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Heimdebüt: Julian Nagelsmann mit Plan vorerst gescheitert | DFB


Nagelsmanns Heimpremiere
Vorerst gescheitert


Aktualisiert am 19.11.2023Lesedauer: 4 Min.
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Bundestrainer Julian Nagelsmann: Er verlor seine erste Partie mit der Nationalmannschaft.Vergrößern des Bildes
Bundestrainer Julian Nagelsmann: Er verlor seine erste Partie mit der Nationalmannschaft. (Quelle: IMAGO/Frank Hoermann / SVEN SIMON)

Bei seinem Heimdebüt setzte es für den Bundestrainer die erste Pleite. Ein besonderes Wort fiel im Nachgang immer wieder. Und auch die Defensive war mal wieder Thema.

Aus Berlin berichtet Noah Platschko

Julian Nagelsmann stand nach Abpfiff noch minutenlang vor seiner Trainerbank und diskutierte mit seinem Trainerteam. Kurz zuvor hatte er sein erstes Spiel als Bundestrainer verloren. Die Heimpremiere in Berlin, nach einem Sieg und einem Remis auf der USA-Reise, sie ging mit 2:3 (1:2) verloren.

Während im von türkischen Fans dominierten Berliner Olympiastadion bei Schlusspfiff kollektiver Jubel ausbrach, muss Nagelsmann nun vor dem letzten Länderspiel des Jahres am Dienstag in Wien gegen Österreich eine Niederlage aufarbeiten.

Das Ziel der Novembermaßnahme war es, den Fokus auf die defensive Stabilität zu legen. Dieses Unterfangen ist, zumindest vorerst, gescheitert. Nach einem Gegentreffer gegen die USA sowie zweien gegen Mexiko musste der DFB-Keeper, an diesem kalten Novemberabend der für Marc André ter Stegen ins Tor gerückte Kevin Trapp, sogar dreimal hinter sich greifen. Stabil geht anders.

Nagelsmann und das Thema mit der Emotion

Der noch junge Bundestrainer bemühte sich nach Abpfiff um eine Erklärung für die Pleite, begründete diese aber nur zum Teil mit Fehlern im taktischen Verhalten. Viel mehr störte Nagelsmann eine andere Komponente: eine fehlende Emotionalität, insbesondere in den letzten zwanzig Minuten vor der Pause. Jener Phase, in der dem deutschen Team die Partie entglitt und die Türkei das Spiel drehen konnte.

"Am Anfang haben wir unsere Chancen nicht mit der letzten Konsequenz ausgespielt. Ab der 25. Minute hatten dann einzelne Spieler nicht den hundertprozentigen Willen im Eins-gegen-eins. Das ist dann eine Grundvoraussetzung", analysierte der 36-Jährige die Leistung seiner Mannschaft im ersten Durchgang. In der zweiten Halbzeit habe das "Emotionsniveau" dann gestimmt.

Spiele

Trotzdem war es der deutschen Mannschaft nicht gelungen, das Spiel auf seine Seite zu ziehen. Im Gegenteil: Statt nach dem von Leverkusens Florian Wirtz herausragend eingeleiteten 2:2 durch Füllkrug weiter auf die Führung zu drängen, entwickelte sich ein zerfahrenes Spiel, in dem die Türkei dank eines glücklichen, aber nach aktueller Regelauslegung wohl vertretbaren Elfmeters wieder in Front ging.

Nagelsmann ist ein Meister der taktischen Analyse. Der neue Bundestrainer, er denkt weniger in starren Systemen, sondern sieht sein Team als ein fluides Gebilde, in dem im Optimalfall alle Zahnräder ineinander greifen. Doch er muss aufpassen, dass er sich in aller inhaltlicher Kritik nicht in seinen eigenen Gedankengängen verrennt.

Dass er das Thema Emotionen bei seinen Spielern nach Abpfiff so präsent in den Vordergrund rückte, lässt zumindest hoffen, dass er weiß, wie vielfältig die Faktoren für ein gelungenes Spiel sind. Doch selbst dann muss die Leistung auf dem Platz stimmen – und die Defensive halten. Abermals war dies dem DFB-Team nicht gelungen.

Das Experiment mit Havertz

"Wir können jetzt anfangen, alles schwarzzumalen. Aber dann kommen wir nicht weiter. Wir brauchen eine letzte Konsequenz und müssen verhindern, dass wir den Spalt aufmachen für den Gegner", zeigte sich Nagelsmann kämpferisch nach seiner ersten Pleite als Cheftrainer der Deutschen. Den Nachweis, dass er die zweifelsfrei individuell herausragend besetzte Mannschaft auf einen erfolgreichen Pfad führen kann und wird, den muss er allerdings erst noch erbringen.

Rein taktisch überraschte Nagelsmann mit Kai Havertz auf der Linksverteidigerposition, die dieser sehr offensiv interpretierte. Gemeinsam mit Leroy Sané bedeckte der Arsenalspieler im 3-4-1-2-System die Flügel. Havertz, durchaus mit Problemen im Klub, bekam von Nagelsmann eine "herausragende" Leistung attestiert. Es scheint, als würde der Bundestrainer ihn auch in Zukunft in dieser Position sehen.

Und auch Sané agierte etwas ungewohnt in der Rolle des Schienenspielers. Eine Beobachtung, die Nagelsmann so nicht teilte. Sané habe auch in den ersten beiden Spielen unter ihm als Schienenspieler agiert. Der Unterschied sei gewesen, dass man als geschlossene Mannschaft tiefer verteidigen und stärker "die Räume hinter der Kette" schließen wollte, erklärte Nagelsmann auf t-online-Nachfrage. Ein Unterfangen, das nur bedingt erfolgreich war. Die Abstände zwischen Benjamin Henrichs als eingerücktem Rechtsverteidiger und Sané waren zu groß.

Hinzu kommt eine Doppelsechs, die personell mit Joshua Kimmich und İlkay Gündoğan zwar herausragend besetzt ist, in der Praxis sich aber als zu offensive Variante offenbart. Es mutet grotesk an, dass Nagelsmann eine defensive Stabilität als Hauptaugenmerk propagiert, auf dem Platz aber eine äußerst risikobehaftete Aufstellung wählt.

Wo sich Nagelsmann klar von Flick unterscheidet

Überwogen nun also bei seinen ersten beiden Partien gegen die USA und Mexiko noch die positiven Dinge, dürfte die Kritik nach dem Auftritt gegen die Türkei größer ausfallen – und der Ton rauer werden. Schon die Partie gegen Österreich wird, zumindest nach außen, enorm wichtig für das aktuelle Stimmungsbild rund um die Nationalmannschaft. Bei einer weiteren Niederlage könnte Nagelsmanns Team Gefahr laufen, in die alten Muster der Verunsicherung aus der Flick-Zeit zu verfallen. Der Ex-Bundestrainer wirkte zum Ende seiner Amtszeit rat- und planlos – und musste gehen.

In einem Punkt unterscheidet sich Nagelsmann zumindest klar von seinem Vorgänger. Hatte Flick noch vehement um die Unterstützung der Fans gekämpft, sieht Nagelsmann die Verantwortung für eine positive Stimmung einzig bei sich und seinem Team. "Ich habe nicht die Erwartungshaltung an die Zuschauer, dass sie eine Euphorie wecken müssen. Wir müssen das durch unsere Spielweise machen." Bis dahin liegt noch eine Menge Arbeit vor ihm.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen im Stadion
  • Aussagen von Julian Nagelsmann auf der Pressekonferenz
  • Aussagen von Julian Nagelsmann bei RTL
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