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Kinderwunsch: Umstrittene Messe in Berlin


Kritik am Geschäft mit der Hoffnung
Kinderwunsch-Messe in Berlin ist rechtlich umstritten

dpa, Gisela Gross

17.02.2017Lesedauer: 3 Min.
Kinderwunsch: Für das Wunschkind nehmen ungewollt kinderlose Paare vieles auf sich - notfalls auch Behandlungen, die in Deutschland unzulässig sind.Vergrößern des BildesFür das Wunschkind nehmen ungewollt kinderlose Paare vieles auf sich - notfalls auch Behandlungen, die in Deutschland unzulässig sind. (Quelle: Thinkstock by Getty-Images-bilder)
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Eine Messe in Berlin soll Paaren mit unerfülltem Kinderwunsch helfen – auch mit Angeboten, die in Deutschland verboten sind. Das sind die Einwände der Kritiker.

Wohlgenährte rosa Wonneproppen zieren Webseite und Plakate der Messe. Ein Baby! Das ist der Herzenswunsch vieler Paare, bei denen es auf natürlichem Wege mit dem Nachwuchs nicht klappen will. Die "Kinderwunschtage" am 18. und 19. Februar sind nach Veranstalter-Angaben die erste Publikumsmesse zu dem Thema. Betroffene können sich dort über die Möglichkeiten der Medizin informieren. Doch schon im Vorfeld gab es Kritik.

Kritik an Werbung für Leihmutterschaft

Denn auf der Messe präsentieren sich zahlreiche ausländische Kliniken, die in Deutschland illegale Verfahren anbieten. Eizellenspenden und Leihmutterschaft etwa. "Das ist eine Werbeveranstaltung, von der gerade für Patienten keine sachlichen Informationen zu erwarten sind", sagt der Berliner Landesvorsitzende des Berufsverbands der Frauenärzte, Matthias Bloechle.

Vierlinge mit 65? In anderen Ländern wird der Wunsch erfüllt

Dabei gibt es schon länger Anzeichen, dass sich Paare von Verboten kaum abhalten lassen, wenn sie unbedingt ein Kind wollen. Viel diskutiert wurde vor zwei Jahren etwa der Fall einer 65-jährigen Berlinerin, die Vierlinge zur Welt brachte und sich von Fernsehkameras begleiten ließ. Ihre späte Schwangerschaft war durch Samen- und Eizellenspenden in der Ukraine möglich geworden.

Der Deutsche Ethikrat will sich im März bei einer Veranstaltung mit dem "reproduktiven Reisen" und Konsequenzen in Deutschland beschäftigen.

"Wir haben viele Leute aus dem Ausland, auch aus Deutschland", sagt Craig Reisser von den US-Fruchtbarkeitszentren Oregon Reproductive Medicine aus Portland, die sich in Berlin präsentieren wollen. Wie viele Deutsche zu Kinderwunschbehandlungen verreisen, wird aber nirgends erfasst. 1000 bis 3000 Paare seien es wohl, schätzt Ulrich Hilland, Vorsitzender des Bundesverbandes Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands (BRZ).

Lücke zwischen Gesetz und medizinischen Möglichkeiten

In Deutschland stoßen die "Kinderwunschtage" in die Lücke zwischen medizinischen Möglichkeiten und Gesetzgebung. Gerade bei der verbotenen Eizellenspende fordern manche Fachleute schon länger eine Lockerung. "Das Verbot ist nicht mehr zeitgemäß", sagt Hilland. Es sei aber wichtig, Paare gut über Risiken aufzuklären und sicherzugehen, dass Kinder eines Tages die Spenderin ausfindig machen können - anders, als es im Ausland in der Regel der Fall ist.

Vermittlung illegaler Methoden ist strafbar

Dorthin aber bauen die Messe Paaren nun die Brücke, ausdrücklich auch Homosexuellen. Nur liquide müssen sie sein. Eine Eizellenspende im mittleren Preissegment koste in den USA zwischen 40.000 und 45.000 Dollar (37.000 und 42.000 Euro), inklusive Behandlung sowie Vergütung für die Spenderin, rechnet Reisser vor. Günstiger sind Kliniken in Spanien, Polen oder Tschechien. Diese gelten bei Deutschen bislang als die gängigeren Ziele.

Die Veranstalter wissen um die rechtliche Problematik. Wie deren Berater, Rechtsanwalt Holger Eberlein, sagt, könnten Ärzte wegen Beihilfe belangt werden, wenn sie über verbotene Verfahren mehr als nur informieren würden. Die Messe bemüht sich daher um einen wissenschaftlichen Charakter und hat einen umfassenden Seminarplan.

Ein Geschäft mit der Hoffnung

"Ich sehe das mit gemischten Gefühlen", sagte Reproduktionsmediziner Hilland. "Infos sollte man weitergeben dürfen" - aber er sieht einen hohen Grad an Kommerzialisierung, besonders bei den US-Einrichtungen. "Da ist die Frage, wie weit will man es mit den Hoffnungen von Paaren treiben?" Der Bundesverband Reproduktionsmedizinischer Zentren Deutschlands habe sich daher gegen einen Stand bei den Kinderwunschtagen entschieden.

Veranstalter ist eine Firma aus Großbritannien, die dort seit einigen Jahren mit "Shows" am Markt ist - Gesundheitsmessen für Produkte und Leistungen zu Themen wie Allergien oder eben Fruchtbarkeit. Sie will in einer Zeit, in der Betroffene in der Info-Flut im Internet leicht die Orientierung verlieren, mit persönlichem Kontakt punkten.

Viele kinderlose Paare warten zu lange

Der Markt hierzulande hat jedenfalls Wachstumspotenzial: Bislang lassen sich viele Kinderlosen gar nicht oder erst sehr spät auf Kinderwunschbehandlungen ein wie es in einer Studie des Bundesfamilienministeriums heißt.

Daten aus dem sogenannten IVF-Register zeigen: Wenn Patientinnen eine künstliche Befruchtung vornehmen lassen, sind sie inzwischen im Schnitt 35,2 Jahre alt - etwa 2,5 Jahre älter als Patientinnen 1997. Die besonders fruchtbare Zeit ist bei Frauen mit Mitte 30 allerdings schon um Jahre überschritten. Wenn es dann zum Beispiel auch im Reagenzglas nicht klappt, kann es für eine Adoption im Inland zu spät sein. Und was bleibt dann - außer aufgeben oder dem Weg ins Ausland?

Transparenzhinweis
  • Die Informationen ersetzen keine ärztliche Beratung und dürfen daher nicht zur Selbsttherapie verwendet werden.
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