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Robert Harting exklusiv: Jetzt entscheidet sich Olympia für Deutschland


Nach Medaillenregen
Jetzt entscheidet sich Olympia für Deutschland

MeinungEine Kolumne von Robert Harting

Aktualisiert am 03.08.2021Lesedauer: 4 Min.
Meinung
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Johannes Vetter: will Speerwurf-Gold in Tokio holen.Vergrößern des Bildes
Johannes Vetter: will Speerwurf-Gold in Tokio holen. (Quelle: t-online/imago-images-bilder)

Vier Goldmedaillen in zwei Tagen. Jubel in ganz Deutschland. Doch es gibt trotzdem Probleme. Und deshalb müssen sich die Verantwortlichen nun eine Frage stellen.

Silber Hinze/Friedrich. Gold Rotter-Focken. Gold Krajewski. Silber Pudenz. Am Montag ging es für Deutschland Schlag auf Schlag. Und auch am Dienstag ging der Medaillenregen weiter. Wir wachen auf und Malaika Mihambo hat bereits eine Goldmedaille um den Hals hängen, am Vormittag dann auch noch ein Sieg im Bahnradsport. Man hat das Gefühl, Deutschland kommt bei diesen Olympischen Spielen in Fahrt. Ist das die Wende?

Schauen wir uns mal die Zahlen an. Es sieht so aus, als würde Deutschland am Ende bei 40 bis 45 Medaillen landen. In Rio de Janeiro 2016 waren es 42. Im Medaillenspiegel hatte Deutschland am Stand des zweiten Wettkampf-Montags damals achtmal Gold, sechsmal Silber und sechsmal Bronze. Nach dem gestrigen Tag waren es sechsmal Gold, sechsmal Silber und elfmal Bronze. Das heißt: Wir haben zwar mehr Medaillen gewonnen, in einem Medaillenspiegel wären wir aber hinter der Rio-Mannschaft. Numerisch geht es aufwärts, im Verhältnis machen andere Nationen den besseren Job.

Das passt zur Haltung von DOSB und Bundesregierung, dass man nicht rausgeht und sagt: Wir wollen Erster werden.

Deutschland ist eine Standardnation. Wir liefern durchschnittlichen Erfolg mit durchschnittlichem Glauben an die eigene Leistung. Im ewigen Medaillenspiegel steht Deutschland zwar noch auf dem zweiten Rang, doch es ist nur eine Frage der Zeit, bis wir überholt werden. Woran das liegt und wie man das ändern kann, habe ich Ihnen in einer anderen Kolumne bereits erklärt. Wir wachsen selten über uns hinaus, deshalb glaube ich auch nicht, dass es bei diesen Olympischen Spielen noch viele deutsche Überraschungen geben wird.

Auch wenn wir ein paar davon erlebt haben, eine zum Beispiel habe ich vorhin kurz erwähnt: Kristin Pudenz hat sensationell Silber im Diskuswerfen gewonnen. Ein Sieg, bei dem mich besonders die mentale Leistung beeindruckt hat. Damit hat sie ein tolles Zeichen für diesen Sport gesetzt und die erste weibliche Diskus-Medaille für Deutschland seit 1996 geholt.

Zverev ist anders

Ein weiteres Beispiel ist Alexander Zverev, der am Sonntag zu einem Helden wurde. Was er geleistet hat, war Wahnsinn. Dieser junge Mann ist Olympiasieger. Und er sticht heraus aus der Menge. Er hat eine eigene Art, Interviews zu führen und zu antworten. In diesem Typen steckt eine interessante Energie.

Gerade beim Tennis sind die Sportler so viel international unterwegs, dass man gar nicht weiß, wie sehr sie sich noch zu Deutschland dazugehörig fühlen. Parallel heißt es aber im Land selbst dann: Wir sind bei Wimbledon! Wir sind bei den Australian Open! Wir sind bei Olympia! Dabei hat ja schon Boris Becker zu seiner aktiven Zeit betont, dass er niemandem gehört.

Dass Zverev aber so herausstellt, dass er das für Deutschland getan hat und stolz ist, für seine Heimat eine Medaille zu holen, hebt ihn hervor. Er ist nicht der international distanzierte Tennisstar, er ist anders. Zverev hat verstanden, dass es nicht nur um ihn geht bei Olympia, sondern auch um sein Land.

Was mir gut gefällt – und welche Sportarten Luft nach oben haben

Eine weitere positive Überraschung war für mich das deutsche Judo-Team. Judo an sich ist schon ein geiler Sport, aber dieser Teamwettbewerb ist noch mal fesselnder. Der Spannungsbogen wird länger und die Teamkollegen brüllen sich zu ihren Siegen, pushen sich gemeinsam durch jeden Kampf. Es geht um den kämpferischen Zusammenhalt – und der war einmalig.

Positiv in Erinnerung habe ich auch das Tischtennis behalten. Diese Ballwechsel von Dimitrij Ovtcharov und seinen Kontrahenten im Halbfinale und im Spiel um Bronze haben mich gefesselt. Immer wieder dachte ich: Jetzt hat er ihn. Und dann finden Ovtcharov oder seine Gegner noch eine Antwort. Kaum zu glauben.

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Ausbaufähig finde ich noch die Übersetzungsleistung bei neueren Sportarten wie Skateboard, Surfen oder BMX. Was ich damit meine: Ich glaube, dass die Zuschauer noch mehr mitgenommen werden müssen. Was war gerade gut an dem Sprung oder dem Trick? Was braucht es für eine Medaille? Die Sportarten sehen vielleicht leicht zu verstehen aus, aber sie sind es nicht. Zu oft gibt es noch Fragezeichen, wenn man das im TV sieht. Solange das der Fall ist, kann es hierzulande keine Euphorie geben.

Besser gefallen mir da die Mixed-Wettbewerbe, die im Trend sind und die einzelnen Sportarten noch mal aufwerten. Judo, Tennis und 4x400-Meter-Staffel sind nur einige der Beispiele dafür. So kommen auch die Einzelsportler in den Genuss eines Teamgedanken. Es gibt ein spannendes, neues Miteinander.

Jetzt entscheidet sich das deutsche Olympia-Schicksal

Für die restlichen Tage erwarte ich noch einige Goldmedaillen für Deutschland. Mit Emma Hinze im Bahnradsport, Sebastian Brendel im Kanu und Johannes Vetter im Speerwurf haben Topstars ihrer Sportart noch Wettbewerbe vor sich. Dazu gibt es im Beachvolleyball oder Handball noch Chancen auf Edelmetall.

Der zweite Teil der Spiele ist aus deutscher Sicht definitiv spannender.

Denn jetzt entscheidet sich Olympia aus deutscher Sicht. Bleiben wir nur im Standard oder wachsen wir doch über uns hinaus?

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