t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeMobilitätAktuelles

EuGH: Thermofenster bei VW-Dieselmotoren unzulässig – was das für Käufer bedeutet


Gerichtsurteil
EuGH: Thermofenster bei VW-Dieselmotor unzulässig

Von reuters, afp, ccn

Aktualisiert am 14.07.2022Lesedauer: 3 Min.
Auspuff: Der EuGH hat sogenannte Thermofenster für unzulässig erklärt.Vergrößern des BildesAuspuff: Der EuGH hat sogenannte Thermofenster für unzulässig erklärt. (Quelle: localpic/imago-images-bilder)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Der EuGH erklärte Thermofenster in den Software-Updates von VW-Dieseln für nicht zulässig. Jetzt müssen nationale Gerichte über Konsequenzen entscheiden.

Ein Thermofenster, das die Abgasreinigung bei sehr hohen und bei niedrigen Temperaturen reduziert, ist eine unzulässige Abschalteinrichtung. Eine Ausnahme könnte gelten, wenn das Thermofenster nachweislich zum Schutz vor schweren Risiken für den Motor eingebaut werde, die eine Gefahr darstellten. So urteilte der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. Jedoch, so schränkte das Gericht ein, wäre eine Abschalteinrichtung dann unzulässig, wenn sie den Großteil des Jahres unter normalen Bedingungen laufe. Sonst könnte die Ausnahme häufiger angewandt werden als das Verbot, erklärte der EuGH.

Rückabwicklungen nicht ausgeschlossen

Die für die verhandelten Fälle geltende EU-Regelung sieht dem Gerichtshof zufolge vor, dass Verbraucher eine Nachbesserung und einen Ersatz des Wagens verlangen könnten, sofern dies für das Unternehmen nicht unmöglich oder unverhältnismäßig sei.

Die Kunden können aber unter bestimmten Umständen auch eine Preisminderung oder eine Vertragsauflösung verlangen. Dies ist der Fall, wenn der Verkäufer nicht in einer angemessenen Frist oder ohne erhebliche Unannehmlichkeiten für den Verbraucher Abhilfe schafft, wie der EuGH mitteilte. Über Details müssen aber in jedem Einzelfall die nationalen Gerichte entscheiden.

"Schummeldiesel" von VW betroffen

Die Entscheidung betrifft Motoren des Volkswagen-Konzerns vom Typ EA 189. In diesen Motoren war im Diesel-Skandal eine illegale Abschalteinrichtung festgestellt worden, mit der die Abgasgrenzwerte auf dem Prüfstand eingehalten wurden, auf der Straße aber nicht. VW hatte diesen Mechanismus mit einem Software-Update behoben, der aber mit dem Argument der Motorschonung ein Thermofester enthält.

Mögliche Auswirkungen auf Fälle in der ganzen EU

In jenem Fall ging es um Klagen aus Österreich gegen Volkswagen und zwei Autohändler. Die Einschätzung des Europäischen Gerichtshofs ist aber auch für andere nationale Gerichte bindend, weswegen sie Auswirkungen auf Fälle in der ganzen EU haben kann. Die österreichischen Gerichte müssen nun prüfen, ob das Thermofenster in den konkreten Fällen zum Motorschutz notwendig war und ob es keine andere Lösung gab. Sie gingen bislang davon aus, dass der schadstoffarme Modus nur bei einer Außentemperatur zwischen 15 und 33 Grad Celsius sowie bei unter 1000 Höhenmetern gewährleistet sei. Volkswagen machte vor dem EuGH geltend, dass es um die Ladelufttemperatur im Motor gehe, die durchschnittlich höher sei.

Der EuGH erklärte nun aber, allein das vorlegende nationale Gericht sei für die Beurteilung des Sachverhalts zuständig.

VW sieht sich im Recht

Volkswagen erklärte nach der Entscheidung, er sehe sich in seiner Rechtsauffassung bestätigt: "Nach den Kriterien, die der EuGH in seinem Urteil aufgestellt hat, bleiben die in Fahrzeugen des VW-Konzerns verwendeten Thermofenster zulässig." Sie schützten vor unmittelbaren Risiken für den Motor in Form von Beschädigungen oder Unfall. "Die Auswirkungen des Urteils auf Volkswagen sind deshalb gering", hieß es weiter.

Der Obmann des österreichischen Verbraucherschutzvereins, Peter Kolba, teilte dagegen mit: "Damit ist Schluss mit der Argumentation der Dieselhersteller und auch deutscher Behörden, dass diese Thermofenster für die Schonung des Motors dienen und daher legal seien."

Weitere Entscheidung steht im Herbst an

"Mehrere Millionen Fahrzeughalter könnten nun gegen den Wolfsburger Konzern vorgehen. Die Aufarbeitung des Skandals wird sich mit Sicherheit noch mehrere Jahre hinziehen”, sagt Rechtsanwalt Claus Goldenstein. Seine Kanzlei vertritt mehr als 42.500 Mandanten im Zusammenhang mit dem VW-Abgasskandal. Er geht davon aus, dass möglicherweise eine weitere Rückrufwelle bei VW droht: Allein in Deutschland wurden nach dem Dieselskandal auf mehr als zwei Millionen Autos Software-Updates installiert.

Der ADAC ist bezüglich möglicher Rückrufe abwartend: "Besonderes Augenmerk kommt damit dem KBA zu. Erst wenn das KBA als nationale Aufsichtsbehörde im Einzelfall zu dem Ergebnis kommt, dass in bestimmten Fahrzeug- und Motorentypen unzulässige Technik verbaut ist, könnte es Rückrufe anordnen", sagte ein Sprecher des Autoclubs.

Zum Thema Schadenersatz sagt er: "Das Urteil bedeutet nicht, dass Verbraucher den Kauf eines Fahrzeugs mit Thermofenster automatisch rückabwickeln oder Schadensersatz fordern können. Dafür müsste den Herstellern nach aktuellem Stand der BGH-Rechtsprechung in Deutschland eine vorsätzlich sittenwidrige Schädigung nachgewiesen werden mit dem Ziel, die Abgaswerte auf dem Prüfstand zu verbessern. Hersteller müssten unzulässige Technik also bewusst mit Schädigungsvorsatz verbaut haben."

Er verweist auf ein weiteres EuGH-Urteil, das im Herbst oder Winter ansteht: Der Bundesgerichtshof will darauf warten, bevor weiter über Diesel-Verfahren entschieden wird. Erst dann wird es mehr Klarheit geben. Der Bundesgerichtshof hat Schadenersatzklagen von Fahrzeugkäufern allein wegen des Thermofensters, das viele Autohersteller nutzen, bislang zurückgewiesen.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur Reuters
  • Nachrichtenagentur AFP
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website