12 Tipps für Menschen ab 45 So senken Sie Ihr Demenzrisiko um die Hälfte
Ist Demenz im Alter ein unabwendbares Schicksal? Nein. Fast die Hälfte aller Demenzerkrankungen lassen sich vermeiden, so die Deutsche Hirnstiftung.
Demenzerkrankungen nehmen weltweit zu. Das liegt zum einen an der steigenden Lebenserwartung, zum anderen aber auch daran, dass immer mehr Menschen einen ungesunden Lebensstil führen. Nach Ansicht der Deutschen Hirnstiftung liegt hier ein ungenutztes Potenzial. Denn fast jede zweite Demenzkrankheit wäre vermeidbar.
Entscheidend dafür ist, die Risikofaktoren für eine Demenzerkrankung zu reduzieren. Die "Lancet Commission", eine Forschungsgruppe des renommierten Wissenschaftsjournals "The Lancet", ergänzte kürzlich zwei neue Risikofaktoren für Demenz in ihrer Liste: einen hohen LDL-Cholesterinwert und den Verlust der Sehkraft. Hier aktiv anzusetzen, lohnt sich nach Ansicht von Prof. Dr. Kathrin Reetz, Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung, um bis ins hohe Alter geistig fit zu bleiben. Nun gibt es insgesamt 14 Risikofaktoren für die Entwicklung einer Demenz im höheren Alter.
14 Risikofaktoren für Demenz
Die aktuelle Liste der "Lancet Commission" umfasst folgende Risikofaktoren:
- Geringe Bildung
- Schwerhörigkeit
- Hohes LDL-Cholesterin
- Depression
- Hirntraumata (etwa durch Stürze oder Kontaktsportarten)
- Bewegungsarmut
- Diabetes mellitus
- Rauchen
- Bluthochdruck
- Fettleibigkeit
- Exzessiver Alkoholkonsum
- Soziale Isolation
- Luftverschmutzung
- Verlust der Sehkraft
Warum führt abnehmende Sehkraft zu Demenz?
"Menschen, die im Alter nicht mehr gut sehen, verlassen aus Angst vor Stürzen häufig nicht mehr die Wohnung, was zur sozialen Isolation beiträgt. Oft fällt auch das Lesen, das Teilnehmen an Gesellschaftsspielen, Handarbeiten oder Bewegung schwer – alles Dinge, die den Kopf fit halten", erklärt die Präsidentin der Deutschen Hirnstiftung. "Es ist daher wichtig, gerade bei betagten Menschen regelmäßig Sehtests durchzuführen und die Brillenstärke anzupassen."
Wann sollte die Demenzprävention beginnen?
Die Deutsche Hirnstiftung empfiehlt, möglichst früh mit der Prävention zu beginnen. "Auch wenn die 'Lancet Commission‘ nur einen der 14 Risikofaktoren, und zwar die geringe Bildung, in der Kindheit ansiedelt, sollte bereits im Kinder- und Jugendalter auf Bewegung, Vermeidung von Fettleibigkeit, Diabetes, Bluthochdruck und erhöhten Cholesterinwerten geachtet werden", so Prof. Reetz. Sie rät darüber hinaus dazu, Kinder vor Gehirnerschütterungen zu schützen, etwa dadurch, dass sie immer einen Helm beim Fahrradfahren tragen sollten.
"Insgesamt lässt sich aber sagen, dass die mittleren Lebensjahre zwischen 45 und 59 Jahren entscheidend für die Demenzprävention sind. Deswegen sollte die Prävention in jedem Fall ab Mitte 40 im Fokus stehen, denn hier lässt sich das Ruder noch herumreißen“, so Prof. Reetz.
Warum ist frühe Demenzprävention so wichtig?
Nach Angaben der Deutschen Hirnstiftung führen die Risikofaktoren zu Gefäßschäden, Stress- und Entzündungsreaktionen im Körper. So könne etwa ein zu hoher LDL-Cholesterinwert in den mittleren Lebensjahren Gefäßverkalkungen (Atherosklerose) begünstigen. Damit steige nicht nur das Risiko für eine spätere Demenz, sondern auch für Gefäßverengung und Herzinfarkt sowie für Schlaganfälle. Und dieser Effekt ist den Experten zufolge langfristig. "Es gibt also viele Gründe, dies anzugehen", sagt die Präsidentin der Hirnstiftung.
Werden die Risikofaktoren behandelt oder vermieden, können Sie die geistige Funktions- und Leistungsfähigkeit des Gehirns (kognitive Reserve) stärken und die zugrundeliegenden Krankheitsmechanismen reduzieren. Durch dieses komplexe Zusammenspiel kann das Auftreten einer Demenz verhindert oder verlangsamt werden.
In der Lebensmitte: 12 Tipps das Demenzrisiko zu reduzieren
Aus der Liste der Risikofaktoren lassen sich laut Deutscher Hirngesellschaft ganz konkrete Tipps für den Alltag von Menschen ab 45 Jahren ableiten, mit denen Sie Ihr eigenes Demenzrisiko deutlich reduzieren können:
- Hören verbessern: Regelmäßig einen Hörtest machen und bei Bedarf eine Schwerhörigkeit durch ein Hörgerät ausgleichen.
- Cholesterin senken: Leiden Sie an einem hohen LDL-Cholesterinspiegel sollten Sie auf eine cholesterinarme Ernährung achten und sich möglichst viel bewegen. Lassen Sie zudem regelmäßig im Rahmen der "Check-up"-Untersuchungen, die die Krankenkassen empfehlen, das Cholesterin (insbesondere das LDL-Cholesterin) messen. Bei einer krankhaften Erhöhung, die nicht mit Ernährung oder Sport in den Griff zu bekommen ist, sollten lipidsenkende Medikamente (sogenannte Statine) erwogen werden. Sprechen Sie mit Ihrer behandelnden Ärztin oder Ihrem behandelnden Arzt.
- Depression behandeln: Bei Schwermütigkeit und über Wochen anhaltender depressiver Stimmung mit der Hausärztin oder dem Hausarzt sprechen. Eine Depression ist behandelbar.
- Hirntraumata vermeiden: Besonders bei Risikosportarten wie etwa Boxen oder Skifahren sollten Sie immer einen Kopfschutz tragen.
- Regelmäßig bewegen: Das Sprichwort sollte besser heißen: Kein Sport ist Mord. Zwei- bis dreimal pro Woche sollten Sie sich mindestens 30 Minuten moderat bewegen. Neben Sport im Verein oder Fitnessstudio eignen sich dafür auch schnelles Spazierengehen, Tanzen oder regelmäßige Gartenarbeit.
- Blutzucker senken: Bei der regelmäßigen "Check-up"-Untersuchung wird der Blutzucker gemessen. Bei erhöhten Blutzuckerwerten kann man durch die Ernährung und durch regelmäßige Bewegung gegensteuern. Wird ein Diabetes mellitus festgestellt, muss dieser medikamentös behandelt werden.
- Mit dem Rauchen aufhören: Viele Krankenkassen bieten Entwöhnungsprogramme an, auch Nikotinpflaster können übergangsweise helfen.
- Blutdruck senken: Lassen Sie bei jedem Arztbesuch Ihren Blutdruck kontrollieren. Liegen die Werte über 140/90 mm Hg (Bluthochdruck) muss der Blutdruck meistens medikamentös gesenkt werden. Ein erhöhter Blutdruck, der noch unter diesem Schwellenwert liegt, lässt sich oft durch einen gesünderen Lebensstil in den Griff bekommen.
- Übergewicht vermeiden: Wer übergewichtig ist, sollte eine Gewichtsreduktion anstreben. Viele Krankenkassen bieten ihren Versicherten dafür spezielle Coachings an, in denen sie eine Ernährungsberatung und Motivation für ein aktiveres Leben erhalten.
- Alkohol vermeiden: Für den größten Gesundheitsvorteil sollten Sie Ihren Alkoholkonsum auf ein Minimum reduzieren oder Alkohol ganz vermeiden. Denn Alkohol ist ein Nervengift und richtet bei regelmäßigem Konsum irreparable Schäden an – auch im Gehirn. (Lesen Sie hier mehr zu der neusten Empfehlung zum Alkoholkonsum)
- Raus aus der sozialen Isolation: Statt allein vor dem Fernseher zu sitzen oder im Internet zu surfen, sollten Sie unter Menschen gehen. Ob Museumsbesuch, Lesung, Kaffeetrinken mit Freunden und Freundinnen oder Sportverein: Immer, wenn Sie mit Menschen interagieren, ist das aktives Hirntraining.
- Sehen verbessern: Regelmäßig einen Sehtest machen und bei Bedarf eine Fehlsichtigkeit durch eine Brille oder Kontaktlinsen ausgleichen.
Demenz und Schlaf: Wie hängen sie zusammen?
Es gibt einige Hinweise darauf, dass auch Schlafmangel und ein verkürzter Tiefschlaf das Risiko für eine Demenz erhöhen kann. Denn im Schlaf scheint sich das Gehirn von schädlichen Substanzen zu reinigen – unter anderem auch von Amyloid-beta und Tau, also Proteinen, deren Ansammlungen im Gehirn als eine der möglichen Ursachen für Alzheimer gelten. Es wird angenommen, dass ein gestörter Schlaf diesen Reinigungsprozess behindern könnte.
Allerdings gibt es bisher nicht genügend Ergebnisse, um diese Annahme sicher zu bestätigen. Derzeit sind sich die Forscher nicht sicher, wie Schlaf und Demenz zusammenhängen. Erhöht schlechter Schlaf das Demenzrisiko oder führt Demenz zu schlechtem Schlaf? Es sind weitere Untersuchungen erforderlich, um den Zusammenhang zwischen schlechtem Schlaf und Demenz zu verstehen.
"Alles in allem lässt sich daraus folgende Faustregel ableiten: Ernähren Sie sich gesund und bewegen Sie sich viel und regelmäßig, meiden Sie Alkohol und Zigaretten, suchen Sie soziale Kontakte und gehen Sie alle zwei Jahre zum hausärztlichen Check sowie zum Seh- und Hörtest, um mögliche Demenz-fördernde Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und behandeln zu lassen. Das zahlt sich aus: Auf diese Weise halbieren Sie nicht nur Ihr Demenzrisiko, sondern senken auch gleichzeitig Ihr Risiko für gefährliche Herz- und Gefäßerkrankungen oder Krebs", erklärt Prof. Reetz von der Deutschen Hirnstiftung.
- Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
- Pressemitteilung der Deutschen Herzstiftung
- alzheimers.org.uk: "Sleep and the risk of dementia". (Abrufdatum: September 2024; englisch)