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BVB - Liverpool: Als sich für Klopp die Büchse der Pandora öffnete


So verlief die Rückkehr nach Dortmund
Als sich für Klopp die Büchse der Pandora öffnete

Von t-online
Aktualisiert am 08.04.2016Lesedauer: 4 Min.
Dortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (li.) und Jürgen Klopp vor der PartieVergrößern des BildesDortmunds Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke (li.) und Jürgen Klopp vor der Partie (Quelle: dpa-bilder)
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Aus Dortmund berichtet Marc L. Merten

Der Fußball-Gott, so es ihn gibt, hat salomonisch entschieden: Borussia Dortmund und der FC Liverpool haben sich im Viertelfinal-Hinspiel der Europa League 1:1 (0:1) getrennt. Damit musste Jürgen Klopp bei seiner emotionalen Rückkehr zum BVB keine Gewissensfragen beantworten.

Und beiden Teams bleiben fast die gleichen Möglichkeiten, in einer Woche eine von Gefühlsduseleien überflutete Auslosung zu einem guten Ende zu führen.

Um 20.30 Uhr war es soweit: Kurz nach seinen Spielern trat Klopp aus dem Spielertunnel und schritt als Trainer des FC Liverpool auf den Rasen des früheren Westfalenstadions. Applaus brandete auf, Klopp blickte in Richtung Südkurve, zur Gelben Wand, wo er einst als Meistertrainer gefeiert wurde. Ein kurzes Winken, nicht überschwänglich, eher zurückhaltend knapp über Hüfthöhe, er war wieder zuhause in seinem einstigen Wohnzimmer. Eine Umarmung mit BVB-Boss Hans-Joachim Watzke, dann ging er in die Hälfte seiner Mannschaft, in die Gästehälfte.

Von dort aus verfolgte er alleine und mit den Händen in den Hosentaschen, das Aufwärmprogramm. Aber nicht das seiner eigenen Mannschaft, sondern das des Gegners. Jener Spieler, die er bis zum Sommer 2015 trainiert hatte. Einmal, als ein BVB-Mitarbeiter von der Bank in seine Richtung deutete, lachte Klopp auf, zeigte mit beiden Händen auf das Liverpool-Logo auf seiner Brust und zuckte mit den Achseln. Ja, Klopp, der Pöhler, ist nun ein Liverpöhler. Seinen schwarz-gelben Trainingsanzug hat er mit einem schwarz-weißen getauscht, seine Spieler tragen nicht mehr Schwarz-Gelb, sondern Rot.

Ein vereintes „You'll never walk alone“

Als dann um kurz vor 21 Uhr die Fußball-Hymne schlechthin ertönte, war der Boden bereitet für einen außergewöhnlichen Fußballabend. "You'll never walk alone" erschallte aus 65.000 Kehlen. Beide Fan-Lager waren vereint in einem Lied. Ein Moment, auf den viele Fußball-Nostalgiker gewartet hatten. Drei Minuten Atmosphäre pur, drei Minuten voller Emotionen, ehe es auf dem Rasen giftig werden sollte.

Sie standen beide von der ersten Minute an nebeneinander an der Seitenlinie: Dortmunds Trainer Thomas Tuchel, in schwarzer Daunenjacke, von Beginn an wild gestikulierend. Klopp zunächst in sich ruhend, die Arme verschränkt.

Bis das Spiel so richtig begann. Mit einer frühen Gelben Karte gegen Emre Can war die innere Ruhe für Klopp vorbei. Eine kurze, aber heftige Explosion. Wie im Wechsel dirigierten beide Trainer ihre Teams. Mal Tuchel, mal Klopp. Tuchel eher taktisch, Klopp eher emotional. Je länger das Spiel dauerte, desto häufiger sah man Klopp, wie er seine Spieler mit klaren Gesten an der Ehre packte, sie daran erinnerte, wofür sie hier waren: um ihr Herz auf dem Platz zu lassen, auf jenem Platz, auf dem Klopp einst seines gelassen hatte.

Die Jubel-Säge und ein wissendes Nicken

Als in der 36. Minute James Milner mit einer Kopfballverlängerung Divock Origi einsetzte und dieser zum 1:0 für Liverpool einschoss, waren alle Blicke wieder auf Klopp gerichtet. Wie würde der Ex-Dortmunder reagieren? Ruhig bleiben? Ausrasten? Klopp zeigte sich so, wie er ist: emotional. Drei Schritte zur Seite, die geballte Faust, dann die Jubel-Säge: Die Anspannung brach aus ihm heraus, das ersehnte Auswärtstor war da. Doch Sekunden später war auch der Coach in ihm wieder da. Noch als seine Spieler in ihre Hälfte gingen, deutete er mit beiden Zeigefingern auf seinen Kopf. Spielt klug, wollte er sagen. Lasst Euch nicht täuschen vom 1:0, denkt an die Absprachen! Lasst Euch von diesem BVB nicht überrumpeln.

So, wie zu Beginn der zweiten Hälfte, als Dortmund nach einem Eckball zurück ins Spiel kam. Mats Hummels nickte per Kopf ein, und auch Klopp nickte. Wieder ein Gegentor nach einem Standard. Wieder ein Fehler in der Zuordnung. Wieder eine Führung verspielt. Liverpools Liga-Probleme waren also mit nach Dortmund gereist.

Auch nach 90 Minuten hieß es 1:1. Als der Abpfiff ertönte, ballte Klopp die Faust. Das Unentschieden konnte er ohne Frage als Erfolg werten. Nicht verloren, das Auswärtstor im Gepäck – an der Anfield Road in einer Woche haben die Reds nun alles in der eigenen Hand.

Umarmungen nach dem Spiel

Und Klopp selbst? Der konnte nun endlich das machen, was er schon lange machen wollte: seine ehemaligen Spieler umarmen. Erst auf der Bank, dann auf dem Platz. Den einen umarmte Klopp herzlicher (wie Shinji Kagawa), den anderen etwas nüchterner (wie Henrich Mchitarjan). Aber am Ende hatte er sie alle durch.

"Als Aki Watzke vor dem Spiel kam und mich umarmt hat, hat er die Büchse der Pandora geöffnet", sagte Klopp später. "Damit war klar, dass ich die Spieler nach dem Spiel auch umarmen durfte." Natürlich durften auch seine neuen Spieler nicht fehlen. Strahlend ging er zu Nathaniel Clyne und herzte den Rechtsverteidiger. Dann war seine Zeit auf dem Rasen vorbei. Ein letzter Applaus von der Gegengeraden, ein letztes Bedanken bei seinen alten Fans, dann verschwand Klopp in den Katakomben.

"Wenn ich sagen würde, das Spiel hätte mich in den letzten Tagen nicht aus meiner Mitte gerissen, wäre es gelogen", sagte der 48-Jährige. "Ich habe jeden einzelnen Menschen hier gern, deswegen war das speziell."

Doch das Spiel in Dortmund war nur der erste Akt. Der zweite folgt in einer Woche an der legendären Anfield Road. Um kein Stadion in England ranken sich so viele Mythen wie um die Heimstätte der Reds. "Nächsten Donnerstagabend an der Anfield Road wird die Post abgehen", versprach Klopp. Dann jedoch wird es einen Sieger geben müssen – und einen Verlierer. Zum Abend in Dortmund hätte so ein Szenario aber nicht gepasst.

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