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Handball-WM 2021: Warum es für das DHB-Team kein normales Turnier ist


Fehlende Stars und leere Hallen
Warum die Handball-WM 2021 kein normales Turnier ist

  • Dominik Sliskovic
Von Dominik Sliskovic

12.01.2021Lesedauer: 4 Min.
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Uwe Gensheimer: Der Mannheimer führt das DHB-Team auch in Ägypten als Kapitän auf die Platte.Vergrößern des Bildes
Uwe Gensheimer: Der Mannheimer führt das DHB-Team auch in Ägypten als Kapitän auf die Platte. (Quelle: Andreas Gora/imago-images-bilder)

Am 13. Januar startet die WM-Endrunde in Ägypten. Doch Vorfreude oder gar Euphorie kommt in Deutschland nicht auf. Denn das Turnier steht für das DHB-Team bereits unter einem schlechten Stern.

Als die deutsche Handball-Nationalmannschaft im Januar 2020 zur EM-Hauptrunde nach Österreich reiste, war das Ziel klar und selbstbewusst formuliert: Das Halbfinale sollte erreicht werden – mindestens. Doch es kam anders, das DHB-Team konnte sich gegen die späteren Finalisten Spanien und Kroatien nicht durchsetzen und musste sich mit dem undankbaren fünften Platz begnügen.

Ein Jahr später, vor der am Mittwoch beginnenden Weltmeisterschaft in Ägypten (alle Spiele im Liveticker bei t-online), sind die Ansprüche nicht mehr so vollmundig. Obwohl der deutsche Handball mit dem THW Kiel den amtierenden Champions-League-Sieger stellt und mit Alfred Gislason der personifizierte Erfolg als neuer Bundestrainer verpflichtet wurde, werden in den Reihen des DHB kleinere Brötchen gebacken. Die Definition eines Ziels, wie vergangenes Jahr der Sprung unter die besten Vier, wurde lange Zeit tunlichst vermieden. Erst am Tag vor der Abreise nach Ägypten trauten sich DHB-Sportvorstand Axel Kromer und DHB-Vizepräsident Bob Hanning ein Stück weit in die Offensive und riefen geschlossen das Viertelfinale als Ziel aus.

Doch woran liegt das?

Die gesunkenen Ambitionen in der deutschen Handball-Nationalmannschaft sind das Ergebnis folgenschwerer Entscheidungen und wochenlanger Querelen und Diskussionen um die WM am Nil.

Mit Patrick Wiencek, Hendrik Pekeler und Steffen Weinhold haben die drei wichtigsten Verteidiger von Top-Klub THW Kiel freiwillig auf eine Turnierteilnahme verzichtet. Dabei inszenierten sich die etablierten Stammkräfte als besorgte Familienväter, die die Gefahr einer Corona-Infektion durch einen Auslandsaufenthalt nicht eingehen wollen. Das gefiel insbesondere Torhüter Andreas Wolff überhaupt nicht, der in einem Podcast des Bundesligisten Rhein-Neckar Löwen polterte: "Das finde ich persönlich halt ein bisschen bedenklich, dass nur die deutschen Spieler sich dann so um ihre eigenen Familien sorgen und die ausländischen Spieler anscheinend sagen: 'Ach, komm, ich lass Frau und Kinder einfach zurück, die machen das schon.'" Zudem erinnerte der Keeper daran, dass eben jenes Trio weniger besorgt war, als es darum ging, mit dem THW Kiel im Rahmen der Champions League durch Europa zu reisen.

Der DHB hat einige Mühe, dieses Störfeuer zu löschen. So sagt der Sportvorstand des Verbands Axel Kromer zu t-online einzig: "Wir respektieren die Absagen aus familiären Beweggründen ebenso wie die der angeschlagenen Spieler. Jetzt konzentrieren wir uns aber ausschließlich auf unsere Nationalmannschaft und freuen uns sehr auf die WM in dieser neuen Formation."

Zweifel am Gesundheitskonzept bleiben

Doch auch Kromer kann nicht von der Hand weisen, dass Wiencek, Pekeler und Weinhold durch ihre Entscheidung Deutschland maßgeblich geschwächt haben. Zwar hatten mit Domagoj Duvnjak (Kroatien) und Mikkel Hansen (Dänemark) zwei Ex-Welthandballer öffentlich Überlegungen angestrengt, ebenfalls aufgrund der Pandemie auf die WM zu verzichten, entschieden sich wie auch alle anderen Topspieler dann doch für das Turnier in und um Kairo – und kegelten damit Deutschland endgültig aus dem Kreis der Favoriten.


Zweifel am Sicherheits- und Gesundheitskonzept der WM bleiben jedoch. So nannte der Aufsichtsratschef des Bundesligisten HC Erlangen die Maßnahmen einen "Witz" – auch, weil der Weltverband IHF mit einer Hallenauslastung von bis zu 30 Prozent plante. Erst der Protest von Funktionären und Führungsspieler führte zunächst zu einer Absenkung auf maximal 20 Prozent und schließlich auf die rigorose Abriegelung der Arenen für Zuschauer. DHB-Boss Kromer ist überzeugt davon, dass es auch dieser Austausch mit der IHF sei, der eine sichere WM für alle Beteiligten gewährleistet. "Das Hygienekonzept ist aus unserer Sicht schlüssig", sagt er, bevor er mahnt: "Es setzt aber voraus, dass alle Beteiligten sehr konsequent den Regeln folgen."

So bleibt die WM ein Drahtseilakt zwischen berechtigten Sorgen und dem Wunsch auf Spitzensport in Zeiten der Pandemie. Dessen ist sich auch Kromer bewusst. "Wir sind Leistungssportler und wollen uns daher immer mit den Besten messen", sagt der DHB-Boss, und weist darauf hin, dass die WM in Ägypten nur das erste Highlight im Sportjahr 2021 bleiben soll – schließlich sollen trotz allem im Sommer die Olympischen Spiele in Tokio stattfinden.

Doch Kromer und dem DHB geht es mit der Teilnahme an der WM nicht nur allein um die Profis und eine mögliche Titelsensation: es geht ihnen ums grundsätzliche Überleben des Sports in der Pandemie.

"Ich bin davon überzeugt, dass die Weltmeisterschaft in Ägypten Strahlkraft für den gesamten Handballsport besitzt: Unsere Spiele sind via ARD und ZDF für ein Millionenpublikum sichtbar. Wir möchten den Menschen im Lockdown mit begeisternden Auftritten Freude bereiten und auch über alle Medien Kinder und Jugendliche motivieren, wieder mit dem Handballtraining in den Vereinen zu beginnen, sobald dies möglich ist", erklärt Kromer. Er wünscht sich: "Diese WM soll uns allen Energie geben." Notfalls eben auch ohne drei frischgebackene Champions-League-Sieger.

Verwendete Quellen
  • exklusive schriftliche Stellungnahme von Axel Kromer
  • Eigene Recherche
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