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WM-Wahnsinn: Fifa wird Weltmeisterschaft 2030 auf drei Kontinente verteilen


WM auf drei Kontinenten
Damit bereitet Infantino einen schmutzigen Coup vor

MeinungVon Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 07.10.2023Lesedauer: 4 Min.
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Gianni Infantino: Der Fifa-Präsident hat die WM 2030 bereits ein Jahr früher als geplant vergeben.Vergrößern des Bildes
Gianni Infantino: Der Fifa-Präsident hat die WM 2030 bereits ein Jahr früher als geplant vergeben. (Quelle: Zac Goodwin/imago images)

Die Fußball-WM 2030 findet in Spanien, Portugal und Marokko statt. Hinzu kommt jeweils ein Spiel in Argentinien, Uruguay und Paraguay. Eine Entscheidung zum Kopfschütteln.

Egal, um welche Weltmeisterschaft es geht, die Meinung von Fifa-Präsident Gianni Infantino steht. "Es ist die beste Weltmeisterschaft, die jemals stattgefunden hat", sagte er 2018 nach Russland. "Wir haben immer gesagt, dass es in Katar die beste WM aller Zeiten geben wird", erklärte er 2022 zum Turnier in Katar. Und vor einem Monat war der Schweizer in den USA für wegweisende Gespräche, "um die Fußball-Weltmeisterschaft 2026 zur besten WM aller Zeiten zu machen."

Immer größer, besser, historischer. Anders geht es für Infantino nicht. In Wahrheit wird es aber nicht immer besser, sondern immer irrsinniger.

Das nächste Kapitel in dieser Reihe ist die WM 2030. Diese findet in Spanien, Portugal und Marokko statt. Ach ja, und außerdem in Argentinien, Uruguay und Paraguay. Zumindest jeweils ein Spiel. Erst danach geht es in den tatsächlichen Gastgeberländern los. Die WM findet also in sechs Ländern auf drei Kontinenten statt.

 
 
 
 
 
 
 

Gianni Infantino kommentierte großspurig: "In einer geteilten Welt vereinen sich Fifa und Fußball. (...) Das erste dieser drei Spiele wird natürlich im Stadion ausgetragen, wo alles begann, im mythischen Estádio Centenário von Montevideo." Der Ort, an dem die erste WM (1930) stattfand, soll 100 Jahre später der Ort für das Eröffnungsspiel werden. Doch Infantinos Schwelgen in Traditionen ist nur vorgeschoben. Dahinter steckt ein Plan, von dem besonders eine Nation profitiert: Saudi-Arabien.

Das Vergabe-Prinzip der Fifa

Weil seit dem Zweiten Weltkrieg jede zweite WM in Europa ausgespielt wurde, beschloss die Fifa vor mehr als 20 Jahren ein Rotationsprinzip. Demnach sollten Weltmeisterschaften auch wirklich weltweit stattfinden – ein nachvollziehbarer Gedanke. Jeder Kontinent sollte reihum an der Reihe sein. 2007 wurde das Verfahren modifiziert.

So sollten von nun an nur die Kontinentalverbände ausgeschlossen werden, die bereits die letzten beiden Weltmeisterschaften ausgetragen hatten. Das heißt: Die WM 2030 dürfte weder in Asien noch in Nord- und Mittelamerika stattfinden, da das Turnier 2022 in Katar (Asien) stattfand und 2026 in den USA, Mexiko und Kanada (Nord- und Mittelamerika) austragen wird.

Saudi-Arabien hatte trotzdem Interesse an dem Turnier, dachte an eine gemeinsame Bewerbung mit Griechenland und Ägypten. Womöglich, um eben jene Regel zu umgehen, denn Afrika (Ägypten) und Europa (Griechenland) wären erlaubt. Doch die Bewerbung kam nicht zustande. Laut der spanischen Zeitung "Marca" sah Saudi-Arabien keine Chancen gegen Spanien, Marokko und Portugal (mehr dazu hier). Der einzige Mitbewerber war damit das südamerikanische Quartett aus Argentinien, Paraguay, Uruguay und Chile.

Weil aber hinter Spanien, Marokko und Portugal zwei Kontinente standen (Europa und Afrika), galt die südamerikanische Bewerbung als Außenseiter.

Nicht selten bewerben sich unterlegene Bewerber für das Folgeturnier. Südafrika scheiterte beispielsweise für die WM 2006 an Deutschland, bekam 2010 dann den Zuschlag. Die USA gingen 2022 leer aus, für 2026 klappte es. Das südamerikanische Quartett hätte sich also auch um 2034 bewerben können. Angesichts des Umstands, dass die letzte WM auf südamerikanischem Boden 2014 in Brasilien stattfand, hätte es gute Argumente auf seiner Seite gehabt.

Doch mit der XXL-WM in sechs Ländern auf drei Kontinenten macht die Fifa den Weg für Saudi-Arabien frei. Denn Afrika, Europa, Südamerika und Nord- und Mittelamerika sind aufgrund der Vergabe-Regelung damit raus für eine Bewerbung. Lediglich Asien und die Ozeanien bleiben in der Verlosung. Die einzigen Gegner für Saudi-Arabien könnte damit beispielsweise aus Australien und Neuseeland kommen.

So kam es wenig überraschend, dass Saudi-Arabien nur eine Stunde nach der Bekanntgabe der Pläne für die WM 2030 seine Bewerbung für 2034 bekanntgab. Man wolle ein Weltklasse-Turnier veranstalten und sich "vom anhaltenden sozialen und wirtschaftlichen Wandel Saudi-Arabiens und der tief verwurzelten Leidenschaft des Landes für Fußball inspirieren lassen", hieß es in einer Mitteilung.

Ein Schelm, wer dabei Böses denkt.

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Wer denkt an die Spieler?

Die Folgen der Vergabe sind nicht das Einzige, was zu kritisieren ist. Auch wenn die drei Spiele in Uruguay, Paraguay und Argentinien rein stimmungstechnisch wohl tatsächlich Fußballfeste werden, sind sie für die teilnehmenden Spieler ein schmaler Grat.

Denn sie müssen danach mal eben über den Atlantischen Ozean fliegen, um dort ihre restlichen WM-Partien zu spielen. Die Akteure müssen mit dem Zeitunterschied und damit verbundenen Jetlag klarkommen, während sich alle anderen Länder bereits in Spanien, Marokko oder Portugal aufhalten können. Bei den vielen Spielen in wenigen Wochen kann dieser Nachteil in Sachen Regeneration ein entscheidender Faktor sein.

Dazu ist im Monat Juni, in dem die WM traditionell startet, in den südamerikanischen Ländern Winter, in den europäischen und afrikanischen jedoch Sommer. Die klimatischen Bedingungen sind gänzlich andere. Zum Vergleich: Am 17. Juni 2023 waren es in Montevideo, Uruguays Hauptstadt, 11 Grad Celsius, in der spanischen Hauptstadt Madrid dagegen 34 Grad.

Sich auf einen Unterschied von mehr als 20 Grad einzustellen, fällt nicht nur Urlaubern schwer. Es ist eine weitere Hürde für die Spieler auf dem Platz. Doch an die und ihre Belastung hat bei der Entscheidung offenbar niemand gedacht. An die Klimakrise sowieso nicht, aber damit fangen wir gar nicht erst an.

Auf all das müsste die Fifa eine Antwort finden. Ob sie das macht, bleibt abzuwarten. Fest steht nur eins: Die WM 2030 wird natürlich die beste der Geschichte – zumindest bis 2034.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • fifa.com: "FIFA Council takes key decisions on FIFA World Cup™ editions in 2030 and 2034" (engl.)
  • Nachrichtenagentur dpa
  • fifa.com: "FIFA Council appoints United States as host of new and expanded FIFA Club World Cup" (engl.)
  • dfb.de: "ROTATION DER WM-TURNIERE WIRD ABGESCHAFFT"
  • timeanddate.com
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