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Wie Kinder auf TikTok durch Hamas-Propaganda radikalisiert werden


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Propaganda erreicht Millionen
So gelangt die Hamas ins Kinderzimmer

  • Nicole Diekmann
MeinungEine Kolumne von Nicole Diekmann

24.10.2023Lesedauer: 3 Min.
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Pro-Palästina-Demo in Hamburg: Auch Kinder kommen mitunter schon mit antisemitischen Gedanken in Berührung. (Quelle: IMAGO)

Bei TikTok wird nur harmlos getanzt? Schön wäre es: Die Hamas und ihre Anhänger nutzen die Plattform, um die Gedanken unserer Kinder zu vergiften.

Als ich 13 wurde, schenkte mir meine Patentante ein Tagebuch. Eins zum Abschließen. Um meinen kleinen Bruder, aber auch meine Eltern davon abzuhalten, reinzuschauen. Fand ich gut und auch gar nicht allzu überraschend. Es gibt ein Recht auf Privatsphäre, auch für Kinder und Heranwachsende. Und es gibt – neben nervigen kleinen Brüdern – Eltern, die sich Sorgen machen und dabei womöglich manchmal zu weit gehen.

Heute möchte ich Sie ausdrücklich dazu ermuntern, weit zu gehen. Denn die Lebenswelt heute ist Lichtjahre entfernt von Kindern und Jugendlichen zu meiner Zeit. Der entscheidende Unterschied: Wir hatten kein Internet. Heute kann man nicht mal sagen, dass Social Media in dieser Altersklasse zur Lebensrealität gehört – sie sind die Lebensrealität. In die wir kaum noch Einblick haben. Und das ist immer, besonders aber jetzt, ein großes Problem.

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Auf TikTok hetzen Hamas und Co. ungehindert gegen Juden – das reicht bis ins Kinderzimmer

Das zeigt vor allem das Beispiel TikTok. TikTok gehört zu den meistgenutzten Plattformen der 14- bis 29-Jährigen. Die Videoapp des chinesischen ByteDance-Konzerns verzeichnet unter den wirklich Jungen einen rasanten Anstieg der Nutzerzahlen – und dasselbe gilt hinsichtlich der Anzahl an Videos, die für die Terrorgruppe Hamas werben und gegen den Staat Israel und das Judentum hetzen.

Die Fernsehjournalistin Nicole Diekmann kennt man als seriöse Politikberichterstatterin. Ganz anders, nämlich schlagfertig und lustig, erlebt man sie auf Twitter – wo sie über 120.000 Fans hat. Dort filetiert sie politische und gesellschaftliche Aufreger rund ums Internet. Ihr Buch "Die Shitstorm-Republik" ist überall erhältlich, ihr Blog findet man hier. Außerdem ist sie Co-Host des Podcasts "Gegen jede Überzeugung".

TikTok ist das Leitmedium der Jugend, wird von vielen als Suchmaschine genutzt – und gilt als das zentrale Verbreitungsmedium für Hamas-Propaganda. Eine gefährliche Kombination, die TikTok zum Radikalisierungsmotor geraten lassen kann.

Für uns, nehmen Sie es mir nicht übel, Ältere spielt Tiktok kaum eine Rolle. Die meisten von uns glauben ja immer noch, dass bei TikTok ausschließlich lustige, völlig belanglose Tanzvideos zu sehen sind, die die Welt zwar nicht unbedingt schlauer, wohl aber fröhlicher machen.

Ein Irrglaube. Und das vergrößert den Abstand zwischen uns und dem, was unsere Kinder hinter ihren Zimmertüren auf ihren Smartphones vermittelt bekommen. Kinder und Jugendliche, die vermutlich noch weniger über den hoch komplizierten Nahostkonflikt wissen als der Durchschnittserwachsene. Und die ohnehin leicht zu beeinflussen sind. Was durch zwei besondere Eigenschaften von TikTok noch verschärft wird.

Bei TikTok gehen die Videos nie aus – Hassvideos im Zweifel auch nicht

Dort nämlich ist man nie mit Videoschauen fertig: Ist einer der kurzen Clips vorbei, wischt man sich direkt zum nächsten und zum nächsten und zum nächsten. Und, zweitens: Der Algorithmus sorgt dafür, dass binnen kürzester Zeit solche Videos angezeigt werden, die dem vorherigen Nutzungsverhalten entsprechen. Schaue ich also zwei, drei Hamas-nahe Videos, werden mir sehr schnell weitere Hamas-nahe Videos angezeigt. Videos, die nicht eigenordnet werden auf Wahrheitsgehalt oder moralische Integrität. Israelhass und Antisemtismus in Dauerschleife sind keine Seltenheit.

Ein Beispiel: Yasser Abou-Chaker, Bruder des Berliner Clanchefs Arafat Abou-Chaker. Wie der "Tagesspiegel" schildert, behauptete Arafat Abou-Chaker in einem Livestream, die Juden wollten "komplett einen Genozid machen". Berichte über angebliche Verbrechen der Hamas seien "Fake News" und "Propaganda" wie bei "Joseph Goebbels im Zweiten Weltkrieg".

Dass Deutschland und andere die Juden in Israel unterstützten, liege daran, dass das Interesse an einem jüdischen Staat immens sei: "Weil sie keiner haben will."

TikTok hat laut eigenen Angaben bereits Hunderttausende solcher und krasserer Inhalte gelöscht. Die schiere Masse ist aber kaum zu bändigen – und die Politik versagt auch dieses Mal, den Plattformen mit schärferen Vorgaben das Ahnden, Löschen und Moderieren in angemessenem Umfang zu verordnen.

Vertrauen ist gut, teilhaben und reden aber besser

Den Nachwuchs zu kontrollieren, ist schwierig – in der Praxis, aber auch aus moralischen Gründen: Vertrauen ist die Basis von allem. Aber wir sprechen eben nicht mehr von Teenie-Realitäten im Analogzeitalter. Im TikTok-Profil lauern womöglich traumatisierende, verhetzende, menschenverachtende und illegale Inhalte, mit denen unsere Kinder konfrontiert und infiltriert werden. Es gilt deshalb, möglichst behutsam herauszufinden, was die eigenen Kinder schon gesehen haben.

Und zu versuchen, Kontrolle zu gewinnen: Machen Sie sich mit TikTok vertraut. Es mag Sie nicht interessieren – aber es interessiert diejenigen, die Ihnen am liebsten und am wertvollsten sind – und Ihnen anvertraut. Schaufeln Sie sich Kenntnis über das Medium drauf. Glauben Sie mir: Es ist kein Hexenwerk.

Erzählen Sie Ihren Kindern, was Sie gesehen haben. Fragen Sie dann Ihre Kinder, was die gesehen haben. Reden Sie über den Nahostkonflikt. Suchen Sie gute, ausgewogene Informationen über ihn. Und seriöse Berichterstattung über die vergangenen Tage. Es gibt sie. Es lohnt sich. Es ist ein wichtiger Beitrag dazu, Antisemitismus gar nicht erst in die eigenen vier Wände einziehen zu lassen. "Nie wieder" ist jetzt.

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