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Corona-Endspurt? Welche Spuren die Pandemie hinterlassen wird


Maßnahmen aufgehoben
Spaltet die Maskenfrage die Gesellschaft?


10.04.2022Lesedauer: 4 Min.
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Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

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Maske im Supermarkt: Das Ende der Maskenpflicht spaltet die Gesellschaft.Vergrößern des Bildes
Maske im Supermarkt: Das Ende der Maskenpflicht spaltet die Gesellschaft. (Quelle: Rolf Poss/imago-images-bilder)

Ist Corona bald vorbei? Vor einer Woche wurde die Maskenpflicht weitgehend aufgehoben. Die Nach-Corona-Normalität scheint zu kommen. Wie gehen wir damit um und was bleibt von der Pandemie?

Keine Masken, aber angeordnete Isolation. Weniger verpflichtende Tests, aber keine Impfpflicht. Die Politik sendet widersprüchliche Signale, in welcher Phase der Corona-Epidemie wir uns hierzulande befinden.

Aber alle Zeichen scheinen auf Endspurt zu stehen. Doch die neue Normalität will sich vielerorts noch nicht einstellen. t-online fragte den Sozialpsychologen Dieter Frey, wie er die kommenden Wochen, Monate und Jahre beurteilt: Was kommt nach Corona?

t-online: Herr Frey, Anfang der Woche fiel die Maskenpflicht in vielen Bundesländern. Masken werden uns aber nicht verlassen, bestimmte Gruppen werden sie weitertragen, oder?

Dieter Frey: Ja, ich rechne damit, dass sich auch langfristig zwei Gruppen ausbilden werden, ich nenne sie mal Team Freiheit und Team Sicherheit. In das Team Freiheit zählen vor allem die jungen Leute.

Die Älteren und Vulnerablen werden eher das Team Sicherheit sein. Diese Menschen führen auch nach der Aufhebung der staatlich verordneten Regeln ihre eigenen Schutzmaßnahmen weiter.

Ist die eine Gruppe größer als die andere?

Ich rechne eher mit 50 Prozent auf jeder Seite.

Sind Sie da eher positiv oder negativ gestimmt? Kann es sein, dass Maskenträger demnächst in den Supermärkten angepöbelt werden, weil die eine Gruppe nicht mehr an Corona erinnert werden will?

Sicher, das kann passieren. Die Corona-Zeit war für viele eine Zeit unter Dauerstress. Nun wollen sie sie einfach nur noch hinter sich lassen und Masken erinnern daran, dass Corona nun eben auch nicht vorbei ist. Eine Epidemie beendet man ja nicht mit einem bestimmten Tag. Daher kann es schon auch zu Aggressionen, Pöbeleien oder Frotzeleien zwischen den beiden Gruppen kommen.

Aber dieses Freund-Feind-Denken bringt uns natürlich nicht weiter. Hier ist Rücksicht und Toleranz gefragt. Sorglosigkeit kann man niemandem verordnen und dafür gibt es auch keinen Grund. Verantwortung auch für andere – etwa die Großeltern – wird wichtig bleiben.

Dieter Frey
Dieter Frey (Quelle: privat)


Dieter Frey ist emeritierter Professor für Sozialpsychologie an der Ludwig-Maximilians-Universität München.

Aber die Frage, ob jemand die Maske weiter trägt oder nicht, hat schon Potenzial zur Spaltung, oder?

Ja, das dürfen wir aber nicht zulassen. Der Umgang mit der Pandemie und zum Beispiel die Frage, ob jemand geimpft ist oder die Impfung ablehnt, hat schon zu genug Spaltung in der Gesellschaft geführt. Nun ist gegenseitige Rücksichtnahme nötig.

Übrigens auch am Arbeitsplatz. Chefs sollten das klar kommunizieren, dass jedem freigestellt ist, Maske zu tragen oder eben nicht. Und ich hoffe natürlich, dass die Chefs auch sagen, dass die Rücksichtnahme auf diejenigen, die gefährdet sind, auch am Arbeitsplatz groß sein sollte.

Wie finden wir denn zurück in eine Nach-Corona-Normalität? Wann zum Beispiel werden wir uns denn wieder die Hand geben? Ein Handschlag gehört ja eigentlich zu unserer Kultur…

Ich denke, der Handschlag kommt über Jahre nicht so zurück, wie er früher mal war. Wir haben uns an Abstände gewöhnt und viele finden das auch gar nicht schlecht.

Das wird sicher eine Nachwirkung von Corona sein, dass wir mehr Abstand wahren und Fremde weniger berühren. Aber in der engen Freundesgruppe wird sich die Normalität schnell wieder herstellen.

Was bleibt darüber hinaus?

Der Augenkontakt. Durch die Masken waren wir gezwungen, über die Augen herauszufinden, wie das Gegenüber gestimmt ist. Damit wurde der Augenkontakt sehr wichtig und das wird auch so bleiben.

Wie geht es den Kindern? Sie waren nun über zwei Jahre gezwungen, Abstände zu wahren, sich und andere zu schützen. Wie prägend ist das?

Kinder haben in ihrer Entwicklung eigentlich zwei Jahre verloren. Sie brauchen im Besonderen Kontakt und Nähe, um sich zu entfalten. Aber ich denke, dass Kinder schnell in die Nach-Corona-Normalität zurückkehren. Da bin ich optimistisch. Sie haben viel auf- und nachzuholen. Ich rechne für das Gros der Kinder nicht mit bleibenden Störungen.

Aber jetzt sind Eltern, Lehrer und Erwachsene gefragt, den Kindern gute Rahmenbedingungen für ihre weitere Entwicklung zu bieten. Es sollte deshalb Tabu sein, wie in manchen Wohngegenden, dass man vorschreibt: "Kinder zwischen 13 und 14 Uhr hier verboten." Und wichtig wäre es auch, die Rückkehr in die Sportvereine zu erleichtern.

Haben wir menschliche Nähe nicht doch teilweise verlernt?

Das glaube ich nicht. Wir müssen uns nur wieder an sie gewöhnen. Man tastet sich wieder heran, geht vielleicht irgendwann mal wieder ins Restaurant oder Kino ohne Maske. Das geht schrittweise.

Was bleibt denn von Corona? Vorausgesetzt natürlich, wir stehen im Herbst nicht wieder vor einer neuen schweren Welle. Haben wir nur schlechte Erinnerungen an Homeoffice, Zoom-Konferenzen, Isolierung?

Ich glaube, dass viele diese Zeit auch als bereichernd erlebt haben. Man war gezwungen, sich auf sich selbst und die eigene Familie zu konzentrieren, hatte Zeit für Dinge, für die man sonst schwer Zeit gefunden hat. Es gab unter Corona auch Zeit und Möglichkeit für Selbstverwirklichung. Auch diese Erinnerung wird bleiben.

Herr Frey, wir danken Ihnen für das Gespräch!

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
Verwendete Quellen
  • Interview mit Dieter Frey
  • Eigene Recherche
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