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Guido Maria Kretschmer: "Ich lasse mir meine Traurigkeit nicht anmerken"


Guido Maria Kretschmer
"Ich lasse mir meine Traurigkeit nicht anmerken"

  • Charleen Eckert
InterviewVon Charleen Eckert

Aktualisiert am 21.10.2023Lesedauer: 6 Min.
Interview
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Guido Maria Kretschmer: Er hat jüngst den Tod seines Vaters verkraften müssen.Vergrößern des Bildes
Guido Maria Kretschmer: Er hat jüngst den Tod seines Vaters verkraften müssen. (Quelle: IMAGO/Malte Ossowski/SVEN SIMON)

In seinem Buch "19.521 Schritte" wird Guido Maria Kretschmer so persönlich wie nie zuvor. Eine gute Gelegenheit, mit dem Moderator über sein Privatleben zu plaudern.

Gleich fünfmal wöchentlich flimmert Guido Maria Kretschmer mit seiner Sendung "Shopping Queen" über die deutschen TV-Bildschirme. Vor allem bei seiner weiblichen Zuschauerschaft erfreut sich der Moderator großer Beliebtheit. Im Interview mit t-online hat der 58-Jährige verraten, wieso sich sein Werdegang schon früh abzeichnete und wie er mit seiner Mutter umgeht, die mehr und mehr unter ihrer Demenzerkrankung leidet.

t-online: Herr Kretschmer. Sie sind mit vier Geschwistern aufgewachsen und sprechen in Ihrem neuen Buch von einer unbeschwerten Kindheit. Gibt es eine Erinnerung, die Ihnen noch heute ein Lächeln ins Gesicht zaubert?

Guido Maria Kretschmer: Ich kann mich bis heute daran erinnern, wie mein Vater mir in einem kalten Bach schwimmen beigebracht hat. Da waren wir mit unserer bunten und kinderreichen Familie im Urlaub. Ich wollte als Kind immer in ein Hotel, aber weil wir so viele waren, war das nicht möglich. Damals dachte ich noch "Oh ne, jetzt muss ich an so einen blöden Bach." Aber mein Vater hat da ein großartiges Event draus gemacht und mich unter meinem Bauch gehalten

Wieso ist gerade diese Erinnerung so prägend?

Noch heute spüre ich seine Hände. Ich werde nie vergessen, wie er sich gefreut hat, als ich dann endlich schwimmen konnte. Für mich war es als Kind etwas ganz Großes, diese vertraute Sicherheit in seinen Händen zu spüren. Manchmal spüre ich seine schützenden Hände heute noch, vor allem wenn ich nachts nicht schlafen kann.

Vor ein paar Monaten ist Ihr Vater gestorben. Sie haben mit sehr bewegenden Worten von ihm Abschied genommen. Denken Sie also noch oft an ihn zurück?

Auf jeden Fall. Auch jetzt, wo er gestorben ist, denke ich immer: "Ach Papa, was war das für ein magischer Moment." Oder auch, als ich Fahrrad fahren konnte und er sagte: "Guido, flitzt ab jetzt durch die Welt." So ist es tatsächlich gekommen: Ich stehe auf eigenen Beinen und flitze durch die Welt.

Hat sich Ihr Werdegang schon in Kindheitstagen abgezeichnet?

Das erste Wort, was ich als Kind gesagt habe, war nicht "Mama" oder "Papa". Es war ein lautes und deutliches "Hallo". Da wussten meine Eltern schon, über den müssen wir uns keine Gedanken machen, der springt in die Welt. Genau so ist es gekommen.

In welchen Momenten vermissen Sie Ihren Vater besonders?

Ich finde mich oft in Momenten wieder, wo ich ihn anrufen möchte, um ihm etwas zu erzählen. Und dann halte ich mein Handy in der Hand und merke, dass ich ihm gar nichts mehr erzählen kann.

Welche Erinnerungen teilen Sie mit Ihrer Mutter?

Ich sehe meine Mutter noch heute, wie sie damals mit Shoppingtüten nach Hause kam. Da habe ich vermutlich den Sinn für Mode und auch den Sinn für Schnäppchen her. Deswegen gehe ich in meiner Rolle bei "Shopping Queen" vermutlich auch auf.

Gibt es etwas, was Ihre Erziehung besonders geprägt hat und von dem Sie noch heute profitieren können?

Gesellig sein, die Lust auf Menschen, offen sein für Neues und ganz wichtig: den Menschen unvoreingenommen zu begegnen. Meine Eltern waren voller Liebe. Ihre organisierte Art und ihr Fleiß, die Selbstsicherheit nicht gleich zu hadern, wenn etwas mal nicht direkt auf Anhieb funktioniert.

Sie hatten eine erfüllte Kindheit. Was machen Sie denn grundlegend anders als Ihre Eltern?

Ich haue mehr raus, ich kann gut teilen – das konnten meine Eltern auch, aber weil wir eine große Familie waren, mussten sie etwas mehr zusammenhalten. Da gab es nicht so viele Möglichkeiten. Shoppen ist das beste Beispiel. Ich bin das völlige Gegenteil von Geiz. Wenn mir etwas gefällt, dann überlege ich nicht zweimal, ob ich es mitnehmen möchte. Ansonsten gibt es nicht viel, was ich anders mache. Wir hatten eine innige Bindung, es gab nie Streit. Ich bin beiden unendlich dankbar. Ich hätte beide heiraten können.

Was hat Ihre Beziehung vor allem zu Ihrem Vater so vertraut gemacht?

Mein Vater hat mir bis zu seinem Tod pure Liebe vermittelt. Er lag im Sterbebett und wollte mir noch mal ein Küsschen geben. Ich habe ihn geküsst und umarmt. Mein Aufwachsen war wirklich von Liebe geprägt und dafür bin ich dankbar.

In Ihrem Buch haben Sie das erste Mal über die Demenzerkrankung Ihrer Mutter gesprochen. In welchem Moment ist Ihnen das erste Mal aufgefallen, dass Ihre Mutter anfängt zu vergessen?

Es waren kleine Momente. Erst mal bei Telefonaten, als sie sich nicht mehr erinnern konnte, wer von uns beiden angerufen hatte. Irgendwann habe ich bemerkt, dass für sie Menschen leben, die schon längst verstorben sind.

Wie sind Sie damit umgegangen?

Ich habe mitgespielt und so getan, als würden die Menschen noch leben. Für mich ist es manchmal traurig und ich glaube, es wird wirklich schmerzhaft, wenn sie mich eines Tages vielleicht nicht mehr erkennt. Ich vergleiche ihre Demenzerkrankung manchmal mit den Bildern von Gerhard Richter, bei dem die Übergänge fließend sind. Es ist wie mit ihren Erinnerungen, sie verwischen immer mehr.

Welche Momente waren es, die Sie zu Tränen gerührt haben?

Besonders emotional war es, als ich bemerkt habe, dass sie ihr Vergessen selbst wahrnimmt. Wir saßen beim Essen, als sie mich umarmt hat und sagte: "Ach Guido, ich habe Angst, dass alles weggeht." Ich habe ihr dann gut zugeredet und gesagt: "Mama, du musst dir keine Sorgen machen, alles, was du nicht mehr weißt, weiß ich noch. Ich mache das für uns beide. Alles, was du heute vergisst, weiß ich morgen noch."

Wie gehen Sie mit diesen schmerzhaften Momenten um?

Ich lasse mir meine Traurigkeit nicht anmerken und lenke sie ab. Shoppen war ihr schon immer eine Freude, damit kann ich sie noch heute aufheitern. Die Krankheit hat aber auch ihre Vorteile.

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Die da wären?

Die Demenz macht den Tod meines Vaters für sie erträglicher. Ich glaube, es ist oft auch ein Selbstschutz. Er war ihre große Liebe. Vielleicht wäre sie sonst an seinem Tod zerbrochen. Ich glaube, da war ihre Krankheit ein Rettungsanker.

Viele Menschen fürchten das Alleinsein. Wie sieht das bei Ihnen aus?

Es gibt einen Unterschied zwischen allein und einsam sein. Das Alleinsein kann ich genießen, um abzuschalten. Einsam zu sein, kann hingegen ein schreckliches Gefühl sein, was ich leider auch kenne. Gerade wenn man viel arbeitet und prominent ist, läuft man Gefahr, dass man sich plötzlich einsam fühlt. Gerade Menschen wie ich, die sehr sensibel sind, haben es dann natürlich auch schwer.

Was hilft Ihnen gegen das Gefühl der Einsamkeit?

Ich gehe auf andere Menschen zu oder rufe Freunde und Familie an. Manchmal besuche ich auch die Oper, ein Theater oder ein Museum, wo andere um mich herum sind. An solchen Orten können Fremde schnell zu Vertrauten werden. Ich werde oft erkannt und erlebe es immer wieder, dass mein Gegenüber mich am liebsten mit an den hauseigenen Kaffeetisch nehmen würde.

Wird das nicht auch schnell mal zu viel?

Eigentlich nicht. Mir sind Menschen nicht fremd und mich interessieren andere sehr. Ginge es nach mir, könnte ich oft viel länger mit den Leuten quatschen. Es ist verrückt, was mir alles anvertraut wird. Letztens erzählte mir eine fremde Frau, dass sie jetzt zu ihrem Lover fährt, von dem ihr Mann natürlich nichts weiß. Um zu vermeiden, dass sie ein schlechtes Gewissen bekommt, habe ich ihr gesagt, dass sie Gas geben soll.

Durch Ihr Auftreten bei "Shopping Queen" werden Sie von Zuschauern als modische Inspiration wahrgenommen. Wie stehen Sie zu aktuellen Mode- und Beautytrends?

Alle, die denken, der Hintern muss wackeln, denen sage ich: Auf geht’s. Da sollte jeder machen, wie er möchte. Allerdings bin ich kein Fan von viel Reinspritzen. Ich kann diese aufgepumpten Lippen nicht mehr sehen. Da sehe ich oft Frauen und denke mir, mein Gott, lass es doch sein.

Was muss Ihrer Meinung nach denn sein?

Wer Sandalen trägt, sollte gepflegte Füße haben. Da würde ich im Sommer gerne einen Fußberechtigungsschein einführen lassen. Da wäre meine Traumvorstellung, dass man zum Amt geht und die Füße kontrollieren lässt.

Wie genau soll das aussehen?

Sind die Füße fein, kriegt man einen Schein, mit dem man sich Sandalen kaufen kann. Im Sommer sehe ich oft Leute mit ungepflegten Füßen. Da würde ich dann gerne fünf Euro Strafe verlangen, bei Wiederholung 15 Euro und sonst geschlossene Schuhe verordnen.

Für Guido Maria Kretschmer ist "19521 Schritte" das vierte – und vermutlich persönlichste – Buch. Er ist seit 2018 mit seinem langjährigen Partner Frank Mutters verheiratet. Die beiden leben bereits seit 2012 in einer eingetragenen Partnerschaft.

Verwendete Quellen
  • Eigenes Interview
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