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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Zwischen Freiheit und Kontrolle Wie viel Bargeld darf ich haben – und wann wird’s gefährlich?

Bargeld ist bei den Deutschen beliebt. Doch bald könnte es riskant werden, mit ein paar Tausendern den Handwerker zu bezahlen oder Schmuck zu kaufen.
Bargeld hat in Deutschland einen hohen Stellenwert. Es gilt als sicher, unkompliziert und verlässlich – und als Ausdruck persönlicher Freiheit. Wer seine Scheine lieber in der Brieftasche als auf dem Konto hat, muss sich bislang keine Sorgen machen.
Doch mit steigenden Anforderungen an die Transparenz und neuen Vorgaben zur Geldwäschebekämpfung gerät der Bargeldfreund zunehmend unter Druck. Die Politik – insbesondere auf EU-Ebene – will den Einsatz großer Bargeldsummen beschränken.
Warum ist Bargeld plötzlich ein solches Risiko? Und was müssen Verbraucherinnen und Verbraucher künftig beachten, um nicht ins Visier der Behörden zu geraten?
Was heute gilt: Bargeld besitzen ist erlaubt
Ob 50 Euro im Portemonnaie oder 50.000 Euro im Tresor: Der Besitz von Bargeld ist in Deutschland völlig legal. Es gibt keine Obergrenze dafür, wie viel Bargeld Sie mit sich führen oder zu Hause aufbewahren dürfen. Diese Freiheit ist im Alltag fest verankert und gesetzlich nicht eingeschränkt.
Anders sieht es jedoch aus, wenn Bargeld den Besitzer wechseln soll, also bei größeren Barzahlungen im Handel, beim Kauf eines Autos oder bei der Übergabe teurer Waren oder Dienstleistungen. Hier greifen klare gesetzliche Vorschriften, die das Ziel haben, Geldwäsche, Steuerhinterziehung und Terrorismusfinanzierung zu verhindern:
- Ab 3.000 Euro müssen Händler die Daten des Käufers erfassen – zur Dokumentation und möglichen Rückverfolgung.
- Ab 10.000 Euro wird es formeller: Der Käufer muss einen Ausweis vorlegen und außerdem nachweisen, woher das Bargeld stammt – etwa durch Kontoauszüge, Quittungen oder Schenkungsverträge.
- Auch Banken verlangen einen Herkunftsnachweis bei Bareinzahlungen über 10.000 Euro – und sogar schon darunter, wenn der Verdacht aufkommt, dass das Geld nicht aus legalen Quellen stammt.
- Wer Gold oder Edelmetalle anonym kaufen will, kann das nur noch bis zu einer Grenze von 2.000 Euro tun. Bei Summen, die darüber hinausgehen, ist eine Identifizierung Pflicht. Erfahren Sie hier, warum der Staat beim Goldkauf und -verkauf genauer hinschaut.
Was bedeutet das für Sie? Dass Sie zwar nach wie vor beliebig viel Bargeld besitzen dürfen – aber eben nicht ohne weiteres damit zahlen. Hinzu kommt: Was heute noch möglich ist, wird künftig noch stärker eingeschränkt.
Was sich ab 2027 ändert: Die EU zieht die Bargeldbremse
Ab dem 10. Juli 2027 tritt in der gesamten Europäischen Union eine neue Obergrenze für Barzahlungen in Kraft. Dann gilt: Mehr als 10.000 Euro in bar zu zahlen – etwa für ein Auto, ein Kunstwerk oder Gold – ist grundsätzlich verboten. Ausnahme: Privatverkäufe – etwa von Privatperson zu Privatperson (zum Beispiel beim Gebrauchtwagenkauf).
Ab 3.000 Euro müssen Kunden in Zukunft identifiziert werden – also bereits auch bei mittleren Bargeldbeträgen. Mitgliedsstaaten dürfen sogar noch strengere nationale Regeln erlassen – es könnte also auch Grenzen unterhalb von 10.000 Euro geben.
Diese Regeln sind Teil des neuen EU-Geldwäschepakets, das im Juli 2024 in Kraft getreten ist. Ziel ist es, den grenzüberschreitenden Kampf gegen Geldwäsche und Terrorismusfinanzierung zu vereinheitlichen – mit klaren Regeln, die in allen Mitgliedsstaaten gelten sollen.
- Bargeld verschenken: Diese Strafen drohen
- Herkunftsnachweis bei Bankgeschäften: Wie viel Bargeld dürfen Sie einzahlen?
Was bedeutet das für Sie? Wenn Sie etwa in naher Zukunft ein Boot, ein wertvolles Kunstwerk, eine neue Heizungsanlage für Ihr Haus oder ein Kilo Gold kaufen und dabei in bar zahlen möchten, sollten Sie dies vor dem Inkrafttreten der neuen Regelung erledigen. Denn ab 2027 wird derartige Barzahlung verboten sein – und könnte mit Geldbußen oder anderen Sanktionen geahndet werden.
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Warum die Bargeldobergrenze Kritik auslöst
So klar die Ziele der EU auch formuliert sind – nicht jeder hält die Bargeldobergrenze für sinnvoll oder praktikabel. Vor allem Verbände aus dem Mittelstand und dem Handwerk melden Zweifel an. Ihre zentrale Sorge besteht darin, dass die Freiheit des Zahlungsverkehrs eingeschränkt werden könnte, ohne dass messbare Vorteile entstehen.
- Kfz-Gewerbe: Der Zentralverband Deutsches Kfz-Gewerbe (ZDK) kritisiert die geplante EU-Regelung deutlich und lehnt sie ab. Besonders beim Gebrauchtwagenkauf sei die Barzahlung üblich und bewährt. Denn: Bei sogenannten Zug-um-Zug-Geschäften (Auto gegen Bargeld) sicherten sich beide Seiten rechtlich und praktisch ab – ohne das Risiko nicht gedeckter Überweisungen oder technischer Probleme beim Bezahlen. Zudem könne laut Verband ein starre Obergrenze durch gesplittete Zahlungen oder alternative Zahlungsmittel wie anonyme Wertkarten oder Kryptowährungen leicht umgangen werden.
- Gold- und Silberschmieden: Auch der Zentralverband der Deutschen Gold- und Silberschmiede sieht die neue Obergrenze kritisch. In seiner Branche sind Bargeldbeträge über 10.000 Euro keine Seltenheit – etwa beim Verkauf von Edelmetallen oder hochwertigem Schmuck. Schon heute müssten diese Transaktionen dokumentiert und an die Behörden gemeldet werden. Neu hinzugekommen ist seit 2024 die Pflicht, sich bei der Zentralstelle für Finanztransaktionsuntersuchungen (FIU) zu registrieren und bestimmte Vorgänge elektronisch zu melden. Für viele kleine Betriebe oder Soloselbstständige sei das ein bürokratischer Kraftakt – die Einführung einer generellen Bargeldobergrenze wäre aus Sicht des Verbands schlicht "dramatisch".
- Handwerk: Das deutsche Handwerk äußert sich ebenfalls skeptisch. Die zentrale Kritik: Alle Beteiligten – egal ob legal oder illegal – würden "über einen Kamm geschoren". Wer eine legale Barzahlung über 10.000 Euro tätige, gerate unter Generalverdacht. Dabei seien größere Bartransaktionen bei Bau- oder Sanierungsarbeiten keineswegs ungewöhnlich. Die Handwerksverbände befürchten, dass legitimer Zahlungsverkehr durch pauschale Regeln erschwert wird, während sich Kriminelle andere Wege suchen. Die Folge wäre aus ihrer Sicht: mehr Bürokratie – aber nicht unbedingt weniger Geldwäsche.
Fazit: Bargeld ist noch frei – aber nicht mehr folgenlos
Wer Bargeld liebt, darf es auch in Zukunft behalten – und zwar so viel, wie er oder sie will. Ob im Safe, im Portemonnaie oder im Kopfkissen: Der bloße Besitz von Bargeld bleibt legal und wird in Deutschland auch nicht begrenzt oder bestraft. Doch sobald es zur Zahlung oder zur Einzahlung auf ein Konto kommt, greifen zunehmend schärfere Regeln.
Tipps für die zukünftige Handhabung von Bargeld:
- Bewahren Sie für höhere Bargeldbeträge immer Belege über die Herkunft auf – zum Beispiel Kontoauszüge, Kaufquittungen oder Schenkungsverträge.
- Planen Sie größere Anschaffungen (etwa Autos, Kunst oder Gold) mit Blick auf die kommenden Regeln – und prüfen Sie Alternativen zur Barzahlung.
- Wenn Sie in bar bezahlen möchten, klären Sie im Vorfeld mit dem Händler, ob und unter welchen Bedingungen dies noch möglich ist.
- Lassen Sie sich nicht verunsichern: Ein legales, dokumentiertes Barvermögen ist auch künftig erlaubt.
- evz.de: "EU-weit einheitliche Bargeldobergrenze ab Sommer 2027"
- bafin.de: "Warum muss ich bei Bareinzahlungen einen Herkunftsnachweis vorlegen?"
- deutsche-handwerks-zeitung.de: "Ab 10.000 Euro keine Barzahlung mehr: Kritik aus dem Handwerk"
- kpmg-law.de: "Das EU-Geldwäschepaket schafft einen einheitlichen Rechtsrahmen"
- EUR-Lex: "Richtlinie (EU) 2024/1640 Des Europäischen Parlaments und Des Rates vom 31. Mai 2024 über die von den Mitgliedstaaten einzurichtenden Mechanismen zur Verhinderung der Nutzung des Finanzsystems für Zwecke der Geldwäsche oder der Terrorismusfinanzierung, zur Änderung der Richtlinie (EU) 2019/1937 und zur Änderung und Aufhebung der Richtlinie (EU) 2015/849"