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Aus für Gelben Sack: Nürnberg ist Müll-Vorreiter in Deutschland


Deutsche Modellstadt
Wo die Müllabfuhr besonders billig ist

  • Meike Kreil
Von Meike Kreil

Aktualisiert am 07.02.2023Lesedauer: 4 Min.
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Gelbe Tonnen am Straßenrand (Symbolbild): In Nürnberg ist die Abfallentsorgung besonders günstig. (Quelle: Michael Gstettenbauer/imago images)

Viele Deutsche ärgern sich über hohe Müllgebühren. In Nürnberg besteht dazu kein Grund. Was andere Städte von den Franken lernen können.

Nürnberg und sein Müll – das ist Aufreger und Vorbild zugleich. Vor Jahren schon hat die Stadt den Gelben Sack verbannt. Und nirgends werden so wenig Müllgebühren fällig wie hier. Und dennoch: Die Nürnberger halten ihre Stadt für dreckig. Was andere Städte von diesem Ort lernen können, hat t-online zusammengefasst.

Gelber Sack – wie war die Ausgangslage?

Welcher Mieter und Eigentümer erinnert sich nicht? An den Kampf mit dem Gelben Sack. Das Material wurde immer dünner, die Zerreißprobe umso größer. Umherflatternde Verpackungen aus zerfledderten Säcken. Sie stanken und verschandelten das Stadtbild, erinnert sich Oliver Schimmelpfeng. Er ist Betriebsleiter für abfallwirtschaftliche Logistik im Abfallwirtschaftsbetrieb Stadt Nürnberg (ASN). Es herrschte Unzufriedenheit auf allen Seiten.

Nürnberg zog die Reißleine. Die Stadt entschied sich 2019 für einen drastischen Schritt: die Abkehr vom Gelben Sack. Mit der Umstellung auf die Gelbe Tonne war Nürnberg einer der Vorreiter in Deutschland. Berlin etwa zieht erst jetzt nach.

Vorreiter – was können andere Städte von Nürnberg lernen?

Plötzlich standen um den Jahreswechsel 2020 die schwarzen Tonnen mit gelbem Deckel vor Nürnbergs Haustüren. Rund 80.000 Stück – erst in der Innenstadt, dann in den Stadtteilen. Ausgeliefert, ganz ohne Anmeldung.

Die Umstellung "klappte aufgrund unserer Logistik-Erfahrung und tatkräftiger Mitarbeiter nahezu reibungslos", heißt es dazu rückblickend von Hofmann denkt, der zuständigen Firma. So ein Großprojekt zu stemmen, erfordere viel und gut ausgebildetes Personal. Dafür seien von September bis Dezember 2019 etwa 35 Mitarbeiter täglich im Einsatz gewesen.

Dabei blieben kleinere Kinderkrankheiten nicht aus, präzisiert Schimmelpfeng vom ASN. Ein Problem war, dass auf den Grundstücken erst einmal Platz für die großen Tonnen geschaffen werden musste. Und dass die Bevölkerung "in der Anfangsphase ein höheres Informationsbedürfnis" hatte, was ihre Ressourcen stark in Anspruch genommen habe.

Umstellung – wie hat die Bevölkerung sie aufgenommen?

Freilich habe es anfangs ein "höheres Beschwerdeaufkommen" gegeben, erinnert sich der Experte vom ASN. Manch einer habe den altbewährten Sack vermisst. Der übliche Effekt eben, wenn sich Lebensgewohnheiten ändern. Nach ein paar Monaten aber sei die Tonne bald auf sehr große Akzeptanz gestoßen.

Einblicke darüber hinaus gibt ein Bericht, der 2019 im zuständigen Ausschuss behandelt wurde: Der spricht von Lieferengpässen und Kurzfristigkeit, weshalb eine Vorabinformation für Eigentümer und Verwaltungen kaum realisierbar gewesen sei. Es sei nachvollziehbar, dass "manche Bürgerinnen und Bürger von der Schnelligkeit des Entsorgers überrascht wurden".

"Die größte Herausforderung war seinerzeit die kurzfristige Umsetzung", bestätigt ein Sprecher von Hofmann denkt auf Nachfrage von t-online. Im August 2019 habe das mittelständische Familienunternehmen mit Sitz im nahe gelegenen Büchenbach den Zuschlag für den Auftrag erhalten und im September mit der Auslieferung begonnen – "eine logistische und planerische Meisterleistung".

Plastikmüll – wie kompliziert kann das schon sein?

In Deutschland sind die Händler und die Hersteller für die Entsorgung und das Recycling ihres Verpackungsmülls verantwortlich. Das bedeutet auch, dass sie für die Kosten aufkommen müssen, die sich durch das Sammeln, Entsorgen und Wiederverwerten ergeben. Demnach müssen Haushalte auch keine Gebühren für die Leerung der Gelben Tonne zahlen – im Gegensatz zu jener der Restmüll- oder Biotonne. Gelber Sack und Tonne gehören zu den dualen Systemen. Sie sind privatwirtschaftlich finanziert, liegen damit nicht in der Verantwortung der Kommune.

Entsorgung von Plastikmüll – alles neu?

Durch ein neues Gesetz haben Städte und Gemeinden seit 2019 mehr Mitspracherecht bei der Entsorgung ihres Verpackungsmülls. Im Zuge dessen hat Nürnberg die Umstellung auf die Gelbe Tonne ab 2020 beschlossen.

Dafür stimmten sich der Entsorgungsdienstleister und die Stadt zuerst über die zu beliefernden Adressen und Anwesen ab. Zunächst nicht ohne datenschutzrechtliche Panne, wie aus dem Bericht des Ausschusses hervorgeht. "Wegen der Dringlichkeit, möglichst frühzeitig mit der Behälterverteilung zu beginnen, wurden anfangs versehentlich die Namen mit auf den Aufklebern angedruckt." Das rief Bedenken hervor, weshalb die Aufkleber neu gedruckt wurden – diesmal ohne Namen.

Andere Städte haben sich mit der Umstellung noch deutlich schwerer getan. Woanders formierte sich Protest oder es kam zu regelrechten Müllbergen, weil Säcke nicht mehr und Tonnen noch nicht verfügbar waren.

Verpackungen und Co. – was gehört in die Gelbe Tonne?

  • Verpackungen aus Kunststoff, zum Beispiel Plastikbecher oder -flaschen.
  • Verpackungen aus Verbundstoffen, zum Beispiel Milch- und Saftkartons.
  • Verpackungen aus Metallen, zum Beispiel Konservendosen oder Aluschalen sowie geschäumte Verpackungen.
  • Nicht hinein gehört unter anderem alles aus Glas (bitte in den Altglascontainer) sowie Papier und Pappe (gehört in die Blaue Tonne).

Müllgebühren neben der Gelben Tonne – was kostet es in Nürnberg?

Bei den Müllgebühren herrschen in Deutschland große Unterschiede. In Nürnberg zahlen Verbraucher deutschlandweit am wenigsten. Das ergab das Abfallgebühren-Ranking 2022 von "Haus & Grund". Nürnberger zahlen gerade einmal 130 Euro – der Durchschnitt für einen Vierpersonenhaushalt liegt bundesweit bei 312 Euro. Das besagt eine Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft in Köln im Auftrag des Eigentümerverbands.

Das Erfolgsgeheimnis? So liegt die Abfallverbrennungsanlage in Nürnberg zentral, was Leerfahrten und Kraftstoff spart – ebenso wie effiziente und schlanke Strukturen.

Obacht: Die Gebühren beinhalten jedoch nicht den Plastikmüll. Die Kosten für die Erfassung und das Recycling von Verkaufsverpackungen zahlt der Verbraucher über den Einkaufspreis der verpackten Produkte, also etwa an der Supermarktkasse.

Welche Herausforderung gibt es aktuell?

Wichtig ist den Nürnbergern die Sauberkeit in ihrer Stadt. Jeder Zweite ist damit eher oder sehr unzufrieden. Darüber Aufschluss gibt die Wohnungs- und Haushaltserhebung "Leben in Nürnberg". Die Beurteilung von Müll und Schmutz als Problem in Nürnberg hat seit 2013 sehr stark zugenommen, heißt es darin. Weniger vor der eigenen Haustür, dafür vor allem in Parks und Grünanlagen.

Ein Thema, das sie derzeit viel beschäftigt, sei die Abfallvermeidung, erklärt Schimmelpfeng vom ASN. Die Frage danach, wo Müll eingespart werden kann, werde immer wichtiger.

Verwendete Quellen
  • Anfrage bei der Stadt Nürnberg
  • Anfrage bei der Firma "Hoffmann denkt"
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