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Frauen-EM: Legt sich Alisha Lehmann selbst Steine in den Weg?


Alisha Lehmann
Die vermeintliche Diva hat eigentlich ein anderes Gesicht


18.07.2025 - 12:13 UhrLesedauer: 4 Min.
Alisha Lehmann: Sie steht mit ihrem Team im Viertelfinale.Vergrößern des Bildes
Alisha Lehmann: Sie steht mit ihrem Team im Viertelfinale. (Quelle: IMAGO/Manuel Winterberger)
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Nationalspielerin Alisha Lehmann ist ein Phänomen. Ihre Doppelrolle nimmt sie jedoch nicht an und polarisiert damit.

Aus Zürich berichtet Kim Steinke

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Etwas mehr als 81 Minuten waren bereits gespielt worden, als auf der Anzeigetafel an der Seitenlinie eine rote 19 und eine grüne 23 aufleuchteten. Die Schweizer Nationaltrainerin Pia Sundhage wollte wechseln. Beim Stand von 0:1 stand der EM-Gastgeber im Stadion von Genf gegen Finnland vor dem Aus. Ein Tor fehlte, um das Viertelfinale zu erreichen. Also entschied sich Sundhage für einen weiteren Impuls. Neben den Augen der rund 30.000 Zuschauer im Stadion war auch bei Hunderten, wenn nicht sogar Tausenden, Smartphone-Kameras auf der Tribüne der Fokus auf die Seitenlinie. Denn die Rückennummer 23 gehört Alisha Lehmann.

Lehmann ist der bekannteste Name des Teams. Nicht, weil sie sich sportlich von allen abhebt, sondern weil sie ein internationaler Star ist. Mit mehr als 16 Millionen Followern auf Instagram und 12 Millionen auf TikTok ist sie auf gleich zwei Bühnen präsent: der sportlichen und der digitalen.

Deshalb scheiden sich bei ihr auch die Geister. Alisha Lehmann polarisiert, eben weil sie mehr ist als nur eine Fußballerin. Kritiker stören sich an ihrem zweiten Standbein, behaupten, der Fußball sei ihr weniger wichtig als Social Media. Sie selbst weist die Kritik von sich, will allein an ihrer sportlichen Leistung gemessen werden. Doch das fällt vielen angesichts ihrer Internetpräsenz gar nicht leicht.

Hat sie sich so selbst Steine in den Weg gelegt?

"Das hat sie berühmt gemacht"

Sieben Jahre sind vergangen, seit Lehmanns Internetkarriere gestartet ist. Sie lud damals ein Video mit ihrer damaligen Partnerin und Profispielerin Ramona Bachmann hoch. Sie spielten Fußball im Bikini. Der Schweizer Sportjournalist Nils Hänggi ("20 Minuten") erinnert sich: "Das Video ging viral – und hat sie (Lehmann, Anm. d. Red.) berühmt gemacht." Inzwischen ist der Beitrag gelöscht.

2020 knackte Lehmann die Eine-Millionen-Marke auf Instagram. Seither wächst die Anzahl an Followern stetig weiter. Lehmann teilt auf ihrem Profil Fotos von ihren Fußballspielen, präsentiert ihre Outfits und wirbt für Bikinis und Getränke. Ihre digitale Reichweite nutzt sie aber nicht nur zur Selbstinszenierung, sondern auch als Plattform, um für mehr Sichtbarkeit im Frauenfußball zu werben. Nils Hänggi erklärt: "Sie sieht sich nur als Fußballerin." Sie ist Botschafterin und Stimme einer neuen Generation. Doch nicht allen gefällt das. Gerade in ihrer Heimat.

Video | Fußballstar Alisha Lehmann: So sah sie früher aus
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Quelle: t-online

Gemeckert wird vor allem über ihr Aussehen, sie gilt als "künstlich" und "zu viel". Hänggi ordnet ein: "Die Hater kritisieren ihre Schminke, ihre langen Fingernägel und dass sie in den sozialen Netzwerken so viele Follower hat", erklärt er. "Sie sehen Lehmann nicht als Fußballerin."

Sie selbst ist das gewohnt. Im Podcast ihres Klubs Juventus Turin sagte sie vor wenigen Wochen: "Die Leute kritisieren mich ständig. Aber das interessiert mich nicht. Wenn meine Mutter mir sagt, dass etwas nicht gut ist, nehme ich das ernst. Aber was alle anderen denken? Verstehe ich oft nicht." Stören lässt sie sich davon nicht. "Manchmal genieße ich es, wenn sie (ihre Kritiker, Anm. d. Red.) wütend sind. Dann trage ich mehr Lippenstift auf, weil sie gesagt haben, dass es ihnen nicht gefällt. Jetzt ist es ihre Schuld. Je mehr ihr sagt, desto mehr Lippenstift." Eine selbstbewusste Einstellung, die den Ärger um sie aber auch nicht unbedingt beruhigt. Dem ist sich Lehmann bewusst.

Spiele

Kenner beschreiben die 26-Jährige auch ganz anders, als es das öffentliche Bild zeigt. Lehmann sei eine bodenständige Person, keine Diva, habe etwas Normales an sich. Ihre Leidenschaft für den Fußball sei groß.

Bei Juventus Turin wurde diese Leidenschaft zuletzt aber gebremst. Lehmann spielte in der vergangenen Saison meist nur eine Nebenrolle, weshalb vor der EM eine Debatte darüber entbrannte, ob sie überhaupt in den finalen Kader aufgenommen werden solle. Schon bei den letzten Länderspielen vor dem Heimturnier war sie nicht berücksichtigt worden. Dennoch entschied sich Nationaltrainerin Pia Sundhage für die 26-Jährige. Sofort meldeten sich wieder einige Kritiker. Lehmanns sportliche Form wurde infrage gestellt, ihre Berufung als "marketinggetriebene Entscheidung" abgetan.

Dabei wurde übersehen: Lehmann hatte in der Vorbereitung hart gearbeitet und präsentierte sich teamorientiert. Kapitänin Lia Wälti verteidigte sie öffentlich. "Wenn wir zusammen sind, macht sie genau dasselbe wie wir und nichts für Social Media. Von dem her ist weder das Team abgelenkt noch beeinflusst es jemanden", sagte sie im Schweizer Radio und Fernsehen (SRF).

Und doch sammelten sich unter Lehmanns Beiträgen hasserfüllte Kommentare, die sie auf ihre Social-Media-Präsenz reduzierten. Besonders daran: "Alle Hasskommentare gegen mich sind auf Schweizerdeutsch", sagte Lehmann der Schweizer Boulevardzeitung "Blick", "das trifft mich sehr".

Wahrnehmung schiebt sich

Der Verband ist nach außen um ein anderes Bild vom Schweizer Team bemüht. Auf den offiziellen Werbetafeln und Plakaten in Bahnhöfen taucht Lehmann nicht auf. Stattdessen prangen dort Gesichter wie das von Mitspielerin Lia Wälti. Das Credo: Die Schweizer Frauen-Nationalmannschaft ist mehr als nur Lehmann.

Und so hat sich im Verlauf des Turniers die Wahrnehmung in der Schweiz leicht verschoben: Der Fokus liegt nun stärker auf dem Team, medial spielt Lehmann aktuell eine Nebenrolle. Der Traum vom Sieg im Viertelfinale gegen Top-Favorit Spanien (am Freitag ab 21 Uhr im Liveticker bei t-online) lebt – und mit ihm auch die Hoffnung auf weitere sportliche Schlagzeilen, die über die Person Alisha Lehmann hinausgehen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Eigene Beobachtungen vor Ort

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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