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"Goldener Windbeutel": Diese Produkte täuschen Verbraucher besonders dreist


Wahl zum "Goldenen Windbeutel"
Dreisteste Werbelüge 2021: Diese Produkte sind nominiert

  • Claudia Zehrfeld
Von Claudia Zehrfeld

Aktualisiert am 18.11.2021Lesedauer: 4 Min.
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Wahl zum "Goldenen Windbeutel": Welches Produkt holt sich 2021 den Preis?Vergrößern des Bildes
Wahl zum "Goldenen Windbeutel": Welches Produkt holt sich 2021 den Preis? (Quelle: Hersteller, Smileus, iStockphoto/getty-images-bilder)

Von wegen Klimaschutz: Foodwatch kritisiert fünf Lebensmittel, die Verbraucher besonders dreist täuschen. Darunter Produkte von Volvic, Katjes und Rewe.

Biologisch abbaubare Kaffeekapseln, ein plastikfrei verpackter Proteinriegel und gesunde Süßigkeiten – klingt zu schön, um wahr zu sein? Das ist es laut der Verbraucherorganisation Foodwatch auch, zumindest bei einigen Produkten. Sie werben den Angaben zufolge mit Versprechen, die sie nicht halten können.

Für besonders dreiste Werbelügen verleiht die Organisation einmal im Jahr den Negativpreis "Goldener Windbeutel". Dieses Mal hat Foodwatch fünf Lebensmittel nominiert, die sich fast alle besonders klima- und umweltfreundlich geben, es aber aus Sicht der Organisation nicht sind. Verbraucher können ab heute abstimmen, von welchem Produkt sie sich besonders getäuscht fühlen.

Die Kandidaten im Überblick:

Das sind die Nominierten für den "Goldenen Windbeutel 2021"

1. "Volvic Natürliches Mineralwasser" von Danone

Die Flasche des Volvic-Wassers ist mit einem "Klimaneutral zertifiziert"-Label ausgestattet. Dabei ist das Wasser laut Foodwatch alles andere als vorbildlich. "Die Flaschen werden größtenteils per Lkw aus Frankreich nach Deutschland transportiert", kritisiert die Organisation. Zudem würden Einweg-Plastik-Flaschen der Umwelt stärker als Mehrwegflaschen schaden. Und im Vergleich zu Leitungswasser emittiere das Volvic-Wasser ein Vielfaches an CO2.

Danone hingegen kann den Vorwurf von Foodwatch nicht nachvollziehen. "Wir verwenden für Volvic die ökologisch sinnvollste Verpackung, eine zu 100 Prozent recycelbare PET-Einwegpfandflasche, die zu 100 Prozent aus Altplastik besteht", heißt es in einem Statement des Unternehmens. Außerdem sei Volvic von The Carbon Trust klimaneutral in Scope 1, 2 und 3 zertifiziert, da Danone CO2-Emissionen kontinuierlich reduziere und die Restemissionen kompensiere.

2. "Mövenpick Green Cap Kaffeekapseln" von J.J. Darboven

Die Mövenpick-Kaffeekapseln präsentieren sich als "kompostierbar" und "biologisch abbaubar". Foodwatch macht darauf aufmerksam, dass quasi die gesamte abfallverarbeitende Industrie kompostierbares Plastik in der Biotonne grundsätzlich ablehnt. Abfallunternehmen können es weder recyceln noch kompostieren, stattdessen müssen sie es verbrennen. "Dadurch sind sie in der Umweltbilanz nicht besser als normales Plastik", so die Verbraucherschützer.

Eine Unternehmenssprecherin des Herstellers der Caps berichtet t-online, dass man bei der Markteinführung der Green Caps im Juli 2020 davon ausgegangen sei, dass sich der Entsorgungsweg in Deutschland positiv weiterentwickeln wird. "Es ist und war der richtige Weg in eine nachhaltigere Richtung, aber die aktuelle Situation der Entsorgungswege in Deutschland ist auch aus unserer Sicht unbefriedigend." Man arbeite an einer anderen Lösung.

3. "Katjes Wunderland Fruchtgummis"

Die Fruchtgummis von Katjes haben einen Zuckeranteil von 60 Prozent. Das Unternehmen präsentiert sie allerdings so, als seien sie gesund. Die Süßigkeit enthält zugesetzte Vitamine, für ein vermeintlich "besseres Naschen". Dadurch verleite Katjes zum Süßigkeitenkonsum und verschleiert den hohen Zuckergehalt, wertet Foodwatch.

Zudem richte sich die Aufmachung der Verpackung mit Einhorn und dem Namen Wunderland an Kinder – gemäß den Empfehlungen der WHO für Kindermarketing sollte dies bei Süßigkeiten aber vermieden werden. Zur Nominierung für den Schmähpreis hat sich Katjes bisher nicht geäußert.

4. "Clean Protein Bar von Naturally Pam by Pamela Reif"

Die Verpackung dieser Riegel soll plastikfrei, biologisch abbaubar und umweltfreundlicher als konventionelles Plastik sein. So bewirbt sie zumindest Fitness-Influencerin Pamela Reif. Auf dem Produkt wird dies durch frei erfundene Logos hervorgehoben.

"Tatsächlich handelt es sich jedoch um eine Plastik-Folie, die weder kompostiert noch recycelt wird, sondern als Plastikmüll in der Müllverbrennung landet", moniert die Verbraucherorganisation. Auch in der Natur würde die Folie demnach – wenn überhaupt – nur sehr langsam abgebaut.

Das Unternehmen Naturally Pam gibt zu, dass die Verpackung in den meisten Kompostanlagen nicht kompostierbar ist. "Das ist richtig, und auch auf unserer Website so zu finden", sagt Geschäftsführer Jannik Stuhlmann. Momentan werde es in den Anlagen nicht kompostiert, aber theoretisch sei dies möglich. "Wir finden, jemand muss den ersten Schritt wagen, ansonsten ändern sich die Systeme nie. Wo keine Nachfrage, da auch keine Änderung."

Er erklärt außerdem, dass die Folie aus Zellulose (Zellstoff von Bäumen) und PLA (aus Zuckerrohr oder Mais) besteht. Das Unternehmen bezeichnet sie als "plastikfrei", weil sie die Guidelines von "aplasticplanet.com", einem Zertifizierer für plastikfreie Produkte, erfülle. Allerdings ist das Produkt bei diesem Anbieter nicht registriert.

5. "Wilhelm Brandenburg Hähnchen-Brustfilet" von Rewe

Foodwatch wirft Rewe vor, bei diesem Fleisch falsche CO2-Zertifikate zu nutzen und es so klimaneutral zu rechnen. Rewe finanziert im Gegenzug für die Fleischproduktion in Peru ein Klimaschutzprojekt. Laut einer Recherche im Auftrag von Foodwatch schütze dieses Tam-bopata-Projekt allerdings den dortigen Wald und damit auch das Klima nicht.

"Zum Ausgleich von Emissionen soll Wald geschützt werden – stattdessen werden im Projektgebiet in Peru Bäume zerstört", so die Organisation. Damit sei der Aufdruck "klimaneutral" falsch.

Ein Pressesprecher von Rewe sagt t-online zu der Nominierung: "Es ist für unser Unternehmen völlig intransparent, worauf Foodwatch die Nominierung und die damit verbundene Kritik stützt." Für die erhobenen Vorwürfe gebe es in dem Schreiben, mit dem Foodwatch Rewe über den Schmähpreis in Kenntnis gesetzt hat, keinerlei Belege.

"Goldener Windbeutel": Hier können Sie abstimmen

"Klimakrise, Abholzung und Plastik-Müllberge: Unsere Ernährungsweise hat ihren Anteil an den riesigen Problemen, vor denen wir heutzutage stehen", sagt Manuel Wiemann von Foodwatch. "Aus dem Bedürfnis von Verbrauchern und Verbraucherinnen nach mehr Nachhaltigkeit will die Lebensmittelindustrie jetzt Kasse machen und vermarktet ihre Produkte als Rettung für Umwelt und Klima. Viele Werbeversprechen entpuppen sich als dreiste Lüge."

Aus den fünf Kandidaten können Verbraucher ihren Favoriten für den Schmähpreis wählen. Das ist möglich auf www.goldener-windbeutel.de.

Die Abstimmung geht bis zum 12. Dezember. Dem Hersteller des Produkts mit den meisten Stimmen will Foodwatch im Anschluss den Negativpreis am Firmensitz überreichen.

Foodwatch engagiert sich seit langem gegen Verbrauchertäuschung und fordert verbesserte Kennzeichnungsregeln. Obwohl im EU-Lebensmittelrecht allgemein ein Verbot von Täuschung festgeschrieben sei, könnten in der Praxis Hersteller dennoch oft ganz legal mit falschen Aussagen für ihre Produkte werben.

"Goldener Windbeutel" wird zum elften Mal verliehen

Foodwatch verleiht seit 2009 den "Goldenen Windbeutel", 2021 zum elften Mal. Bisherige Preisträger waren unter anderem der Trinkjoghurt Actimel von Danone (2009), die Milch-Schnitte von Ferrero (2011) und das "Smart Water" von Coca-Cola (2018).

Vergangenes Jahr gewann der Käsereikonzern Hochland für seinen Grünländer Käse, der mit "Milch von Freilaufkühen" warb, obwohl die Tiere im Stall standen. Hochland änderte daraufhin die Verpackung. Nominiert waren auch Produkte von Zentis und Mars.

Verwendete Quellen
  • Pressemitteilung Foodwatch
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