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Deutsches Weingut in Myanmar


Reisen
Myanmar: Dornfelder aus dem Shan-Hochland

Simone F. Lucas

Aktualisiert am 10.04.2014Lesedauer: 4 Min.
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Das Weingut Aythaya liegt in der Nähe des Inle-Sees in Myanmar.Vergrößern des Bildes
Das Weingut Aythaya liegt in der Nähe des Inle-Sees in Myanmar. (Quelle: Simone F. Lucas/10.04.2014/srt)

Im schönen Fass aus Pfälzer Eiche reift der Rote, der Weiße lagert in laborartigen Stahltanks wie in den meisten Weinkellern. Nur die Lage ist außergewöhnlich. Denn dieser Keller befindet sich im südostasiatischen Myanmar. Besser gesagt im Shan-Hochland, in den blauen Bergen von Ayetharyar unweit des Inle-Sees. Und was er produziert, kann sich sehen lassen.

Der gebürtige Düsseldorfer Bert Morsbach hat 1997 gemeinsam mit Gleichgesinnten das Weingut Aythaya gegründet - als "Langnasen"-Aktiengesellschaft nach burmesischem Recht. Der 75-Jährige mit dem gemütlichen Bauchansatz und den wachen blauen Augen ist ein Genießer - und ein Unternehmer, der die Herausforderung sucht. Bergbau hat er studiert, für die Weltbank gearbeitet, Basmatireis importiert und eine Windsurf-Firma gegründet. Warum also nicht Wein in Myanmar? In einem Land, wo es schon seit 1960 Tafeltrauben gibt?

Gedacht, getan. Morsbach ging mit Elan ans Werk: Bodenproben wurden entnommen, Wetterdaten gesammelt. Was fehlten, war Grund und Boden. Jetzt sitzt das Weingut auf Regierungsland. 13 Hektar wurden auf 35 Jahre gepachtet, acht Hektar sind bewirtschaftet, auf weiteren fünf entsteht ein neues Projekt, die Ferienanlage "Monte de Vino", Bungalows in den Weinbergen. Morsbach lehnt sich zufrieden zurück. >>

Er hat alles richtig gemacht. Auch dank Hans-Eduard Leiendecker, dem diplomierten Weinbau-Ingenieur aus Trier, der 16 Jahre lang für den edlen Tropfen "Bernkasteler Doctor" gearbeitet hat und seine Erfahrungen seit sechs Jahren bei Aythaya einbringt. Die Eltern des großen Blonden hatten ein Weingut bei Trier, trotzdem ist "Weinmachen in Myanmar" für ihn "eine echte Herausforderung. Wir stecken da noch in den Kinderschuhen", sagt der 55-Jährige und dass es fast keine Qualitätsunterschiede zwischen den Jahrgängen gebe, weil das Klima immer gleich sei.

Das Problem sind für den Winzer die kurzen Tage. "Es fehlt die Lichtmenge, damit die Rebe Früchte ansetzt. " Das führe dazu, dass die Reben gerade mal ein Viertel der normalen Erträge brächten.

Höhere Kosten als in Europa

"Wir können nur versuchen, die Lichtverhältnisse zu verbessern etwa durch Ausrichten der Triebe und durch Pflanzenschutz gegen Pilze, die schneller wachsen als die Trauben", erklärt Leiendecker die Tatsache, >>

dass die Produktionskosten zweieinhalb Mal so hoch sind wie in Europa. Auch sind beileibe nicht alle Trauben für die tropischen Witterungsverhältnisse geeignet. Mit Shiraz und Sauvignon Blanc ist der Winzer zufrieden, ganz besonders aber mit Dornfelder. Dagegen habe man sich von Cabernet Sauvignon trennen müssen, weil die Erträge zu gering waren. Rund 120.000 Flaschen hat das Weingut im letzten Jahr produziert. Viel zu wenig, wie Leiendecker erfahren hat: "Ich komme nicht nach mit der Produktion. "

Feriendorf im Weingut

Um wenigstens einen Teil der Nachfrage decken zu können, wird in Ayetharyar inzwischen auch südafrikanischer Wein abgefüllt. Immerhin würden in Myanmar alljährlich 500.000 bis eine Million Flaschen Wein importiert, gibt der Macher zu bedenken. Den trinken nicht nur Touristen. "Die Mittelschicht fängt an, Wein zu trinken", sagt Leiendecker und hebt zufrieden sein Glas darauf. Er hat sich darauf eingerichtet, noch lange hier zu bleiben. Vor einem halben Jahr hat der geschiedene Vater von drei Kindern wieder geheiratet - eine Burmesin. Auch Bert Morsbach will nicht mehr zurück nach Deutschland. Er hat noch viel vor und sucht Investoren für die geplanten Bungalows im Weingut. Ein Badeteich vor dem "Winegarden-Restaurant" ist bereits fertig.

Dort sollen auch die Reichen aus Taunggyi, der nahen Shan-Hauptstadt, entspannen. Und es sollen noch mehr Einheimische Arbeit finden. Für die Mitarbeiter gibt's nicht nur acht Monate Mutterschutz, sondern auch eine Krankenversicherung. Als eine Art "Labor der Liebe" betrachtet der umtriebige Deutsche seine Aktivitäten rund um das Aythaya-Weingut. Er unterstützt vor allem ein von buddhistischen Mönchen geführtes Waisenhaus, in dem 90 Kinder betreut werden - auch von Lehrern, die Morsbach bezahlt.

Hier am malerischen Inle-See, wo das Klima angenehm und die Luft seidenweich ist, lernen Urlauber ein entspanntes Myanmar kennen. Die Hotels stehen auf Stelzen, die Beete schwimmen auf dem See, und Klöster wie Dörfer sind mit dem Boot zu erreichen. >>

Der Inle-See ist seit dem 12. Jahrhundert die Heimat der Inthas. Die "Söhne des Sees" wurden aus dem Südosten des Landes vertrieben und waren auch im Land der Shan nicht willkommen. Als Lebensraum blieb ihnen nur der See, auf dem sie mittels Wasserhyazinthen ihre schwimmenden Gärten anlegten. Morgens lassen sich dort Einbein-Ruderer beobachten, die mit ihrer Rudertechnik Artisten Konkurrenz machen: Während sie auf einem Bein die Balance halten, rudern sie mit dem anderen und haben so beide Hände zum Fischen frei.

Welch ein Gegensatz zur Phaung Daw U-Pagode, der Pagode der königlichen Barke, wo ein Betrieb herrscht wie auf dem Markusplatz in Venedig. Überall bieten Händler ihre Waren feil, Großfamilien halten fröhlich schwatzend Essgelage ab, Touristen lassen sich die Geschichte des Ortes erklären. Es wimmelt von Kindern. Drinnen im Halbdunkel der Pagode leuchten die fünf berühmten Buddha-Figuren aus dem zwölften Jahrhundert, die in ihren dicken Panzern aus Goldplättchen eher Goldklumpen gleichen. Alljährlich beim Phaung Daw U-Fest gehen sie mit der königlichen Barke auf große Fahrt über den Inle-See - von Dorf zu Dorf.

Burmesische Zigarren

Die Menschen in den Pfahldörfern halten sich mit Handarbeit über Wasser. In Innpawkhon sitzen Frauen an altertümlichen Webstühlen und weben aus Seidengarn farbenfrohe Kleidungsstücke. Doch die teuersten Hemden und Schals sind unscheinbar grau. Sie sind aus Lotosfäden gewebt, die in mühsamer Arbeit aus den Fasern des Lotosblumenstengels gesponnen werden - eine echte Rarität. Nicht ganz so aufwendig ist die Herstellung der burmesischen Zigarillos. Was leicht süßlich schmeckt, ist eine Mischung aus Tabak, gehackten Tabakwurzeln, Ananassaft, Palmzucker, Honig, Reisschnaps, Anis und Zitronensaft. Das Ganze wird gedämpft und in Pfefferblätter gerollt und mit Sago verklebt.

"Burma war mal Zigarrenland", sinniert Bert Morsbach und pafft genüsslich seine Zigarre. "Es könnte auch heute wieder Zigarrenland sein. " Womöglich hat der findige Winzer schon wieder eine Geschäftsidee. Der Wein funkelt im Glas, im Teich des Weinguts wiegen sich die Palmen, dahinter grüßen feuerrot die Blüten des Flammenbaums. Man könnte sich glatt vorstellen, hier nicht mehr wegzuwollen.

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