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Joshua Kimmich und Corona: Olympia-Held Stäbler warnt Star des FC Bayern


Corona-Folgen für Sportler
Olympia-Held warnt Kimmich: "Wird ein steiniger Weg zum Comeback"


Aktualisiert am 10.12.2021Lesedauer: 5 Min.
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Joshua Kimmich: Noch ist unklar, in welchem Zustand der Nationalspieler wieder auf den Fußballplatz zurückkehren wird.Vergrößern des Bildes
Joshua Kimmich: Noch ist unklar, in welchem Zustand der Nationalspieler wieder auf den Fußballplatz zurückkehren wird. (Quelle: Revierfoto/imago-images-bilder)

Joshua Kimmich wird trotz überstandener Corona-Infektion mindestens bis Jahresende ausfallen. Aber wird der Bayern-Star danach der Alte sein? Ringer-Star Frank Stäbler hatte selbst Corona – und landete danach im größten Tief seiner Karriere.

Innerhalb eines Monats wurde Joshua Kimmich von "Everybody's Darling" zum meistdiskutierten Sportler Deutschlands. Nachdem der Fußball-Nationalspieler vom FC Bayern München Ende Oktober vor laufenden Kameras erklärte, noch nicht bereit zu sein, sich gegen das Coronavirus impfen zu lassen, entbrach eine bundesweise Diskussion – die zumeist sehr hitzig geführt wurde. Vor gut zwei Wochen infizierte sich Kimmich dann mit Corona. Seitdem fehlt der 26-Jährige seinem Verein.

Am vergangenen Mittwoch wurde dann bekannt, dass Kimmich negativ getestet wurde und seine Corona-Quarantäne endet. Die Hoffnung bei Klub und Fans war groß, dass der Fußballstar schnell wieder auf den Platz zurückkehrt. Doch einen Tag später erklärten die Bayern, dass Kimmich den Rest des Kalenderjahres für den Pflichtspielbetrieb ausfallen werde. Aktuell könne er noch nicht voll trainieren. Grund seien leichte Wassereinlagerungen in der Lunge infolge der Covid-Infektion.

Intensivmediziner Christian Karagiannidis sagte dazu: "Wir kennen bei Corona Fälle, die sich schnell zurückbilden, und wir kennen Fälle, die wirklich lange brauchen, bis sie sich zurückbilden, selbst bei initial leichten Verläufen."

Viele Fans stellen sich deshalb die Frage: Wie schwer ist es für einen Profisportler wie Kimmich, nach einer Corona-Infektion zu alter Leistungsstärke zurückzufinden?


Einer, der dies auf teils dramatische Weise miterlebt hat, ist Frank Stäbler. Und Stäbler ist nicht irgendwer. Er wurde als Erster in der Geschichte des Ringens Weltmeister in drei unterschiedlichen Gewichtsklassen und galt lange als Topfavorit auf den Olympiasieg im vergangenen Sommer in Tokio. Doch im Herbst 2020 infizierte er sich mit dem Coronavirus, und Stäblers lang gehegter Olympiatraum schien zu zerplatzen. Andere hätten in einer solchen Situation wohl die Hände in den Schoß gelegt und resigniert. Doch der Schwabe trotzte allen Widrigkeiten und holte in Japan sensationell Bronze – obwohl die Ärzte die Olympiateilnahme zwischenzeitlich schon fast ausgeschlossen hatten.

Stäbler weiß also, wie es ist, wenn man als Sportstar von Corona aus der Bahn geworfen wird. "Joshua Kimmich hat jetzt etwas, was er noch nie hatte. Und das sehr schwierig einzuschätzen ist, weil medizinische Langzeitstudien fehlen", sagt der 32-Jährige im Gespräch mit t-online. "Ich habe mir damals gesagt: 'Du hast etwas, was Du noch nie hattest, deshalb musst Du etwas tun, was Du noch nie getan hast.'" Diesen Tipp könne er auch Kimmich geben.

Dabei sah es bei Stäbler kurz nach der Infektion gar nicht so dramatisch aus. "Ich hatte keine schweren Symptome, es war eher wie bei einer Erkältung – ein bisschen leichtes Fieber, Schnupfen und Halsschmerzen", so der dreifache Weltmeister. Knapp zwei Wochen später fühlte er sich dann wieder richtig gut. Doch dann kam das böse Erwachen.

Stäbler brauchte Geduld und Disziplin

Beim ersten echten Belastungstest brach Stäbler komplett ein, konnte schon nach kurzer Zeit nicht mehr. An normales Training war wochenlang nicht mehr zu denken. Und Olympia rückte in weite Ferne.


"Ich habe damals 20 Prozent meines Leistungsvermögens verloren", erklärt Stäbler, dem seine Ärzte den Leistungsabfall schwarz auf weiß dokumentierten. Seine Regenerations- und Ausdauerwerte waren im Keller, dazu war das Lungenvolumen deutlich kleiner als zuvor.

Daraus zog Stäbler seine Schlüsse. "Ich habe mich über viele Woche im Training wieder ganz langsam rangetastet – und sofort aufgehört, wenn es nicht mehr ging." Das habe viel Geduld und Disziplin gekostet.

Kimmich rät er deshalb ebenfalls, sich selbst Zeit zu geben: "Joshua bewegt sich in der absoluten Weltspitze. Da will man immer der Beste sein und gucken, wo das Limit liegt. Aber in diesem Fall gilt: Viel hilft nicht viel. Man braucht einfach eine Menge Geduld."

Der aus Musberg südlich von Stuttgart stammende Stäbler hat am eigenen Leib erfahren, wie extrem die Folgen einer Corona-Infektion speziell in Bezug auf professionellen Sport sein können. "Nach fünf oder sechs Wochen habe ich gedacht, dass es wieder so geht wie vorher und mit der alten Intensität gekämpft", so Stäbler. "Das ging erst mal total gut und ich dachte: 'Endlich, I'm back.'" Doch die Erschöpfung sei zeitverzögert gekommen, verdeutlicht Stäbler: "Am nächsten Tag konnte ich kaum mehr aufstehen und dann lag ich wieder drei Tage flach."


Deshalb rät Stäbler gebetsmühlenartig zu Geduld: "Es wird ein steiniger Weg zum Comeback. Ich weiß natürlich nicht, wie stark es ihn getroffen hat, aber zumindest wenn er nur ein bisschen etwas abbekommen hat. Denn wir reden von der Weltspitze." Da gäben wenige Prozentpunkte den Ausschlag.

Stäbler selbst ist aufgrund der immer stärker zutage tretenden Corona-Folgen kreativ geworden. "Ich habe damals angefangen, mir einen Atemtrainer zu suchen, weil ich einfach verzweifelt war. Das hat unheimlich viel bewegt." So habe er "diese unsichtbare Kraft des Atems kennengerlernt und das hat mir im Endeffekt so viel mehr gegeben als 'nur' die alte Leistungsfähigkeit des Atemapparats."

Deshalb rät er Kimmich: "Ich bin neue Wege gegangen. Und diesen Mut, neue Wege zu gehen, wünsche ich ihm auch – vielleicht in die Richtung Atmung oder gar kompletter Trainingsumstellung, um schnell wieder zurückzukommen."

Stäblers kritischer Blick auf Kimmich

Auch wenn Stäbler dem nur rund 100 Kilometer von seiner Heimatgemeinde aufgewachsenen Kimmich wünscht, dass dieser "schnell wieder auf die Beine kommt", sieht er das öffentliche Auftreten des Bayern-Stars in Bezug auf die Pandemie durchaus kritisch.

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"Er hat gesagt, dass er das Risiko nicht eingehen wolle, nach einer Impfung im eng getakteten Spielplan auszufallen und einen anderen Zeitpunkt abwarten wolle. Für mich war das eine sehr, sehr schlechte Ausrede. Weil er eine so große Vorbildfunktion hat und es diesen perfekten Zeitpunkt eh nicht gibt", argumentiert Stäbler.

Vor den Olympischen Spielen im Sommer in Tokio habe sich beispielsweise der komplette deutsche Olympiakader impfen lassen müssen. "Es hieß ganz einfach: Keine Impfung, keine Spiele", so Stäbler. "Da ging es für die meisten um das sportliche Highlight ihres Lebens. Das war tausendmal krasser als jetzt bei Kimmich, der Angst hatte, ein paar Spiele auszufallen."

Kimmich fällt nun nicht nur einige Spiele aus, sondern mindestens mehrere Wochen. Stäbler dazu: "Das ist eigenes Verschulden und mit den Konsequenzen muss er jetzt zurechtkommen."

Stäbler selbst lässt seine Karriere nach der Olympiamedaille langsam ausklingen. Bei internationalen Turnieren geht er seit Sommer nicht mehr an den Start, in der Bundesliga kämpft er allerdings noch für die Red Devils Heilbronn.

Am 18. Juni 2022 wird er seine Karriere dann offiziell mit einem großen Event in Ludwigsburg beenden. "Ich habe mir auf die Fahnen geschrieben, das größte Ringer-Event aller Zeiten auf die Beine zu stellen", kündigt Stäbler an. Mit Folgen seiner Corona-Infektion muss er sich inzwischen nicht mehr beschäftigen.

Verwendete Quellen
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