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Kritik an ARD-Beitrag zu Penny-Aktion: "Bedrohliche" Diskussion


"Das sehe ich als wirklich bedrohlich an"


02.08.2023Lesedauer: 3 Min.
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Screenshot des umstrittenen ARD-Beitrags: Eine WDR-Mitarbeiterin gab ein Interview.Vergrâßern des Bildes
Screenshot des umstrittenen ARD-Beitrags: Eine WDR-Mitarbeiterin gab ein Interview. (Quelle: ARD)

Am ΓΆffentlich-rechtlichen Rundfunk ist vieles zu kritisieren. Nicht aber, was am Montag in einem Beitrag im Ersten passiert ist, findet Medienexperte Jo Groebel.

Die ARD berichtete über eine umstrittene Werbemaßnahme des Discounters Penny. Für einen Beitrag in "Tagesschau" und "Tagesthemen" wurden Menschen befragt, die in einem der MÀrkte einkauften. Eine Kundin, die positiv über die Aktion sprach, erkannten Zusehende als WDR-Mitarbeiterin. Schnell kam es zum Aufschrei im Netz, von Agitation war gar die Rede. Medienexperte und Medienpsychologe Prof. Dr. Jo Groebel ordnet das als bedrohlich ein.

Im GesprΓ€ch mit t-online erklΓ€rt er: "Im Netz wΓΌten jetzt genau diejenigen, die dem ΓΆffentlich-rechtlichen Rundfunk sowieso die Pest an den Hals wΓΌnschen. Die sehen dahinter ein System und den Versuch der Manipulation. Das ist so ein Mist." TatsΓ€chlich ist auf Twitter etwa von einem "inszenierten Interview" die Rede, um "die Kampagne positiv" darzustellen. Jemand bezeichnet den Vorfall als "GefΓ€lligkeitsjournalismus fΓΌr Links-GrΓΌn", und ein Nutzer fragt: "Wie viel Zufall steckt da wirklich drin?"

Geht es nach Groebel, so lenke diese Diskussion "nur von den wirklichen Problemen und Herausforderungen bei den Sendern ab". Dass hier "bereits so ein Aufstand entsteht und das als symptomatisch angesehen wird, halte ich fΓΌr das eigentlich Problematische. Da beginne ich dann, mir Sorgen zu machen", erklΓ€rt der 72-JΓ€hrige weiter.

Jo Groebel
Jo Groebel (Quelle: IMAGO / Future Image)

Prof. Dr. Jo Groebel

Er ist Medienexperte und Internetforscher sowie MitbegrΓΌnder der internationalen Medienpsychologie. Groebel war Lehrstuhlinhaber in Lehre und Forschung an zahlreichen deutschsprachigen und internationalen UniversitΓ€ten.

Die ARD hat inzwischen das Interview mit der WDR-Mitarbeiterin aus dem Beitrag "Wahre Kosten" herausgeschnitten. Auf seiner Korrekturenseite gab der Sender an: "Die [...] gezeigte Sequenz hÀtte so nicht gesendet werden dürfen. Kolleginnen oder Kollegen zu interviewen, entspricht nicht unseren journalistischen Standards." ErgÀnzend hieß es: "Die O-Ton-Geberin war zufÀllig als Kundin in diesem Discounter."

Dazu passt auch, was Stefan Brandenburg, Chefredakteur Aktuelles beim WDR, auf Twitter schrieb: "HΓ€tte der Reporter verstanden, dass er eine Kollegin vor sich hat, hΓ€tte er ihre kurze und spontane Reaktion niemals in den Beitrag aufgenommen. Ich bitte darum, das zu respektieren." Die gezeigte Kollegin treffe keine Schuld. Der Vorfall sei "so banal, so Γ€rgerlich und peinlich fΓΌr uns", doch "Fehler passieren, zumal unter Zeitdruck in der aktuellen Berichterstattung".

FΓΌr die Rundfunkanstalten der ARD arbeiten Tausende Menschen, nicht jeder kΓΆnne jeden kennen, so Groebel. "Das sind Dinge, die kΓΆnnen passieren zwischen zwei einzelnen Leuten, die einander unbekannt sind. Die Mitarbeiterin war vielleicht mΓΌde, der Reporter hat sie nicht richtig verstanden. Die ErklΓ€rung, die nach dem Vorfall verΓΆffentlicht wurde, ist also durchaus plausibel."

Ein kleiner Kratzer in der GlaubwΓΌrdigkeit des Γ–RR

Dennoch findet Groebel, dass der Vorfall "die GlaubwΓΌrdigkeit der ΓΆffentlich-rechtlichen Medien jetzt selbstverstΓ€ndlich etwas" ankratze – "zumal es im Flaggschiff der deutschen Nachrichtenberichterstattung passiert ist. Das ist ernst zu nehmen, auch wenn es unbeabsichtigt geschah, und dafΓΌr muss intern ein noch grâßeres Bewusstsein geschaffen werden."

Die echten Probleme des Γ–RR gingen durch diese Debatte jedoch unter. Es gebe viele GrΓΌnde, diesen zu kritisieren – etwa aufgrund "der Vielzahl von Radiosendern, die mehr oder weniger das Gleiche senden, oder wegen eigener Tiersendungen in jedem dritten Programm", erklΓ€rt Groebel. Er sagt: "Da besteht oft ein mangelndes Bewusstsein fΓΌr den richtigen Umgang mit GebΓΌhrengeldern. Aber die Unterstellung, dass in den 'Tagesthemen' und der 'Tagesschau' systematisch getrickst und manipuliert wird, sehe ich als wirklich bedrohlich an."

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Wenn Groebel sagt, er sehe das als bedrohlich an, dann "im Sinne von dem, was wir in den USA seit vielen Jahren erleben: dass von vielen Seiten ein Dauermisstrauen gegenüber Medien geschürt wird und die politische Polarisierung immer grâßer wird".

Aus psychologischer Sicht ist das Handeln vieler Zuschauerinnen und Zuschauer laut Groebel damit zu erklΓ€ren, dass die Menschen etwas "reflexhaft sofort im Sinne der eigenen Vorurteile [interpretieren] und das aufbauschen". Eine kritische Einstellung zu bestimmten Medien und Menschen sei hΓ€ufig vollkommen verstΓ€ndlich, doch "sollte man trotzdem zweimal hinschauen, um dann manchmal zu bemerken, dass etwas wirklich nur unbeaufsichtigt geschehen ist".

Verwendete Quellen
  • GesprΓ€ch mit Medienexperte und Medienpsychologe Prof. Dr. Jo Groebel.
  • ARD: "Tagesthemen" und "Tagesschau" vom 31. Juli 2023
  • tagesschau.de: Korrekturen
  • twitter.com: Profil von @SBrandenburg_
  • Twitter-Reaktionen
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