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CSU und AfD: Laut Wahl-O-Mat hohe Übereinstimmungen | Landtagswahl Bayern


Landtagswahlen in Bayern
"Natürlich ist es überraschend, das so zu sehen"

InterviewVon Daniel Salg

Aktualisiert am 20.09.2023Lesedauer: 4 Min.
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Alice Weidel von der AfD und Markus Söder von der CSU: Ihre Parteien haben laut Wahl-O-Mat in Bayern Übereinstimmungswerte von deutlich mehr als 70 %.Vergrößern des Bildes
Alice Weidel von der AfD und Markus Söder von der CSU: Ihre Parteien haben laut Wahl-O-Mat in Bayern Übereinstimmungswerte von deutlich mehr als 70 %. (Quelle: IMAGO / Montage t-online)

Wahlforscher Thorsten Faas hat die Übereinstimmungen zwischen den Antworten der Parteien im Wahl-O-Mat untersucht. Dabei erkennt er Cluster.

Die Landtagswahl in Bayern rückt näher. Seit vergangenem Mittwoch soll der kostenlose Wahl-O-Mat Wählern bei der Entscheidung helfen. Mithilfe des Tools können Nutzer herausfinden, mit welchen Parteien ihre persönlichen Positionen am ehesten übereinstimmen.

Thorsten Faas ist Professor für "Politische Soziologie der Bundesrepublik Deutschland" an der Freien Universität Berlin. Er analysiert immer vor den Landtagswahlen die Übereinstimmungswerte der Parteien im Wahl-O-Mat.

Auffällig bei seiner aktuellen Analyse: Die Übereinstimmungswerte zwischen CSU und AfD liegen bei deutlich mehr als 70 %. Höher sind nur die zwischen SPD und Grünen, SPD und Linken sowie Linken und Grünen. Ob ihn das überrascht und ob deshalb eine Koalition zwischen CSU und AfD in Bayern denkbar ist, erzählt er hier.

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t-online: Herr Faas, hätten Sie mit den Übereinstimmungen, die Sie für Bayern festgestellt haben, gerechnet?

Thorsten Faas: Na ja, im Detail weichen die Übereinstimmungen schon von Wahl zu Wahl ab, aber die groben Linien finden sich schon immer wieder. SPD, Grüne und Linke bilden häufig ein Cluster, aber eben auch Union, FDP und häufig auch die AfD. Natürlich spiegeln sich auch Koalitionen mitunter wider – wenn man vier Jahre zusammen regiert hat, dann sehen Parteien eben auch bestimmte Dinge ähnlich, es gilt ja auch, eine gemeinsame Regierungsbilanz zu vertreten.

CSU und AfD haben offenbar mehr Übereinstimmungen, als die CSU und ihr Koalitionspartner Freie Wähler haben. Inwiefern ist das für Sie verwunderlich?

Ich würde da jetzt nicht zwischen CSU und AfD einerseits, CSU und Freie Wähler andererseits differenzieren – die Übereinstimmungswerte sind ja praktisch identisch. Aber natürlich ist es überraschend, das so zu sehen. Es sind eben Parteien, die sich rechts der politischen Mitte befinden. Sie sehen bestimmte Dinge konservativ oder traditionell. Auch gibt es Sachfragen, die über fast alle Parteien hinweg ähnlich gesehen werden.

Auch zwischen AfD einerseits, SPD und Grünen andererseits gibt es ja punktuelle Übereinstimmungen. Aber der Kern der Sache ist natürlich: Kann man solche Übereinstimmungen und Unterschiede einfach verrechnen? Oder gibt es bestimmte Haltungen, die sind eben qualitativ so anders, dass sich das verbietet.

Das ist ja letztlich auch genau die Debatte, die wir nach der Abstimmung im Thüringer Landtag haben: Kann man einfach punktuell mit der AfD zusammenarbeiten oder geht das aufgrund bestimmter Positionen, die die Partei vertritt, einfach nicht?

Gibt es Erfahrungen aus anderen Koalitionen und Ländern? Sind dort die Überschneidungen zwischen der CSU-Schwesterpartei CDU und der AfD auch so hoch?

Ja, das ist schon ein Muster. In Berlin etwa lagen die Übereinstimmungen sogar bei 80 %, in Schleswig-Holstein 2022 bei über 70 %.

Wie erklären Sie sich die hohen Übereinstimmungen zwischen CSU und AfD?

Um das zu erklären, muss ich weiter ausholen. Man denkt immer, politische Sachfragen übersetzen sich ganz einfach ins Programm der Parteien und damit schließlich auch das Wahlverhalten. Aber so einfach ist das nicht.

Parteien können bei einem Thema unterschiedliche Positionen vertreten. Aber selbst wenn sie ähnliche Positionen vertreten, kann es immer noch Unterschiede geben: Wer gilt als kompetenter? Wem ist das Thema wichtiger? Wer ist dann vielleicht auch eher zu Kompromissen bereit und wer nicht?

Der Wahl-O-Mat legt eine sehr spezielle Perspektive auf Sachfragen an. Bei dieser stehen Positionen und deren Unterschiede im Fokus. Aber das sagt natürlich in der Realität nicht alles aus. Bezogen auf CSU und AfD heißt das: Da gibt es überlappende Positionen, keine Frage, aber das macht sie nicht zu gleichen Parteien.

Die Übereinstimmungswerte zwischen CSU und AfD in Bayern sind laut Ihrer Analyse dennoch höher als beispielsweise die zwischen CDU und AfD in Hessen. Liegt das daran, dass die AfD in Bayern gemäßigter als anderswo ist oder vertritt die CSU radikalere Positionen als ihre Schwesterpartei?

Um die hohen Übereinstimmungswerte zu verstehen, muss ich wissen: Im Wahl-O-Mat kann ich "ja" oder "nein" sagen (oder mich neutral positionieren), aber ich kann meine Antworten nicht abstufen. Aber das tun Parteien natürlich sehr wohl. Wenn man so will, sortiert der Wahl-O-Mat Gegner und Befürworter zu 38 Sachfragen. Er erlaubt aber keine Differenzierungen innerhalb dieser Lager.

AfD und CSU stehen da grundsätzlich häufig auf der gleichen Seite. Und wenn man an den alten CSU-Slogan denkt, dass es rechts von ihr nichts geben dürfe, merkt man natürlich auch daran, dass es ein Spannungsverhältnis zwischen beiden Parteien gibt.

Wie groß ist nun aus Ihrer Sicht die tatsächliche Überschneidung in den Programmen der Parteien? Und sind die Ergebnisse Ihrer Analyse womöglich ein Hinweis für eine Zusammenarbeit?

Nein, das glaube ich nicht. Ganz abgesehen davon, dass sich die mathematische Notwendigkeit einer Koalition zwischen CSU und AfD wohl nach der Wahl auch nicht stellen wird, war die CSU an der Stelle ja auch sehr eindeutig.

Hat Sie sonst noch etwas bei Ihrer Analyse überrascht?

Interessant sind die Vergleiche zwischen Ländern und auch über Zeit. Man sieht in Bayern zum Beispiel, dass sich die CSU von SPD und Grünen im Laufe der Zeit entfernt hat. Wenn ich Hessen und Bayern vergleiche, sieht man ein völlig anderes Profil der Freien Wähler in den beiden Bundesländern. Der Wahl-O-Mat ist schon eine gute Sache – aber für die Wähler und die Politikwissenschaft eben auch nur ein Orientierungspunkt.

Herr Faas, vielen Dank für das Gespräch.

Verwendete Quellen
  • Interview per Mail
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