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Bitcoin: Digitale Währung schadet der Umwelt


Klimabilanz von Kryptowährungen
Bitcoin: Das schmutzige Gold


Aktualisiert am 30.10.2023Lesedauer: 6 Min.
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Serverfarm für das Mining von BitcoinsVergrößern des Bildes
Bitcoin-Serverfarm (Symbolbild): Bitcoin-Miner arbeiten rund um die Uhr, um die digitale Währung abzubauen. (Quelle: artiemedvedev)

Die Kryptowährung Bitcoin ist wieder im Höhenflug. Doch das Schürfen neuer Coins wird immer rechenaufwendiger. Die CO2-Bilanz ist erschreckend.

Wo vor Jahrhunderten noch Bergleute mit der Spitzhacke das Gestein bearbeitet haben, in der Hoffnung, wertvolle Edelmetalle zutage zu fördern, wird heute schweres Gerät eingesetzt. Bei den digitalen Bergleuten der Gegenwart, auch Miner genannt, ist das nicht anders: Konnten sie vor wenigen Jahren noch mit einfachen Computern das virtuelle Bitcoin-Gold schürfen, brauchen sie dafür heute ganze Serverfarmen. Und die sind energiehungrig – und vor allem klimaschädlich.

Höherer Stromverbrauch als Niederlande und Finnland

110 Terawattstunden (TWh) – so viel Strom könnten die Hightech-Rechner der Bitcoin-Miner weltweit pro Jahr verschlingen, schätzte das Centre of Alternative Finance der britischen Universität Cambridge vor zwei Jahren anhand tagesaktueller Daten zur Rechenleistung.

Das ist mehr Strom, als die gesamte Niederlande im Jahr verbraucht. Bis Mai 2023 lag der geschätzte Stromverbrauch für das Mining von Bitcoins schon bei rund 95 TWh. Der Jahreshöchstwert wurde 2022 mit 204,5 TWh erreicht und überstieg damit den Energiebedarf Finnlands.

Ein Grund dafür liegt in dem zwischenzeitlichen Höhenrausch des Bitcoin-Kurses. Im Jahr 2022 erreichte die digitale Währung ein Allzeithoch von über 69.000 Dollar, mittlerweile ist der Wert zwar wieder gefallen. Aber in der Miner-Szene löste das einen neuen Goldrausch aus.

Für die Akteure lohnt es sich, in Hardware zu investieren, um selbst vom Bitcoin-Höhenflug zu profitieren. Denn Miner erzielen immer dann Einnahmen, wenn es ihnen gelingt, als Erster ein bestimmtes kryptografisches Rätsel zu lösen.

Bitcoin Halving

Und weil dieses Rätsel umso komplexer wird, je mehr Miner an der Lösung beteiligt sind, wird dafür immense Rechenpower benötigt. Der Aufwand lohnt sich: Als Belohnung erhalten die Miner 6,25 Bitcoin, je nach Kurs sind das umgerechnet zwischen 150.000 und 200.000 Dollar.

Die Belohnung halbiert sich jedoch beim Bitcoin alle vier Jahre. Dieser Prozess wird Bitcoin Halving genannt. Das nächste Bitcoin Halving wird am 17. April 2024 erwartet. Dann halbiert sich die Block Reward für Bitcoin-Miner auf 3,125 Bitcoin.

Wie Daten von Analysten andeuten, investieren besonders professionelle Miner ihre Bitcoin-Erlöse direkt in neue, noch leistungsstärkere Computer. Private Miner haben es auf diesem umkämpften Markt nicht zuletzt wegen der hohen Energiekosten schwer.

Illegale Bitcoin-Farmen zapfen Strom im großen Stil an

Neben professionellen Mining-Firmen lockt der Bitcoin-Rausch auch immer mehr Akteure aus dem Untergrund an. Welches Ausmaß illegales Mining annehmen kann, zeigt ein Fall aus Bulgarien: Dort wurden im Jahr 2020 zwei Männer enttarnt, die über mehrere Monate Stromleitungen angezapft und so Energie im Wert von 1,26 Millionen Euro für ihre Mining-Farm erbeutet hatten.

Mit dem Strom hätte man die nahegelegene 120.000-Einwohner-Stadt Kyustendil einen Monat mit Strom versorgen können, so die Behörden. Der Coup ging als der größte Stromdiebstahl des Landes in die Geschichte ein – und ist kein Einzelfall.

Auch der Iran meldete vermehrt Stromausfälle in Teheran und anderen Metropolen. Stromausfälle sind zwar wegen der maroden Stromnetze nicht ungewöhnlich, doch machte die Regierung dieses Mal vor allem illegale Bitcoin-Miner dafür verantwortlich.

Das Land am Persischen Golf ist unter Minern besonders wegen der niedrigen Strompreise beliebt. Rund 1.600 Bitcoin-Rechenzentren mussten im Zuge der Stromausfälle mittlerweile schließen.

USA – das Land der Miner

Wo wird auf der Welt am meisten digitales Gold geschürft? Nach dem De-facto-Aus für das Bitcoin-Mining in China wanderten viele Schürfer ins Nachbarland Kasachstan ab, das nun auf einen Marktanteil von 18,1 Prozent kommt. Auf Platz 3 liegt Russland (11,2 Prozent), vor Kanada (9,6 Prozent), Irland (4,7 Prozent), Malaysia (4,6 Prozent) und Deutschland (4,5 Prozent).

Ob sich das Bitcoin-Schürfen in Deutschland bei den hohen Strompreisen lohnt, ist fraglich. Im weltweiten Vergleich spielt Deutschland derzeit kaum eine Rolle in der Mining-Szene.

Die USA erfüllen viele Voraussetzungen für Bitcoin-Miner, die eine neue Heimat suchen. So seien die Energiepreise in Bundesstaaten wie Texas im weltweiten Vergleich sehr niedrig. Aber die USA sind auch reich an erneuerbaren Energiequellen.

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Schlechte Nachrichten für die Umwelt

Für die Umweltbilanz der Kryptowährung sind das schlechte Nachrichten: Denn Miner suchen sich Länder mit besonders niedrigen Stromkosten – und dieser Strom kommt beispielsweise in Russland überwiegend aus Öl-, Erdgas- und Kohlekraftwerken.

Zwar hinken auch die USA im internationalen Vergleich beim Ausbau der erneuerbaren Energien hinterher, doch so schlecht wie zum Beispiel in Kasachstan fällt die Bilanz nicht aus. Kasachstan will zwar bis 2060 klimaneutral werden, derzeit werden aber noch 70 Prozent des Stroms mit Kohle erzeugt.

In den USA steigt der Anteil an regenerativer Energie bei der Stromerzeugung im Jahr 2022 immerhin auf über 20 Prozent. Insgesamt wurden auf dem US-Stromsektor etwa vier Terawattstunden Strom produziert.

Ökobilanz ist erschreckend

Ein Forscherteam aus dem Umfeld der Vereinten Nationen hat nun eine aktuelle Studie zum Ressourcenverbrauch der Gewinnung von Kryptowährungen vorgelegt. Die Studie, die in der Zeitschrift "Earth's Future" veröffentlicht wurde, hat ergeben, dass Bitcoin-Mining einen erheblichen ökologischen Fußabdruck hinterlässt. Das gesamte Mining-Netzwerk verbrauche eine große Menge an Strom und sei immer noch stark auf fossile Energiequellen angewiesen, schreiben die Autoren.

Die Studie zeigt weiter, dass das globale Bitcoin-Mining-Netzwerk im Zeitraum von 2020 bis 2021 etwa 173 Terawattstunden Strom verbraucht hat. Der daraus resultierende CO2-Fußabdruck entsprach der Verbrennung von 39 Millionen Tonnen Kohle oder dem Betrieb von 190 erdgasbefeuerten Kraftwerken.

Darüber hinaus entspricht der Wasser-Fußabdruck von Bitcoin der Wassermenge, die benötigt würde, um mehr als 660.000 olympische Schwimmbecken zu füllen – und genug, um den derzeitigen Wasserbedarf von mehr als 300 Millionen Menschen im ländlichen Afrika südlich der Sahara zu decken.

Die Studie kommt zu dem Ergebnis, dass das Bitcoin-Mining stark von fossilen Energieträgern abhängig ist, wobei Kohle mit 45 Prozent den größten Anteil am Energiemix hat, gefolgt von Erdgas mit 21 Prozent.

Die Krux mit der erneuerbaren Energie

Wie die Forscher des Cambridge Centre for Alternative Science bereits im Jahr 2020 in einer Untersuchung errechnet haben, nutzen angeblich 76 Prozent der Miner erneuerbare Energien. Doch was auf den ersten Blick positiv klingt, entpuppt sich bei näherem Hinsehen nur als die halbe Wahrheit. Denn der Anteil des tatsächlich grünen Stroms ist mit 39 Prozent nur in etwa halb so groß.

Unter den 76 Prozent sind auch diejenigen Schürfer einbezogen, die erneuerbare Energien nur als Teil ihres Energiemixes nutzen. Erneuerbare Energiequellen wie Wasserkraft werden mit 16 Prozent des genutzten Stroms tatsächlich nur selten genutzt. Ebenso wie Kernenergie mit neun Prozent am Energiemix vertreten sind, liefern Solar- und Windenergie sogar nur mit zwei beziehungsweise fünf Prozent den benötigten Strom für Bitcoin-Mining.

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Weltweite Anstrengungen notwendig

Der ökologische Fußabdruck des weltweiten Bitcoin-Minings war im Zeitraum von 2020 bis 2021 1,4 Mal so groß wie die Fläche von Los Angeles. "Unsere Ergebnisse sollten uns nicht von der Nutzung digitaler Währungen abhalten. Stattdessen sollten sie uns ermutigen, in regulatorische Eingriffe und technologische Fortschritte zu investieren, die die Effizienz des globalen Finanzsystems verbessern, ohne der Umwelt zu schaden", sagt Professor Madani, Leiter der UN-Studie.

Allerdings können Studien wie diese aufgrund der löchrigen Datenlage nur schätzen, wie groß die CO2-Emissionen wirklich sind. Wo sich die Mining-Farmen genau befinden, welche Hardware benutzt oder welche Stromquelle angezapft wird, weiß niemand genau. Es ist jedoch anzunehmen, dass die CO2-Emissionen mittlerweile gestiegen sein dürften.

So betragen die geschätzten Emissionen laut dem Bitcoin Energy Consumption Index bereits knapp 37 Millionen Tonnen CO2. Eine einzelne Bitcoin-Transaktion würde demnach so viel Kohlenstoffdioxid verursachen wie rund 670.000 Kreditkarten-Überweisungen. Hinzu kommt der durch die Serverfarmen entstehende Elektroschrott. Dieser belaufe sich auf mehr als 11.000 Tonnen pro Jahr, so viel wie ganz Luxemburg verursacht.

Grüne Bitcoin möglich?

Lassen sich Bitcoin und Nachhaltigkeit überhaupt vereinen? Ein Ansatz könnte darin bestehen, die zugrundeliegende Technologie beim Mining zu ändern. Statt der Rechenleistung (Proof-of-Work) könnte Kryptogeld als seltene Ressource für die Herstellung von neuen Bitcoins eingesetzt werden (Proof-of-Stake).

Diese Methode verbraucht weniger Strom und wird etwa von der zweiten großen Kryptowährung Ethereum vorangetrieben. Doch unter Bitcoin-Anhängern spielte der Ansatz bisher kaum eine Rolle.

Ein anderer Ansatz könnte darin liegen, Mining-Farmen dort zu betreiben, wo genügend Strom aus regenerativen Quellen vorhanden ist, sagt Christian Stoll von der TU München. Auch ein staatlicher Eingriff wäre aus seiner Sicht vorstellbar.

"Auch wenn es bedeutendere Faktoren für den Klimawandel gibt: Der CO2-Fußabdruck ist so groß, dass er Anlass genug bietet, um über die Regulierung von Krypto-Mining an Standorten mit CO2-intensiver Stromproduktion zu diskutieren", so Stoll.

Verwendete Quellen
  • University of Wahsington: "The Political Geography and Environmental Impacts of Cryptocurrency Mining"
  • Washington Post: "Massive blackouts have hit Iran. The government is blaming bitcoin mining"
  • t3n.de: Schürfer im Kryptorausch: Bitcoin-Mining soll 1 Millionen Dollar pro Stunde bringen"
  • Focus.de: "Ein Rekordhoch nach dem anderen – doch die Bitcoin-Rallye hat eine schmutzige Seite"
  • Kryptoszene.de: "Das Bitcoin-Netzwerk emittiert so viel CO2 wie Las Vegas oder ganze Staaten"
  • BTC-Echo: "Unter Tage: China hebt illegale Bitcoin-Mining-Farm aus"
  • Energyload.eu: "76% der Krypto-Miner nutzen erneuerbare Energien"
  • University of Cambridge: "Cambridge Bitcoin Electricity Consumption Index"
  • oe24.at: "Das sind die Top-Länder beim Bitcoin-Schürfen"
  • gtai.de: "Kasachstan möchte weniger Kohle zur Energieerzeugung nutzen"
  • economictimes.indiatimes.com: "Bitcoin mining has 'very worrying' impacts on land & water: UN study"
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