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Bialowieza Nationalpark: Wo die wilden Bisons wohnen


Urlaub Polen
Wo die wilden Bisons wohnen

dpa-tmn, Arnd Petry, dpa

28.06.2011Lesedauer: 4 Min.
Im Bialowieza Nationalpark verstecken sich die größten Säugetiere Europas: Wisente oder auch Europäische Bisons bekommt man meist nur in der Dämmerung zu Gesicht.Vergrößern des BildesIm Bialowieza Nationalpark verstecken sich die größten Säugetiere Europas: Wisente oder auch Europäische Bisons bekommt man meist nur in der Dämmerung zu Gesicht. (Quelle: Polnisches Fremdenverkehrsamt/dpa/tmn)
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Auf der Welt gibt es immer weniger Urwälder. Einer der letzten liegt gar nicht weit weg: Der Bialowieza Nationalpark an der Grenze von Polen und Weißrussland beheimatet neben jahrhundertalten Baumriesen viele gefährdete Tierarten - unter anderem das größte Säugetier Europas, das allerdings sehr scheu ist und sich nicht gerne blicken lässt: Das Europäische Bison verdankt dem Nationalpark sein Dasein, ohne ihn wäre es längst ausgestorben. Sehen Sie Polens Urwald auch in unserer Foto-Show.

Das Tor zum Allerheiligsten des Parks

Irek Smercynski drückt das schwere Holztor auf. Hier beginnt das Allerheiligste des Nationalparks - das "Strenge Schutzgebiet", das Besucher nicht ohne Fremdenführer betreten dürfen. Hier beginnt der Wald, der wie aus der Zeit gefallen scheint. Ein Wald, in dem Wölfe, Luchse und die größten Säugetiere Europas leben und mit ihnen viele Pflanzen, Pilze und Tiere, die andernorts längst ausgestorben sind. Über den Köpfen der Reisegruppe breiten einige der höchsten Bäume des Kontinents ihre Kronen aus.

"Die Bäume laufen nicht weg."

"Jetzt ist es eigentlich zu spät. Um Tiere zu sehen, hätten wir früher starten müssen", stellt Irek um sieben Uhr klar. Der hagere Mittdreißiger lebt seit seiner Kindheit im abgelegenen Bialowieza und arbeitet neben seinem Job an der Geobotanischen Station der Universität Warschau als Fremdenführer. "Aber für den Primärwald reicht es", sagt er, "die Bäume laufen nicht weg." Sie fallen nur irgendwann um.

Eichen so hoch wie ein Haus mit zwölf Etagen

Und das ist auf den ersten Blick der größte Unterschied zu Forstwäldern. Im Urwald von Bialowieza liegen meterdicke Stämme herum. Eichen, Linden und Ulmen, die alt wurden und standen, bis sie ein Sturm zu Fall brachte. Tannen und Eichen werden so hoch wie ein zwölfstöckiges Haus. Ahorn, Hainbuche und Linde schaffen zuverlässig die 30-Meter-Marke. "Ein Drittel der Bäume ist mehr als 150 Jahre alt", berichtet Irek.

Zwei Meter dicke Stämme

Wir stehen an einer Lichtung. "Wenn ein stürzender Baum eine Lücke in das Blätterdach reißt, beginnt ein Wettlauf", erklärt Irek. "Die jungen Bäume wachsen dann so schnell es geht. Wer es zuerst nach oben schafft und den anderen mit den Blättern das Licht nimmt, überlebt." Die Folge: Die Eichen hier sehen anders aus als ihre knorrigen Artgenossen, die mit riesigen Kronen auf freier Fläche wachsen. Die bis zu zwei Meter dicken Stämme der Waldeichen gleichen Säulen. Äste und eine Krone wachsen erst ab einer Höhe von 15 Metern. Dieser Wuchs hat seinen Preis: Die Baumriesen im Bialowieza-Wald gehen bereits im besten Eichen-Alter von 500 Jahren zu Boden.

Spechte klingen wie Maschinengewehre

Harte, hohl klingende Trommelschläge hallen durch den Wald, so schnell geschlagen, dass man glauben könnte, irgendwo ballere ein Maschinengewehr. Sie kommen von links, von oben, von weit weg. "Hier leben alle in Europa vorkommenden Spechtarten", erläutert Irek. "Die morschen Stämme der vielen alten Bäume bieten ihnen ideale Nistbedingungen."

Pilze deuten das Ende der Bäume

Von den Massen an morschem Holz profitieren auch die Pilze. Rund 3500 Pilzarten haben Biologen im Bialowieza Wald nachgewiesen. Viele von ihnen sind unscheinbar, einige jedoch bringen Farbe in die grüne Dämmerwelt am Waldboden. Aus einem Riss in der Rinde einer Eiche quellen in mehreren Lagen die orange und gelb leuchtenden Fruchtkörper des Schwefelporlings. Der Pilz ist das Zeichen des kommenden Niedergangs. Er wird den Stamm mürbe machen. Später kommen die Spechte und Insekten und irgendwann, vielleicht erst in 50 Jahren, erledigt der Wind den Rest.

Das Wappentier: Das Europäische Bison

56 Säugetierarten leben hier - bis auf Bären eigentlich alles, was ein europäischer Wald bieten kann. Ein Auszug aus der Liste: Dachse, Otter, Biber, Luchse, Wölfe, Rothirsche, Elche und - das Wappentier des Nationalparks - das Europäische Bison oder Wisent. Die massigen Wildrinder sind der Grund dafür, dass es der Bialowieza-Wald durch die Jahrhunderte geschafft hat.

Todesstrafe auf das Wildern der Bisons

Schon vor rund 600 Jahren reservierten sich polnische Könige die bis zu 900 Kilo schweren, mannshohen Wisente für ihre Trophäenwand. Zum Schutz der Tiere wurde das Abholzen der Bäume verboten. Die russischen Zaren, die hier zwischen 1795 und 1918 das Sagen hatten, machten den Bialowieza-Wald zu ihrem Privatbesitz. Auf das Wildern der Wisente stand die Todesstrafe. Das Ende der Zarenherrschaft und die Wirren des Ersten Weltkrieges machten den letzten wilden Wisenten jedoch den Garaus: Im Februar 1919 schoss ein Forstbeamter das letzte Tier in Bialowieza.

Weltweit rund 3000 Wisente

Wenig später begann die moderne Geschichte des Naturschutzes in Bialowieza. 1923 wurde der Wald unter Schutz gestellt, 1932 der erste Nationalpark Polens gegründet. Die Wisente waren da schon seit drei Jahren wieder zurück: Aus Tierparks wurden die letzen lebenden Exemplare in eine neue Aufzuchtstation gebracht. Ein erfolgreiches Projekt: Weltweit gibt es nun wieder rund 3000 Wisente, die alle von der Zuchtgruppe aus Bialowieza abstammen.

Inzuchtprobleme durch EU-Grenze

Allein im Bialowieza-Wald streifen inzwischen wieder etwa 900 wilde Wisente durch das Unterholz. Rund 500 Tiere leben auf der polnischen Seite, die übrigen jenseits des EU-Grenzzauns in Weißrussland. Die Grenzen dürfen sie nicht passieren: Die polnischen Wisente bleiben auf der einen, die weißrussischen auf der anderen Seite. "Das könnte auf Dauer die Inzuchtproblematik erhöhen", mahnt Irek.

Scheue Tiere: Bison Track erhöht Chancen des Blickkontakts

Die beste Chance, Wisente in freier Wildbahn zu erleben, haben Besucher auf dem Bison Track. Der Pfad führt nördlich der Kernzone über eine Strecke von mehr als 20 Kilometern durch den Wald. Er verbindet die Winterfütterungsplätze in Babia Góra und Kosy Most. Im Sommer lassen sich die scheuen Wisente, die dann in kleinen Gruppen im Wald verteilt leben, dort jedoch nur in der Dämmerung blicken. "Am besten so früh am Morgen wie möglich", empfiehlt Irek.

Radwege am Nationalpark

Der Tourismus sei Chance und Gefahr zugleich, sagt Stefan Jakimiuk, Bialowieza-Experte der polnischen Vertretung der Umweltschutzorganisation WWF. "Der bestehende Nationalpark ist eigentlich zu klein, um die Natur zu schützen und gleichzeitig auf Tourismus zu setzen." Pläne, den Park zu vergrößern, seien jedoch am Widerstand der Einheimischen gescheitert. Der WWF versucht nun, den Tourismus außerhalb des eigentlichen Nationalparks zu fördern: "Wir haben dort zum Beispiel 250 Kilometer Radwege ausgewiesen."

Weitere Informationen:

Der Bialowieza Nationalpark: 17-230 Białowieża, Park Pałacowy 11, Polen, Tel. +48 85 682 - 9700, http://bpn.com.pl
EU-Seite zum Bialowieza Nationalpark: www.bialowieza-info.eu
PTTK (Polnische Gesellschaft für Touristik und Landeskunde): Tel. +48 85 6812 295, www.pttk.bialowieza.pl

trax.de: Die besten Tipps und Infos zum Thema Nationalparks

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