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"Tatort": Tod eines schwulen Lehrers in Berlin-Neukölln


Der Hauptstadt-"Tatort"
Tod eines schwulen Lehrers in Berlin-Neukölln

von Verena Maria Dittrich

01.06.2017Lesedauer: 2 Min.
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Eine verkohlte Leiche im Schrebergarten. Nina Rubin (Meret Becker) nimmt die Ermittlung auf.Vergrößern des Bildes
Eine verkohlte Leiche im Schrebergarten. Nina Rubin (Meret Becker) nimmt die Ermittlung auf. (Quelle: rbb/Andrea Hansen)

Wenn Männer Männer und Frauen Frauen lieben, ist das vom Standpunkt der Natur aus unbedeutend. Für die Gesellschaft aber ist dieses Thema noch immer negativ besetzt. "Amour fou" rüttelt an unserer Wertewahrnehmung.

Enno Schopper ist Lehrer in Berlin-Neukölln. Enno Schopper ist schwul. Und Enno Schopper ist tot - erschlagen, mit Benzin überschüttet und angezündet. Eine verbrannte Leiche in einem Schrebergarten.

Seinen Schülern wollte er ein Vorbild für ein humaneres Miteinander sein und lebte die Ehe mit seinem Mann, Armin (Jens Harzer) offen aus. War das sein Todesurteil?

Für die Berliner "Tatort"-Kommissare Nina Rubin (Meret Becker) und Robert Karow (Mark Waschke) ist Enno Schoppers Tod der fünfte Fall. An Ennos Schule ist Schwulsein ein Lebensumstand, der nur schwer zu akzeptieren, geschweige denn zu verstehen ist: "80 Prozent der Schüler haben Migrationshintergrund, 79 Prozent sind homophob", zieht der Schulleiter nüchtern Bilanz.

Dem toten Lehrer war das egal, er wollte jungen Menschen bei ihrem Start ins Leben helfen. Gerade jenen, deren Eltern die Zukunft der Kinder in Alkohol und Gewalt ertränken.

"Erst die Schwuchtelkarre, dann die Schwuchtel"

Weil Enno auf einer Schulfeier mit seinem Ehemann tanzte, wurde sein Auto angezündet. "Erst die Schwuchtelkarre, dann die Schwuchtel". Der Lehrer stellte einen der Täter, den Schüler Duran Bolic (Justus Johanssen). Duran war bereit zum Zuhören. Enno und Armin gaben dem Jungen ein zweites Zuhause, halfen ihm beim Lernen. Bis die heile Welt zerplatzte und Enno Duran in der Schule sexuell belästigt haben soll. Jetzt ist der Junge verschwunden und der Lehrer tot.

Als Kommissarin Rubin den Tatort betritt, schlägt ihr kalter Zynismus entgegen. "Mach ein Schild ran, schick es zur documenta, fertig: 'Der Mann im Plastikliegestuhl' ", schwadroniert der Forensiker über die verbrannte Leiche - ein Sinnbild, das symptomatisch durch den Verlauf der Geschichte schleicht.

Die Hauptstadt bildet hierbei die passende Kulisse: krumme, dreckige Straßenzüge und eine Skyline, die keine ist. Berlin das schöne Ungebilde, das seine Bewohner umarmt oder ausspuckt, manchmal beides zur selben Zeit.

In "Amour fou" wirken die Charaktere stets leicht entrückt. Alle laufen einer idealisierten Zukunft entgegen, die wahrscheinlich niemals eintrifft. Allen voran Ennos Mann Armin, der mit schlauem, zärtlichem Blick seine zerstörte Welt neu ordnet. In Rubins Kollegen Karow findet er einen bereitwilligen, wenn auch herablassenden Zuhörer. Karow hält dem Blick des Mannes stand, der mehr weiß, als er zugeben will.

Der neue Berliner "Tatort" ist eine rohe dreckige Ode an die Stadt an der Spree und zugleich eine Anklage an die Ignoranz unserer multikulturellen Gesellschaft. Schwulsein ist kein Makel, es ist eine sexuelle Orientierung. Und es sollte unsere Aufgabe sein, diese Tatsache uns selbst und unseren Mitmenschen endlich als das klarzumachen, was sie im Grunde ist: nicht der Rede wert.

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