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Robert Habeck auf Aufholjagd: Ein Windrad vor jeder Haustür? | Energiewende


Ein Windrad vor jeder Haustür?

  • Theresa Crysmann
Von Theresa Crysmann

Aktualisiert am 13.01.2022Lesedauer: 5 Min.
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Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) bei der Verkündung seiner Antrittsbilanz zur Energiewende (Symbolbild): In allen Ökostromsparten hinkt Deutschland hinter den eigenen Zielen her. Die Aufholjagd erschwert Kompromisse.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) bei der Verkündung seiner Antrittsbilanz zur Energiewende (Symbolbild): In allen Ökostromsparten hinkt Deutschland hinter den eigenen Zielen her. Die Aufholjagd erschwert Kompromisse. (Quelle: imago-images-bilder)
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Mehr Windkraft braucht das Land. Darüber sind sich Klimaminister, Bund und Länder ebenso einig wie die meisten Experten und Bürger. Doch kaum jemand möchte die Anlagen vor der eigenen Haustür haben. Wohin mit den vielen Windrädern?

Das Wichtigste im Überblick


  • Größter Rückstand bei Windkraft an Land
  • Tausende neue Windräder
  • Zwei Prozent der Landesfläche benötigt
  • Ohne "Zumutungen" keine Energiewende
  • Windstrom als gesellschaftliches Anliegen
  • Wohin mit den neuen Windrädern?
  • Man kann es nicht allen recht machen

Die Herausforderung sei "gigantisch". So formuliert es Robert Habeck, wenn er über den starken Ausbau der erneuerbaren Energien spricht, den er in Deutschland anschieben will – und muss. Denn die Mammutaufgabe des neuen Wirtschafts- und Klimaministers der Grünen ist einigermaßen alternativlos.

Das Ende der Kohle ist besiegelt, das Aus für die Atomkraft kommt schon Ende des Jahres. Gleichzeitig wächst der Energiebedarf durch E-Mobilität, Wärmepumpen und klimafreundliche Produktion in der Industrie. Ohne deutlich mehr Solaranlagen und Windparks ist die Energiewende nicht zu schaffen.

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Größter Rückstand bei Windkraft an Land

Vor allem den Ausbau der Windenergie an Land will Klimaminister Habeck stärker vorantreiben. Dort sei in der Vergangenheit besonders wenig geschehen. Tatsächlich ging es im Jahr 2021 so langsam voran wie seit Jahrzehnten nicht mehr.

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Das wird sich wohl bald ändern. Mindestens dreimal so schnell wie bisher sollen zukünftig neue Windkraftanlagen gebaut werden. Und es sollen deutlich mehr werden als noch kürzlich geplant.

Vergangenes Jahr hatte die alte Bundesregierung von Union und SPD erstmals ein konkretes Ziel für Windenergie an Land festgelegt: Die damalige Windstromleistung von rund 54 Gigawatt wollte man bis 2030 auf 71 Gigawatt hochdrehen. Um die Klimaziele einzuhalten und schneller mehr Ökostrom im Energiemix zu haben, reicht das nach Angaben des Wirtschafts- und Klimaministeriums aber nicht aus.

Deshalb soll sich die Gesamtleistung der Windräder an Land nun fast verdoppeln: Insgesamt 100 Gigawatt Windstrom sind bis 2030 vorgesehen. Die Zahl der zusätzlichen Anlagen, die in den kommenden acht Jahren gebraucht werden, steigt damit weiter.

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Tausende neue Windräder

Nach Berechnungen des Bundesverbands der Energiewirtschaft müssen jährlich 1.500 neue moderne Windräder dazukommen. Bis das Zwischenziel 2030 erreicht ist, dürften es also mehr als 13.000 Anlagen sein.

Das Problem dabei: Noch sind deutlich zu wenig Flächen ausgewiesen, auf denen diese Anlagen gebaut werden können.

Experten gehen davon aus, dass insgesamt zwei Prozent des Platzes in Deutschland für den Bau von Windkraftanlagen benötigt werden. Auch für Klimaminister Habeck steht fest: "Wir brauchen mehr Fläche."

Bislang ist nur in Schleswig-Holstein und Hessen annähernd genug Platz für Windräder geschaffen. In einigen anderen Bundesländer führen gar gesetzliche Abstandsregeln dazu, dass weit weniger als zwei Prozent der Fläche überhaupt für Windkraft in Frage kommt.

Zwei Prozent der Landesfläche benötigt

Die schärfsten Begrenzungen gelten in Bayern: Windräder müssen dort einen Abstand zum nächsten Wohnhaus einhalten, der mindestens dem zehnfachen ihrer Höhe entspricht. Bei einer 200 Meter hohen Anlagen sind das immerhin zwei Kilometer.

Ein Windrad auf der Mottbruchhalde in Gladbeck-Brauck (Symbolbild): In den vergangenen Jahrzehnten sind die Windräder immer leistungsstärker geworden. Aber auch zunehmend größer.
Ein Windrad auf der Mottbruchhalde in Gladbeck-Brauck (Symbolbild): In den vergangenen Jahrzehnten sind die Windräder immer leistungsstärker geworden. Aber auch zunehmend größer. (Quelle: imago-images-bilder)
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"Da, wo Abstandsregeln vorgehalten werden, um Verhinderungsplanung zu betreiben, können sie nicht länger bestehen bleiben", hatte Habeck zuletzt angesichts solcher Einschränkungen gesagt. In der zersiedelten Bundesrepublik könnte das Ausbauziel sonst unerreichbar bleiben.

Das Klima- und Wirtschaftsministerium hat sich daher vorgenommen, das Zwei-Prozent-Ziel schon bald gesetzlich vorzuschreiben. Mögliche Konflikte mit den Landesregierungen will Grünen-Politiker Habeck bis zum Sommer ausbügeln. Doch nicht nur die Länder wollen überzeugt werden.

Ohne "Zumutungen" keine Energiewende

Die Mehrheit der Bevölkerung in Deutschland hat Bedenken, sollte eine Windkraftanlage in ihrem Wohnumfeld entstehen, so das Ergebnis einer Umfrage der Fachagentur Windenergie an Land im Jahr 2020. Bisher galten Proteste von Naturschützern und Anwohnern mit als größte Bremser beim Windausbau. Darauf will der Klimaminister aber wohl nur bedingt Rücksicht nehmen.

"Ohne Zumutungen [wird das nicht] zu haben sein", hatte Habeck bereits Anfang Dezember mit Blick auf den Klimaschutz angemahnt. Inwiefern das auf seine Windkraftpläne zutrifft, stellte er am Dienstag bei einer Pressekonferenz klar.

Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) bei der Verkündung seiner Antrittsbilanz zur Energiewende (Symbolbild): In allen Ökostromsparten hinkt Deutschland hinter den eigenen Zielen her. Die Aufholjagd erschwert Kompromisse.
Wirtschafts- und Klimaminister Robert Habeck (Grüne) bei der Verkündung seiner Antrittsbilanz zur Energiewende (Symbolbild): In allen Ökostromsparten hinkt Deutschland hinter den eigenen Zielen her. Die Aufholjagd erschwert Kompromisse. (Quelle: imago-images-bilder)

Persönliche Argumente dürften dem Bau von Windrädern nicht länger im Weg stehen. Das gelte für Lieblingsrouten beim Hundespaziergang ebenso wie für Kindheitserinnerungen an die Naturflächen.

"Erst einmal hoffe ich, dass wir als Gesellschaft in der Lage sind, auch immer wieder mal über unsere eigenen individuellen Betroffenheitsschatten zu springen, sonst wird das alles nichts werden", so Habeck. Gleichzeitig wolle er sich darum kümmern, dass Windparks noch stärkere wirtschaftliche Vorteile für die betroffenen Regionen und die Menschen dort mitbringen.

Windstrom als gesellschaftliches Anliegen

Aber auch tiefgreifende Einwände gegen neue Anlagen sollen zeitweise hintenangestellt werden können. Als "überragendes öffentliches Interesse" soll der Windkraftausbau künftig möglichst Vorrang haben, wenn zwischen der Energiewende und Natur-, Arten- oder Anwohnerschutz abzuwägen ist.

Windräder und Strommasten reihen sich aneinander (Symbolbild): Dass der Ausbau der Windenergie an Land bisher so schleppend lief, lag unter anderem am Widerstand von Naturschützern und Bürgerinitiativen.
Windräder und Strommasten reihen sich aneinander (Symbolbild): Dass der Ausbau der Windenergie an Land bisher so schleppend lief, lag unter anderem am Widerstand von Naturschützern und Bürgerinitiativen. (Quelle: imago-images-bilder)

"Den grundsätzlichen rechtlichen Schutz von Anwohnerinnen und Natur [kann das aber] nicht außer Kraft setzen", sagt Paul Lehmann, der an der Universität Leipzig zu Standortbedingungen für Windkraftanlagen forscht. Einen Unterschied könne die mögliche Priorisierung dort machen, wo es gesetzliche Spielräume gebe.

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"Etwa bei der Entscheidung, wo Vorranggebiete für Windenergie ausgewiesen werden oder ob in Einzelfällen Ausnahmen beim Artenschutz zulässig sind", so Lehmann. Doch nur in bestimmten Regionen Deutschlands ist es überhaupt sinnvoll, vermehrt neue Windräder aufzustellen.

Wohin mit den neuen Windrädern?

Nicht überall, wo Platz ist, lohnt es sich auch, Flächen für Windkraftanlagen auszuweisen. Bei der Wahl eines Standorts für neue Windräder können ganz unterschiedliche Kriterien eine Rolle spielen. Das heißt: Das Antlitz Deutschlands wird sich nicht gleichermaßen überall verändern, Windkrafträder nicht an jeder erdenklichen Stelle in der Landschaft stehen.

Für Lehmann und seine Kollegen an der Uni Leipzig zählen der Preis des erzeugten Windstroms sowie der Schutz von Anwohnern und Natur zu den wichtigsten Faktoren. Je nachdem, welcher Faktor priorisiert wird, weisen ihre Forschungsergebnisse sehr unterschiedliche Gebiete als ideale Standorte für einen verstärkten Windkraftausbau aus.

Soll der Windstrom möglichst günstig sein, bieten sich demnach vor allem die Küstengebiete der Nord- und der Ostsee an. Dort ist das Windaufkommen mit am größten und der Betrieb der Anlagen lohnt sich auch für die Betreiber besonders.

Geht es allerdings darum, die Anwohner in der Umgebung von Windkraftanlagen bestmöglich zu schützen, deuten die Studien der Forschungsgruppe vor allem auf Gebiete in Brandenburg und Mecklenburg-Vorpommern. Die Bevölkerungsdichte ist in diesen Bundesländern deutlich geringer als im Rest der Bundesrepublik. Je weniger Menschen im Umfeld eines Windrads leben, desto weniger können gestört werden.

Für den effektivsten Naturschutz ergeben sich wiederum andere Empfehlungen. Da Windkraftanlagen besonders Raubvögel irritieren, finden sich die optimalen Standorte für neue Windenergieanlagen vor allem in Bayern und Niedersachsen. Hier kommen die sensiblen Vogelarten deutlich seltener vor als in anderen Teilen Deutschlands.

Man kann es nicht allen recht machen

Diese Faktoren gleichzeitig zu priorisieren, sei aber schwierig, so Lehmann: "Es gibt nur wenige Standorte, die hinsichtlich aller Kriterien ideal sind. Daher braucht es eine gesellschaftliche Mehrheitsentscheidung darüber, welche Kriterien welche Rolle spielen sollten."

Bisher hat der Bund vor allem darauf geschaut, wo Windstrom am günstigsten herzustellen war. In den meisten Bundesländern galt hingegen der Landschaftsschutz als oberstes Gebot. Klimaminister Habeck wird versuchen müssen, die verschiedensten Anliegen in den kommenden Monaten soweit zu vereinbaren wie möglich. Ein "mühsamer Prozess", wie er selbst jüngst einräumte.

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Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Schriftliche Anfrage bei Prof. Dr. Paul Lehmann, Universität Leipzig
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