien geht es um viele Hektoliter Bier. 7,3 Millionen Maßkrüge gingen 2019 über die Oktoberfest-Theken. Wann ist die Deadline?

Wenn wir im April sehen, dass es keinen Sinn ergibt, müssen wir der Wahrheit ins Auge sehen. Wenn wir aber sehen, dass Lockerungen kommen, lohnt es sich, noch drei, vier Wochen zu warten und die Entscheidung in den Juni zu schieben. Spätestens Anfang Juni müssen die Wirte und die Stadt in eine Wiesn investieren. Zwischen Mai und Juni ist ein seriöser Zeitpunkt.

In München gibt es derweil den "Stadtfunk". Ein spektakuläres Gerücht lautet, dass es das Oktoberfest 2021 nur für Münchner geben könnte.

Es ist halt nur ein Gerücht. Eine Wiesn für Münchner ist aber praktisch nicht umsetzbar. Die Wiesn in einer anderen Form, wie wir sie kennen, schließe ich definitiv aus. Lieber g'scheit.

Vielen Dank für das Gespräch!

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Wiesn-Chef Clemens Baumgärtner
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