Borussia Dortmund: Erik Durm "ist für die Champions League geboren"

Nach dem wichtigen Sieg über den SSC Neapel ließ sich Trainer Jürgen Klopp zu einem Sonderlob hinreißen, das man selbst vom Fußball-Fanatiker von Borussia Dortmund eher selten hört. "Er ist ein außergewöhnliches Talent", schwärmte der BVB-Coach auf dem Podium der Pressekonferenz, "er ist für die Champions League geboren".

Von Regensburg bis Neapel in vier Monaten

Innerhalb von nur vier Tagen lieferte Dortmunds neuester Shooting-Star in zwei tollen Partien den Beweis seiner Klasse ab: Bei der derben Pleite im Liga-Gipfel gegen den FC Bayern gehörte Durm noch zu den besten Borussen. Der Youngster hatte auf seiner linken Abwehrseite jedenfalls den Münchner Nationalspieler Thomas Müller über weite Strecken des Spiels gut im Griff. Auf der großen europäischen Bühne im Duell mit Neapel ließ der 21-Jährige seinen Gegenspieler Jose Callejon nur ein einziges Mal durchrutschen und hatte das Glück des Tüchtigen, als der Spanier in Diensten der Süditaliener im ersten Durchgang nur den Pfosten traf.

Durms Karriere geht gerade wie eine Rakete in den Himmel. Am 24. August half der Außenverteidiger noch in der zweiten Mannschaft gegen Jahn Regensburg aus. Nicht einmal einen Monat später feierte er in Nürnberg sein Startelfdebüt in der Bundesliga. Anfang Oktober stand er im früheren Westfalenstadion auf dem Rasen, als vorm 3:0-Erfolg über Olympique Marseille die Hymne der Champions League ertönte. Durm krönte seinen Traumeinstand in der Königsklasse mit einer Torvorlage für Stürmer Robert Lewandowski.

Und nun, Ende November, nach den ersten großen Saisonhighlights, hat wohl niemand mehr beim BVB auch nur annähernd Bauchschmerzen, wenn der Youngster in Flutlichtspielen für Schwarz-Gelb aufläuft. Durm ist eine echte Alternative für die leidgeplagte Viererkette. "Es ist alles sehr schnell gegangen - wie im Märchen", sagt Durm selbst und kann sein Glück noch nicht so richtig fassen.

Auf den Spuren von Lukasz Piszczek

Der Aufstieg ist umso bemerkenswerter, als Durm ein Lehrling auf seiner Position ist. Denn eigentlich hat der aus Pirmasens stammende Fußballer Stürmer gelernt. Noch vor drei Jahren war er im Trikot des 1. FC Saarbrücken Torschützenkönig der A-Jugend-Regionalliga, und auch der BVB verpflichtete den zwischenzeitlich zum FSV Mainz gewechselten Durm im Sommer 2012 als Angreifer für sein Regionalliga-Team.

Erst Ende der vergangenen Saison fasste Jürgen Klopp den kühnen Plan, aus der sprintstarken Nachwuchshoffnung der 2. Mannschaft einen Außenverteidiger für die Bundesliga zu formen. Dass diese Art von Umschulung erfolgreich sein kann, hatte Dortmunds Cheftrainer schon mit Lukasz Piszczek eindrucksvoll vorexerziert. Der polnische Nationalspieler begann seine Bundesliga-Karriere als Stürmer bei Hertha BSC, ehe er sich unter Klopp zu einem der besten Rechtsverteidiger Europas entwickelte.

Der Marktwert geht durch die Decke

Der Vorteil dieser Lösung liegt auf der Hand: Längst gehört die Position des Außenverteidigers zu den anspruchsvollsten Planstellen überhaupt im modernen Fußball, alleine mit Defensivarbeit ist es nicht mehr getan. Über die Seiten wird das Spiel auseinandergezogen und mit Gefahr aufgeladen, die offensiv ausgerichteten Abwehrkünstler werden aktiv einbezogen. Das erweiterte Spielverständnis ist da eine ebenso große Hilfe wie die Fähigkeit, scharfe Flanken zu produzieren, den Gegner unter Druck zu setzten oder sogar selbst den Abschluss zu suchen. Piszczek etwa hatte in den vergangenen drei Spielzeiten mit sechs eigenen Treffern und 24 Torvorlagen allergrößten Anteil am riesigen Erfolg des BVB.

Das ist die Marke, die es zu erreichen gilt. Und bei Durm macht sich die Borussia offenbar ähnlich große Hoffnungen, dass dies auch gelingt: Mitte August dieses Jahres, also noch vor Durms Durchbruch auf großer Bühne, verlängerte der Klub den Vertrag des Youngsters vorzeitig bis 2017. Schon jetzt eine gute Entscheidung, schließlich ist sein Marktwert innerhalb kürzester Zeit von 200.000 Euro auf 1,5 Millionen hochgeschnellt, so jedenfalls die Schätzung von "transfermarkt.de".

Gute deutsche Außenverteidiger sind rar gesät

Auch angesichts der aktuellen Verletzungssorgen der Borussia war das genau die richtige Entscheidung. Bereits sieben Mal stand Durm in dieser Saison für Marcel Schmelzer in Pflichtspielen in der Startelf. In der sich dauernd ändernden Viererkette ist er mittlerweile schon fast eine Konstante. Dazu hat Durm inzwischen auch sein Debüt in der U21 gefeiert. Auch auf lange Sicht ist sein Wechsel in die Defensive von Vorteil. Vor dem Weg in die Nationalmannschaft steht aber erst noch der Sprung in die Dortmunder Stammelf. Perspektivisch gesehen besteht auf dieser Position jedoch auch im DFB-Team sicher ein großer Bedarf an geeigneten Fachkräften mit erweitertem Horizont.