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U21 vor EM-Aus: Deutschland droht die nächste Fußballkatastrophe


U21 vor EM-Aus
Fußball-Deutschland droht die nächste Katastrophe

Von Julian Buhl

Aktualisiert am 26.06.2023Lesedauer: 4 Min.
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Antonio Di Salvo (r.) und Hermann Gerland: Der Chefcoach und sein Assistenztrainer warten mit der deutschen U21-Auswahl noch auf den ersten Sieg bei der EM.Vergrößern des Bildes
Hermann Gerland (l.) und Antonio Di Salvo: Der Chefcoach Di Salvo und sein Assistenztrainer warten mit der deutschen U21-Auswahl noch auf den ersten Sieg bei der EM. (Quelle: Sebastian Kahnert)

Die deutsche U21-Auswahl steht bei der EM vor dem Vorrundenaus. Nur noch ein Fußballwunder kann das Debakel abwenden. Erinnerungen zur A-Nationalelf werden wach.

Laut hupend bahnte sich der deutsche Mannschaftsbus samt Polizei-Eskorte am Montagmorgen den Weg durch den dichten georgischen Verkehr. 20 Minuten verspätet begann das Training – mit einem angeschlagenen Youssoufa Moukoko, der immerhin schon wieder grinsend aufs Tor schoss. Der Angreifer von Borussia Dortmund, dem muskuläre Probleme zu schaffen machen, nährt damit zumindest die Hoffnung, im entscheidenden dritten Gruppenspiel wieder mitwirken zu können.

Aber die Ernüchterung in der so euphorisch zur Europameisterschaft angetretenen U21 ist dennoch riesig: Nur ein kleines Fußballwunder kann jetzt noch helfen, um sich aus fast aussichtsloser Lage irgendwie doch noch ins Viertelfinale durchzuwurschteln. Ansonsten droht dem deutschen Fußball nach dem zweiten Vorrundenaus der A-Nationalelf in Folge zuletzt bei der Winter-WM in Katar die nächste sportliche Katastrophe.

"Ich glaube fest daran, mit Überzeugung. Jedes Spiel beginnt von vorne, im Fußball ist alles möglich", sagte Trainer Antonio Di Salvo nach dem bitteren 1:2 am Sonntagabend im zweiten Gruppenspiel gegen Tschechien. Die Durchhalteparolen reihten sich aneinander. Durch die Niederlage sind das Minimalziel Halbfinale und die damit verbundene Olympia-Qualifikation in weite Ferne gerückt.

Ein Sieg ist nicht mehr genug für die U21

Ein Sieg gegen Turnierfavorit England am Mittwoch (18.00 Uhr im Liveticker bei t-online) ist jetzt nämlich schon Pflicht – doch das allein reicht nicht mehr für den Einzug in die K.-o.-Runde. "Wir müssen gewinnen und Israel muss gewinnen. Das ist die einfache Formel", sagte Angelo Stiller, der gegen die Tschechen den zwischenzeitlichen Ausgleich besorgt hatte. Doch selbst das könnte zu wenig sein, auch die Tordifferenz spielt eine Rolle. (Wie genau die deutsche U21 doch noch ins EM-Viertelfinale kommen kann, lesen Sie hier.)

Immerhin ist England mit sechs Punkten als Gruppensieger schon durch. "Das ist kein Nachteil, aber auch kein Vorteil", sagte Stiller mit Blick auf eine mögliche Rotation beim Gegner: "Jeder von denen hat Qualität, egal, wer auf dem Platz steht."

Genau diese Qualität fehlt offenbar dem deutschen Team, das gegen die beiden nominell schwächsten Teams des Turniers nicht gewinnen konnte. "Ich bin ratlos. An der Effizienz können wir wenig ändern. Es liegt dann am Spieler, ob er den Ball zu 100 Prozent über die Linie bringen will", sagte Stiller: "Da muss jeder Einzelne über sich nachdenken."

Ratlos wirkte auch Di Salvo: "Wir haben nicht unsere besten Leistungen gezeigt – konstant über 90 Minuten und in beiden Spielen. Das ist schon eine schwere Situation für uns." Gegen die Tschechen habe seine Mannschaft vor allem "kein Tempo und keine Dynamik" erzeugen können.

Ernüchternde Analyse erinnert an A-Nationalelf

Diese ernüchternden Erkenntnisse erinnern frappierend an die Analysen der Krise, in der sich auch die deutsche A-Nationalelf nach ihren zuletzt inspirationslosen, sieglosen und alles andere als begeisternden Testspielauftritten momentan befindet.

Das sieht offenbar auch DFB-Direktor Rudi Völler so. "Die letzten paar Prozent Konsequenz und Entschlossenheit fehlen, den Ball über die Linie zu schieben – und auch hinten. Es ist ein bisschen ein Spiegelbild zur A-Mannschaft, da haben wir auch schon diese Fehler begangen", sagte Völler am Montag vor Ort in Georgien.

Nach dem 3:3 gegen die Ukraine, dem 0:1 gegen Polen und dem 0:2 gegen Kolumbien der ersten Mannschaft ist die Stimmung in Fußballdeutschland ein Jahr vor der Heim-EM an einem Tiefpunkt angekommen.

Bundestrainer Hansi Flick steht massiv und zunehmend in der Kritik, viele Fans und Experten fordern bereits seine Entlassung. Bei den Freundschaftspartien im September gegen Japan und Frankreich steht nun viel für Flick auf dem Spiel. Es werden vor allem für ihn persönlich mehr als nur zwei Stimmungsendspiele.

U21 sollte für Stimmungsumschwung sorgen

In Sachen Stimmungsumschwung, den der Deutsche Fußball-Bund mit Blick auf die Heim-EM dringend benötigt, hatten die Verantwortlichen des DFB auch auf die U21 gesetzt. In der jüngeren Vergangenheit klappte das schließlich häufig bestens. Stefan Kuntz hatte die deutsche U21-Auswahl als Chefcoach 2017 und 2021 jeweils zum EM-Titel geführt sowie auch 2019 bis ins Finale. Sein Nachfolger Di Salvo wartet dagegen noch auf seinen ersten Sieg bei der EM überhaupt.

"Eine U21-EM hat eine absolute Strahlkraft", bejahte Nationalspieler Robin Gosens die Frage danach, ob die U21 dabei helfen könne, Euphorie zu entfachen, zuletzt explizit. "Und ich bin mir ganz sicher, dass die Jungs ein Riesenturnier spielen werden und dass das dann auch abfärbt auf uns und motivierend ist." Völler hatte vorm Turnier – angesprochen auf dieses Thema – noch gesagt: "Auch wenn es noch zwei, drei Verletzte gab – der Kader ist gut genug, dass wir eine ordentliche und gute Rolle spielen können. Ob es dann am Ende für den Titel reicht, ist natürlich schwer zu sagen."

Es droht der nächste Stimmungsdämpfer

So wie es im Moment aussieht, wird es dazu mit großer Wahrscheinlichkeit nicht reichen. Im Gegenteil. Das drohende und sehr wahrscheinliche Vorrundenaus der U21 wäre der nächste Stimmungsdämpfer, den der DFB verkraften muss. Denn damit würde gleichzeitig der Traum von Olympia 2024 in Paris endgültig platzen.

"Wir sind hier alle enttäuscht, das ist ja klar, wenn man relativ überlegen ist und mehr Torchancen hat", sagte Völler. "Jetzt ist die Konstellation schwierig, man hat es nicht mehr in eigener Hand. Trotzdem ist noch ein Tick Hoffnung da. Wir müssen versuchen, die Engländer zu schlagen – und dann ein bisschen hoffen."

Es liege nicht an der Einstellung, versicherte der Weltmeister von 1990. Es sei gewesen "wie auch bei den letzten Spielen der A-Mannschaft: Nicht, dass die Spieler nicht wollen. Die haben sich ja verausgabt. Aber das sind die paar Prozent, die den Unterschied ausmachen."

Momentan sieht es ganz danach aus, als müsste der deutsche Fußball seine Träume und Ziele zurückschrauben und an die Realität anpassen. Denn Anspruch und Wirklichkeit liegen beim DFB derzeit ziemlich weit auseinander – und zwar auf fast allen Ebenen.

Zumindest ein großer Hoffnungsschimmer ist aber noch in Sicht: die deutsche Frauennationalmannschaft. Die bereitet sich momentan auf die Weltmeisterschaft vor, die vom 20. Juli bis zum 20. August in Australien und Neuseeland ausgetragen wird. Den DFB-Frauen ist dabei durchaus zuzutrauen, es deutlich besser zu machen als die Männermannschaft und mit einem Erfolgserlebnis von der WM zurückzukehren. Der deutsche Fußball könnte ein solches jedenfalls dringend gebrauchen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • DFB-Pressekonferenz mit Rudi Völler und Robin Gosens
  • Mit Material der Nachrichtenagentur SID
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