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Interview mit Babbel und Vrabec: "Der Job beim FC Luzern ist kein Rückschritt"


"Der Job beim FC Luzern ist kein Rückschritt"

Aktualisiert am 07.05.2015Lesedauer: 6 Min.
Markus Babbel und Roland Vrabec sitzen seit Januar gemeinsam auf der Trainerbank des FC Luzern.Vergrößern des BildesMarkus Babbel und Roland Vrabec sitzen seit Januar gemeinsam auf der Trainerbank des FC Luzern. (Quelle: Geisser/imago-images-bilder)
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Der FC Luzern ist in der Schweiz derzeit so etwas wie die Mannschaft der Stunde. Nach der Hinrunde stand der Klub auf dem letzten Platz, nach einem Prestigeerfolg beim übermächtigen Meister FC Basel und fulminanten 6:2-Siegen gegen St. Gallen und Aarau schielt Luzern jetzt sogar auf einen Qualifikationsplatz zur Europa League. Einen großen Anteil am Aufschwung haben Cheftrainer Markus Babbel und sein Assistent Roland Vrabec.

Im Interview mit t-online.de sprechen die ehemaligen Bundesliga-Trainer über die Entwicklung des FC Luzern, die eigenen Pläne und die Probleme ihrer Ex-Vereine.

Herr Babbel, Herr Vrabec, Ihre Ex-Klubs stecken teilweise tief in der Krise. Was sind die Gründe?

Vrabec: Beim FC St. Pauli war sicherlich die relativ erfolgreiche Vorsaison ein Grund. Dass wir da bis zuletzt oben dabei waren, hat im Umfeld eine zu große Erwartungshaltung aufkommen lassen. Alle haben vom Aufstieg gesprochen, dem Druck konnte die Mannschaft einfach nicht standhalten. Nach meinem Rauswurf wurde es nicht besser. Ewald Lienen hat die Mannschaft jetzt zumindest stabilisiert. Eine fußballerische Weiterentwicklung sehe ich aber nicht.

Was wäre für St. Pauli eigentlich drin?

Vrabec: Vom Potenzial der Einzelspieler müsste St. Pauli auf jeden Fall im sicheren Mittelfeld stehen.

Herr Babbel, wie sehen Sie Ihre ehemaligen Vereine?

Babbel: Ich sorge mich vor allem um den VfB Stuttgart und den HSV. In beiden Vereinen hat sich das in den vergangenen Jahren ja immer mehr in die Richtung Abstiegskampf entwickelt. Da wurden Personalentscheidungen getroffen, die die Klubs nicht gerade stabilisiert haben. Es fehlt einfach an Kontinuität. In beiden Vereinen herrscht eine enorme Erwartungshaltung. Beide Klubs sehen sich vom Selbstverständnis eigentlich immer noch in der Champions League. Die Unruhe im Umfeld ist auch wegen der Erwartungshaltung enorm.

Die Trainer und Manager müssen das dann ausbaden.

Babbel: Wie in Stuttgart mit Huub Stevens umgegangen wird, das ist schon unterste Schublade. Der Mann ist ein Vollprofi, er hat über Jahrzehnte hervorragende Arbeit geleistet und muss sich ständig mit Spekulationen um seine Entlassung rumschlagen. Was er aushalten muss, ist schon extrem. Das ist wirklich ganz schlechter Stil. Stevens ist es zu wünschen, dass er mit dem VfB die Klasse hält.

Beim HSV geht es noch turbulenter zu.

Babbel: Da war der Umgang mit Manager Oliver Kreuzer mindestens genauso unverschämt. Wie sich HSV-Mäzen Klaus-Michael Kühne verhalten hat, da stehen bei mir alle Haare zu Berge. Und du kannst fast nichts dagegen machen, weil sich der Verein in eine Abhängigkeit begeben hat. Die vermeintlichen Gönner stellen sich dann auch noch hin und sagen: 'Uns liegt der Verein ja so am Herzen.' Dadurch, dass beim HSV und auch beim VfB so viele Leute mitreden wollen, entsteht für die Mannschaft und den Trainer ein immenser Schaden. Leidtragende sind letztendlich auch die Fans.

Wie kann man diese Indiskretion vermeiden?

Babbel: Die Klubführung muss eine einheitliche Linie haben und diese einhalten. Die Vereine, die an einem Strang ziehen, sind erfolgreich. Mainz, Augsburg, Dortmund, Mönchengladbach oder Köln sind Paradebeispiele, wie es gut laufen kann. Da gibt es keine Indiskretionen, da plaudert nicht jeder, der irgendein Amt hat oder sich finanziell engagiert ständig mit den Medien über seine Ansichten zum sportlichen Geschehen.

Herr Vrabec, beim FC St. Pauli war der Umgang mit der Boulevardpresse für Sie auch nicht immer ganz leicht.

Vrabec: Das stimmt. Es gibt einfach Verhaltensweisen, die sind für die Medien ein gefundenes Fressen. Wenn man übertriebene Zielesetzungen ausgibt und den zweiten Schritt vor dem ersten machen will, dann nimmt der Druck in der Öffentlichkeit zu. Wenn dann die Ergebnisse nicht stimmen, wird es richtig kompliziert. Dann gibt es in einer Medienstadt wie Hamburg und einem Klub wie dem FC St. Pauli richtig Feuer.

Im Vergleich dürfte die Medienlandschaft in Luzern paradiesisch ruhig sein.

Babbel: Da täuschen Sie sich mal nicht. Auch hier wird ganz schön scharf geschossen.

Sie meinen die Tattoo-Geschichte. Sie sollen einem Tattoo-Besitzer bei der Preisverhandlung gesagt haben, dass Sie noch nie für die Tätowierung eines Klub-Tattoos bezahlt haben.

Babbel: Die Nummer läuft jetzt über einen Anwalt. Diese Geschichte ist dermaßen an den Haaren herbeigezogen, das ist eine absolute Lügengeschichte. Dagegen muss ich mich wehren, sonst heißt es am Ende noch, der Babbel ist zu geizig, ein Tattoo zu bezahlen. Oder er meint, weil er mal beim FC Bayern gespielt hat, bekommt er alles umsonst. Ich will nicht dastehen wie ein Vollidiot.

Sportlich läuft es aber richtig gut. Der FC Luzern sorgt in der Schweiz derzeit für Furore. Wie erklären Sie sich den Erfolg?

Babbel: Das ist ganz einfach. Wir haben einfach intensiv und hart gearbeitet. Die Spieler sehen jetzt, dass die Dinge, die wir trainiert haben, wirklich anschlagen. Das gibt Selbstvertrauen, so dass auch in einem schlechten Spiel wie gegen St. Gallen ein richtig gutes Ergebnis rauskommen kann.

Experten sagen, durch das neue Trainerteam würde der FC Luzern sein Potenzial erst richtig abrufen. Haben sie Recht?

Vrabec: Es ist jetzt wirklich zu erkennen, was in dieser Mannschaft steckt. Ohne überheblich klingen zu wollen: mit dieser Truppe geht noch viel mehr. Da ist bei allen Spielern noch Luft nach oben. Da wollen wir dran bleiben und alle Spieler weiter fordern und ihnen keine Ruhe lassen.

Sogar die Europa League ist jetzt zum Greifen nah. Haben Sie die Saisonziele schon korrigiert?

Babbel: Nein, wir dürfen jetzt nicht überdrehen. Wir schauen von Spiel zu Spiel, versuchen uns weiter zu verbessern, das Maximale aus der Mannschaft rausholen und dann schauen wir am Ende, wo wir stehen. Erst einmal ist wichtig, dass wir den Klassenerhalt geschafft haben. Langfristig gesehen schielen wir aber schon auf die Europa League.

Das heißt also, das Duo Babbel/Vrabec wird auch in der kommenden Saison in Luzern zusammen auf der Kommandobrücke stehen?

Vrabec: Die Ergebnisse in der Rückrunde tragen natürlich dazu bei, dass unsere Arbeit gewürdigt wird. Mir gefällt es hier. Hier haben wir ein gutes Umfeld, eine gute Atmosphäre und ich kann meine Vorstellungen von Fußball umsetzen. Ich bin in guten Gesprächen und zuversichtlich noch ein Jahr dran zu hängen.

Babbel: Mir geht es genauso, es gefällt mir wirklich gut. Ich sehe hier das Potenzial, noch mehr rauszuholen. Mir macht es richtig viel Spaß. Deshalb bin ich guter Dinge, dass auch ich bald meinen Vertrag verlängere.

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Die Schweizer Liga wird in Deutschland ja eher als zweitklassig wahrgenommen. Ist das für die eigene Karriere nicht ein Rückschritt?

Vrabec: Nein, überhaupt nicht. Ich war sogar überrascht über das Niveau hier. Rein fußballerisch sind wir auf jeden Fall auf gehobenem Zweitliga-Niveau. Hinzu kommt, dass in der Schweiz die Bereitschaft, attraktiven Fußball zu spielen, viel größer ist, als bei manchem Zweitligisten in Deutschland. Das kommt mir und meiner Spielidee entgegen. Ich will attraktiven Fußball spielen lassen.

Babbel: Ich sehe das genauso. Auch ich wäre nicht hier, wenn ich den FC Luzern als Rückschritt sehen würde. Das ist ein Verein, der sehr professionell arbeitet und etwas Besonderes ausstrahlt. Der FCL ist in der Schweiz keine graue Maus. Und, um noch einmal auf die Europa League zurückzukommen, in der Schweiz ist der Weg in den europäischen Wettbewerb nicht so steinig wie in der Bundesliga.

Wenn ein Bundesligist oder Zweitligist anfragt, würden Sie dann schwach?

Vrabec: Wenn ein Klub aus der 2. Liga anfragt, heißt das nicht automatisch, dass ich da sofort zusage. Natürlich habe ich eine Affinität zu Deutschland. Aber die Möglichkeiten, die wir hier haben, sind schon sehr gut. Auch mit Blick auf das Erlebnis, mal europäisch spielen zu können, spricht vieles für den FC Luzern.

Babbel: Wenn ich mich für etwas entscheide, dann stehe ich dazu. Bei mir steht und fällt alles mit der 100-prozentigen Überzeugung. Die habe ich hier. Wie gesagt: Ich habe Spaß, arbeite mit einem tollen Team und fühle mich privat sehr wohl. Ich kann mir gut vorstellen, langfristig meinen Fußabdruck in Luzern zu hinterlassen. Mal zehn Jahre für einen Klub zu arbeiten, das würde mich schon reizen.

Kann das Trainerteam Babbel/Vrabec auch als Dauerlösung funktionieren?

Vrabec: Wir haben eine sehr ähnliche Vorstellung, wie eine Mannschaft spielen soll. Das ist sehr wichtig. Die Zusammenarbeit funktioniert richtig gut. Ich mache aber keinen Hehl daraus, dass ich mich mittelfristig schon wieder als Cheftrainer einer Mannschaft sehe.

Babbel: Ich hatte hier in Luzern das Glück, dass ich mir nach der Vorrunde meinen Co-Trainer aussuchen konnte. Roland kenne ich vom Fußballlehrerlehrgang, ich wusste, wie er tickt, wie er über Fußball denkt. Wir ergänzen uns sehr gut. Ich kann aber auch gut verstehen, wenn er wieder alleine für eine Mannschaft verantwortlich sein will. Warten wir einfach mal ab, wie es weitergeht.

Das Interview führte Jörg Runde

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