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Eckart von Hirschhausen: "Wir sind in mehreren Kriegen"


"Wir sind in mehreren Kriegen gleichzeitig"

Ein Gastbeitrag von Eckart von Hirschhausen

01.03.2022Lesedauer: 7 Min.
Meinung
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Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung ΓΌbernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Ein Klimaaktivist der Gruppe Extinction Rebellion hΓ€lt in London eine Rauchpatrone in die Luft: Die Symbolik der der Klimabewegung mag teils martialisch wirken. Doch beim Klimaschutz geht es tatsΓ€chlich um Leib und Leben, erklΓ€rt Eckart von Hirschhausen.
Ein Klimaaktivist der Gruppe Extinction Rebellion hΓ€lt in London eine Rauchpatrone in die Luft: Die Symbolik der der Klimabewegung mag teils martialisch wirken. Doch beim Klimaschutz geht es tatsΓ€chlich um Leib und Leben, erklΓ€rt Eckart von Hirschhausen. (Quelle: Dan Kitwood/getty-images-bilder)
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WΓ€hrend der Krieg in der Ukraine die Nachrichten beherrscht, geht ein anderer Kampf unvermindert weiter: Die Klimakrise bedroht die Menschheit auf der ganzen Erde, wie der neue Weltklimabericht zeigt. Warum Aufgeben keine Option ist, erklΓ€rt Eckart von Hirschhausen.

Das Wichtigste im Überblick


  • Ohne Klimaschutz kein Frieden
  • Wir sind viel verletzlicher, als wir denken
  • Es gibt kein ZurΓΌck
  • Zehntausende Hitzetote in Deutschland
  • Tropenkrankheiten vor der HaustΓΌr
  • Wo wollen wir denn hin?
  • Die nΓ€chsten Jahre entscheiden alles

Momentan ist einem wirklich nicht nach weiteren Weltuntergangsszenarien zumute. Und auch als grundsΓ€tzlich optimistischer Mensch vergeht mir gerade der Humor.

Mein MitgefΓΌhl ist voll bei den Menschen, die um ihr Leben fΓΌrchten mΓΌssen. Dennoch: Wir haben einen Krieg an mehreren Fronten, und es gibt eine innere Verbindung zwischen den Konfliktherden.

Auf meinem Buch "Mensch, Erde! Wir kΓΆnnten es so schΓΆn haben" prangt ein Sticker: "Drei Krisen zum Preis von zweien". Damit meinte ich die Pandemie, das Artensterben und die Klimakrise. Aber es passt auch zu dem Kampf um fossile Energie, um Wasser und Boden.

Demonstranten in Washington DC protestieren fΓΌr die Achtung der Menschenrechte: Dazu gehΓΆren auch der Zugang zu Trinkwasser, Nahrung und einer Wohnung. Doch die Klimakrise stellt all das infrage.
Demonstranten in Washington DC protestieren fΓΌr die Achtung der Menschenrechte: Dazu gehΓΆren auch der Zugang zu Trinkwasser, Nahrung und einer Wohnung. Doch die Klimakrise stellt all das infrage. (Quelle: Allison Bailey/NurPhoto)

Ohne Klimaschutz kein Frieden

Dr. Kira Vinke, die Leiterin des Zentrums für Klima und Außenpolitik bei der Deutschen Gesellschaft für AuswÀrtige Politik, beschreibt es so:

"Der neue IPCC-Bericht unterstreicht, dass die Klimakrise eine fundamentale Bedrohung fΓΌr Frieden und StabilitΓ€t ist – auch in Europa. FΓΌr Deutschland ergibt sich daraus die zwingende Notwendigkeit, außen- wie innenpolitisch multiple Krisen gleichzeitig zu bewΓ€ltigen."

Inzwischen sind die Bauarbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 abgeschlossen: Doch klimafreundliche Energiequellen wie Wind und Solar sorgen für grâßere UnabhÀngigkeit. Auch geopolitisch.
Inzwischen sind die Bauarbeiten an der Pipeline Nord Stream 2 abgeschlossen: Doch klimafreundliche Energiequellen wie Wind und Solar sorgen für grâßere UnabhÀngigkeit. Auch geopolitisch. (Quelle: Sean Gallup/getty-images-bilder)

"WΓ€hrend unmittelbar Ressourcen gebΓΌndelt werden mΓΌssen, um Angriffe auf die EuropΓ€ische Friedensordnung abzuwenden, lenkt der Weltklimarat unseren Blick wieder auf die dramatischen Folgen, die eine entfesselte Klimakrise nach sich ziehen wird. Ohne Klimaschutz kein Frieden – das gilt nach wie vor und bestΓ€tigt auch die bestehenden energiepolitischen AbhΓ€ngigkeiten von Russland."

Die ErderwΓ€rmung ist schlimmer als Covid-19

Jedes Jahr sterben laut Weltgesundheitsorganisation WHO ΓΌber acht Millionen Menschen an Luftverschmutzung, also weitaus mehr als bislang in der Summe an Covid-19. Ich mΓΆchte nichts verharmlosen, aber in Relation bringen.

Die chinesische Hauptstadt Beijing versinkt im Smog: Allein an den Folgen von Luftverschmutzung sterben weltweit jΓ€hrlich mehr als 10 Millionen Menschen.
Die chinesische Hauptstadt Beijing versinkt im Smog: Allein an den Folgen von Luftverschmutzung sterben weltweit jΓ€hrlich mehr als 10 Millionen Menschen. (Quelle: VCG)

Dort wo die Luft dreckig ist, gibt es auch mehr Corona-Tote. In unserem Kârper kommen ja alle schÀdigenden Einflüsse zusammen. Und Luftverschmutzung entsteht maßgeblich durch das Verbrennen von fossilen EnergietrÀgern wie Kohle. Genau die Treiber der ErderwÀrmung, die die AtmosphÀre belasten, belasten uns im Inneren.

Am Montag ist der neue IPCC-Bericht erschienen. Darin verweist der Weltklimarat darauf, dass schon jetzt 3,3 bis 3,6 Milliarden der knapp acht Millionen Menschen weltweit durch den Klimawandel "hochgradig gefΓ€hrdet" sind!

(Quelle: Dominik Butzmann)


Dr. Eckart von Hirschhausen (54) ist Arzt, Wissenschaftsjournalist und GrΓΌnder der Stiftung "Gesunde Erde – Gesunde Menschen". Seit 2018 setzt er sich fΓΌr eine medizinisch und wissenschaftlich fundierte Klimapolitik ein. Von Hirschhausen ist Mitglied der Scientists for Future und UnterstΓΌtzer der Deutschen Allianz Klimawandel und Gesundheit.

Wir sind viel verletzlicher, als wir denken

Viel zu lange haben wir geglaubt, das wird alles nicht so schlimm. Und irgendwie werden wir etwas erfinden, was uns aus der Patsche hilft, oder wir werden uns anpassen kΓΆnnen. Eine gefΓ€hrliche Illusion. Wir Menschen sind viel verletzlicher, als unser Hirn uns vorgaukelt.

Es ist ja psychologisch gesund, sich nicht stΓ€ndig mit der Vollkatastrophe zu beschΓ€ftigen – aber auf Dauer ist es kindisch, wie wir ignorieren, dass wir gerade gleichzeitig TΓ€ter und Opfer sind. Wir zerstΓΆren den einzigen Ort, auf dem wir leben kΓΆnnen: die Erde.

Eine Demonstrantin bei einem Fridays-for-Future-Protest in Berlin: Noch immer scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein, dass Klimaschutz kein Selbstzweck ist, befΓΌrchtet Eckart von Hirschhausen.
Eine Demonstrantin bei einem Fridays-for-Future-Protest in Berlin: Noch immer scheint vielen Menschen nicht bewusst zu sein, dass Klimaschutz kein Selbstzweck ist, befΓΌrchtet Eckart von Hirschhausen. (Quelle: imago-images-bilder)
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Gesunde Erde – Gesunde Menschen

Wir Menschen brauchen als Allererstes etwas zu essen, zu trinken, zu atmen, um gesund zu sein. Und ertrÀgliche Außentemperaturen. All das ist bedroht.

Das heißt: Wir mΓΌssen nicht das Klima retten, sondern uns! Naturschutz und Tierschutz ist auch Gesundheitsschutz – wenn wir das aus dem vergangenen Jahr gelernt haben, war es wenigstens zu etwas gut. Dieser Kerngedanke nennt sich international "one health" oder auf Deutsch: Gesunde Erde – Gesunde Menschen. Doch das ist vielen Leuten noch immer nicht voll bewusst.

Niemand schaut hin

In der Netflix-Satire "Don't Look Up" warnen Forscher die Welt vor einer Katastrophe – und werden ignoriert. Das bringt es leider auf den Punkt: Wir haben eine Klimakatastrophe und keiner guckt hin.

Schauspieler Leonardo DiCaprio in "Don't Look Up": Der Film spielt auf den Umgang mit der Klimakrise an. Niemand nimmt die Katastrophenwarnungen der Wissenschaftler ernst - bis es zu spΓ€t ist.
Schauspieler Leonardo DiCaprio in "Don't Look Up": Der Film spielt auf den Umgang mit der Klimakrise an. Niemand nimmt die Katastrophenwarnungen der Wissenschaftler ernst - bis es zu spΓ€t ist. (Quelle: Bluegrass Films)

Als Arzt habe ich gelernt: erst die Diagnose, dann die Therapie. Wenn vielen Menschen immer noch nicht klar ist, in welcher wirklich bedrohlichen Situation wir sind, braucht es eine unverblΓΌmte Schilderung dessen, was heute schon passiert. Und was an Krisen, Konflikten und Vollkatastrophen auf uns zukommt, wenn wir nicht handeln.

Es gibt kein ZurΓΌck

Denn das liegt in der Natur der Kipppunkte: Kein Geld, keine Erfindung und keine Macht der Welt kann sie rΓΌckgΓ€ngig machen, wenn sie einmal ΓΌberschritten sind.

Ein TierschΓ€del in einem ausgetrockneten Wasserreservoir nahe der englischen Stadt Bolton: Durch den Klimawandel werden DΓΌrren und Hitzewellen auch in Europa hΓ€ufiger und intensiver.
Ein TierschΓ€del in einem ausgetrockneten Wasserreservoir nahe der englischen Stadt Bolton: Durch den Klimawandel werden DΓΌrren und Hitzewellen auch in Europa hΓ€ufiger und intensiver. (Quelle: getty-images-bilder)

Auch das steht im neuen IPCC-Bericht: Hitzewellen und Extremwetter lΓΆsten schon vielfach ein Massensterben aus. Mittlerweile ist fΓΌr einige wenige Arten sicher belegt, dass sie durch den Klimawandel endgΓΌltig ausgestorben sind. Diese Arten kehren nie mehr zurΓΌck.

Auch ganze Γ–kosysteme nΓ€hern sich dem Punkt, an dem sie sich nicht mehr retten lassen – zum Beispiel durch den RΓΌckzug der Gletscher oder weil die PermafrostbΓΆden in der Arktis auftauen. Und wenn die Gletscher und Eismassen an den Polkappen abgeschmolzen sind, setzen Kettenreaktionen ein, die es ebenfalls immer heißer werden lassen.

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Der schweizer Aletschgletscher: Weltweit schmelzen Gletscher, Eisberge brechen ein, die PermafrostbΓΆden tauen. Das Schmelzwasser kann jahrtausendealte Krankheitserreger freisetzen und hebt den Meeresspiegel an.
Der schweizer Aletschgletscher: Weltweit schmelzen Gletscher, Eisberge brechen ein, die PermafrostbΓΆden tauen. Das Schmelzwasser kann jahrtausendealte Krankheitserreger freisetzen und hebt den Meeresspiegel an. (Quelle: S. Derder/ blickwinkel)

Wir haben alles zu verlieren an Gesundheit und Wohlstand, wenn wir tatenlos zusehen. Und sehr viel an LebensqualitΓ€t zu gewinnen, wenn wir uns aufraffen, die Klimakrise zu stoppen. Sie bedroht massiv unsere Gesundheit, weltweit und eben auch in Deutschland.

Zehntausende Hitzetote in Deutschland

Das wird mit jedem Hitzesommer und jedem Extremwetterereignis klarer: Die Klimakrise betrifft nicht nur EisbΓ€ren und ferne KΓΌstenregionen – sie betrifft uns hier, heute und erst recht in Zukunft. Sie betrifft jedes Organ, jedes Kind, jeden alten Menschen.

Eine alte Dame schΓΌtzt sich vor der Sonne: Die Klimakrise ist vor allem ein gesundheitliches Risiko, sagt Eckart von Hirschhausen. Man mΓΌsse die Menschheit retten, nicht das Klima.
Eine alte Dame schΓΌtzt sich vor der Sonne: Die Klimakrise ist vor allem ein gesundheitliches Risiko, sagt Eckart von Hirschhausen. Man mΓΌsse die Menschheit retten, nicht das Klima. (Quelle: Anton Novoderezhkin/TASS)

Beispiel Hitze: Im Extremsommer 2018 sind allein in Deutschland 20.000 Menschen gestorben. Hitze ist ein medizinischer Notfall. Der KΓΆrperteil, der am wenigsten Hitze vertrΓ€gt, ist unser Gehirn.

Lange bevor wir mit Hitzschlag zusammenbrechen, reduziert sich klammheimlich unsere geistige Leistung, unser Wohlbefinden und unsere seelische Gesundheit. Bei jedem Rechner wissen wir, der Zentralspeicher geht in die Knie, wenn er nicht gekΓΌhlt wird.

Ein Hydrant hilft diesem Mann in Philadelphia, sich abzukΓΌhlen: In vielen LΓ€ndern wurden im vergangenen Jahr neue Hitzerekorde gebrochen. Im kanadischen Lytton erreichte die Temperatur 49,6 Grad Celsius.
Ein Hydrant hilft diesem Mann in Philadelphia, sich abzukΓΌhlen: In vielen LΓ€ndern wurden im vergangenen Jahr neue Hitzerekorde gebrochen. Im kanadischen Lytton erreichte die Temperatur 49,6 Grad Celsius. (Quelle: Jessica Kourkounis/getty-images-bilder)

Das ist bei unserem Zentralrechner da oben genau das Gleiche. Weil wir also nicht mehr klar denken kΓΆnnen, werden psychische Erkrankungen wahrscheinlicher und es kommt vermehrt zu UnfΓ€llen. Wir Γ„rzte kΓΆnnen bei Fieber die KΓΆrpertemperatur zwar senken. Aber wir kΓΆnnen keine Außentemperatur senken.

Unser Hirn ist bei 42 Grad futsch

Der Glaube, wir kânnten uns an Hitze gewâhnen, ist leider eine große Illusion. Wir sind Menschen und keine Maschinen. Menschen sind biologische Wesen, unser Kârper ist anfÀllig und verletzlich. Klar, im Urlaub, in der Sauna, im begrenzten Rahmen reguliert das unser Schweiß, unser Kreislaufsystem. Aber wir kommen sehr schnell an unsere Grenze.

Ich mache das immer gern anschaulich: Wenn man ein Ei in ein heißes Wasserbad mit 42 Grad legt, dann ist es irgendwann hart. Wenn das Wasser abkühlt, wird es nicht mehr weich.

WÀhrend einer Hitzewelle kühlt sich ein Mann in New York City die Stirn: Zuletzt kam es in Deutschland 2018 zu einer großen Hitzewelle. Damals starben rund 20.000 Menschen, noch mehr als im Hitzesommer 2003.
WÀhrend einer Hitzewelle kühlt sich ein Mann in New York City die Stirn: Zuletzt kam es in Deutschland 2018 zu einer großen Hitzewelle. Damals starben rund 20.000 Menschen, noch mehr als im Hitzesommer 2003. (Quelle: Spencer Platt/getty-images-bilder)

Γ„hnlich ist das beim Menschen: Wir bestehen wie ein Ei aus Wasser und aus Proteinen. Unser Hirn ist bei 42 Grad futsch. Es ist irreversibel gestΓΆrt. Trotzdem haben wir in Deutschland nicht aus den vergangenen Hitzewellen gelernt.

Ohne Schutz in den nΓ€chsten Supersommer

Warum gibt es bei uns nicht wie in jeder fanzΓΆsischen Kommune HitzeschutzplΓ€ne? Gegen Viren kann man impfen, gegen Hitze nicht. Besonders gefΓ€hrdet sind Kinder, Γ„ltere und Vorerkrankte.

Wie viele KrankenhΓ€user, Altenheime, Kinder- und Pflegeeinrichtungen sind schon hitzeresilient? Die meisten stammen aus einer Zeit, in der niemand an WΓ€rmeeintrag, Verschattung, DachbegrΓΌnung und DeckenkΓΌhlung gedacht hat.

Eine Messehalle dient der Bevâlkerung von Portland, Oregon, als Zuflucht vor glühender Hitze: In Europa gibt es große Unterschiede dabei, wie gut die StÀdte und Kommunen auf kommende Hitzesommer vorbereitet sind..
Eine Messehalle dient der Bevâlkerung von Portland, Oregon, als Zuflucht vor glühender Hitze: In Europa gibt es große Unterschiede dabei, wie gut die StÀdte und Kommunen auf kommende Hitzesommer vorbereitet sind.. (Quelle: getty-images-bilder)

Hier braucht es eine intelligentere Stadtplanung, denn in StΓ€dten ist die Hitzebelastung besonders hoch. Und die ErderwΓ€rmung bringt noch weitere gesundheitliche Probleme mit sich.

Tropenkrankheiten vor der HaustΓΌr

Die MΓΌcken kommen als blinde Passagiere mit Autos und Lastwagen aus dem SΓΌden – und sie kΓΆnnen Viren mitbringen, die wir bei uns noch nicht hatten. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit. Und gegen die WΓ€rme.

In meiner Ausbildung zum Arzt spielte das Thema Klimawandel ΓΌberhaupt keine Rolle. Wir lernten etwas ΓΌber Tropenkrankheiten wie das West-Nil-Fieber, aber keiner hat uns darauf vorbereitet, dass wir das jemals in echt diagnostizieren wΓΌrden – vor unserer HaustΓΌr.

Ein Mann in Florida versprΓΌht Insektengift: Die wΓ€rmeren Temperaturen locken tropische MΓΌcken auch nach Europa. Krankheiten wie das West-Nil-Virus, die Γ„rzte nur aus LehrbΓΌchern kannten, treten nun auch hier auf.
Ein Mann in Florida versprΓΌht Insektengift: Die wΓ€rmeren Temperaturen locken tropische MΓΌcken auch nach Europa. Krankheiten wie das West-Nil-Virus, die Γ„rzte nur aus LehrbΓΌchern kannten, treten nun auch hier auf. (Quelle: Joe Raedle/getty-images-bilder)

Im Jahr 2019 ist in Deutschland erstmals eine durch MΓΌcken ΓΌbertragene Infektion und Erkrankung mit dem West-Nil-Virus bekannt geworden, in Sachsen. Mittlerweile gab es auch in Berlin erste FΓ€lle.

Steigende Temperaturen bringen aber noch mehr durcheinander: Milde Winter verschieben die Flugzeiten der Pollen. Im Januar blΓΌht schon die Hasel – und Allergikern blΓΌht ab dann der Heuschnupfen. Wir haben auch plΓΆtzlich die FrΓΌhsommer-Meningoenzephalitis (FSME) schon im Januar. Alles sehr ungesund. All diese Bedrohungen kΓΆnnen einem auch auf die Psyche schlagen.

Wo wollen wir denn hin?

Die Klimakrise hat ja alle Merkmale eines Ereignisses, das uns traumatisiert: extreme Wetterlagen, steigende Meeresspiegel, Dürren, Überschwemmungen, WaldbrÀnde. Die VerÀnderungen machen Angst und sie sind irreversibel.

Feuerinferno in einem Vorort Athens im Sommer 2021: Teile der griechischen Hauptstadt erreichten Rekordtemperaturen von bis zu 42 Grad. Riesige Waldgebiete im SΓΌden Griechenlands standen in Flammen.
Feuerinferno in einem Vorort Athens im Sommer 2021: Teile der griechischen Hauptstadt erreichten Rekordtemperaturen von bis zu 42 Grad. Riesige Waldgebiete im SΓΌden Griechenlands standen in Flammen. (Quelle: Milos Bicanski/getty-images-bilder)
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Das unterscheidet die Klimakrise von anderen Krisen. Wo sollen wir denn hin, wenn wir hier nicht mehr sein kΓΆnnen? Unsere Psyche reagiert mit Unsicherheit, Ohnmacht, einem GefΓΌhl von Hilflosigkeit: "Eco-Distress".

Der australische Umweltphilosoph und Nachhaltigkeits-Professor Glenn Albrecht hat den Begriff der "Solastalgie" erfunden. Solastalgie ist der Schmerz um den Verlust unserer Umwelt.

Nach StarkregenfÀllen kam es im Juni 2021 zu katastrophalen Überflutungen rund um die Ahr, wie hier in Rech: Viele Menschen verloren alles, 134 Menschen starben. In der Klimakrise werden solche Starkregen deutlcih wahrscheinlicher
Nach StarkregenfÀllen kam es im Juni 2021 zu katastrophalen Überflutungen rund um die Ahr, wie hier in Rech: Viele Menschen verloren alles, 134 Menschen starben. In der Klimakrise werden solche Starkregen deutlcih wahrscheinlicher (Quelle: Thomas Lohnes/getty-images-bilder)

Die seelischen Folgen des Klimawandels wurden bislang noch nicht systematisch erfasst. Hier gibt es großen Nachholbedarf, denn sie kânnten in Zukunft zu den hÀufigsten Nebenwirkungen der Klimakrise gehâren. Aufgeben ist trotzdem keine Option.

Die nΓ€chsten Jahre entscheiden alles

FΓΌr ein besseres GefΓΌhl kann es schon helfen, sich immer wieder gezielt positive Gegenbeispiele vor Augen fΓΌhren. Oder man wird selbst aktiv: Jede und jeder kann etwas tun und dadurch gleichzeitig jede Menge an LebensqualitΓ€t gewinnen.

Auf vielen Plakaten bei Klimademos steht "No Planet B" (Symbolfoto): Wenn es auf der Erde erst einmal zu heiß und zu trocken ist und große Teile der Küsten und Flussgebiete überflutet sind, gibt es kein Entrinnen, keinen Ersatzplaneten.
Auf vielen Plakaten bei Klimademos steht "No Planet B" (Symbolfoto): Wenn es auf der Erde erst einmal zu heiß und zu trocken ist und große Teile der Küsten und Flussgebiete überflutet sind, gibt es kein Entrinnen, keinen Ersatzplaneten. (Quelle: Belinda Jiao/imago-images-bilder)

Rad statt Auto, Zug statt Flugzeug und GemΓΌse statt Fleisch. Wir kΓΆnnten viel klarer betonen, welche Vorteile wir selbst haben, wenn wir fΓΌr den Klimaschutz handeln.

Und ganz wichtig: Der Einzelne hat die grâßte Wirkung, wenn er kein Einzelner bleibt! Machen Sie sich schlau, finden Sie Verbündete. Welche Personen kennen Sie, die noch mehr Mâglichkeiten haben etwas zu verÀndern, als Sie selbst?

Der jüngste IPCC-Bericht sagt: Je weniger wir den Planeten erwÀrmen, desto weniger schÀdlich wird der Klimawandel sein. Heißt: Die CO2-Konzentration wird sich in der AtmosphÀre stabilisieren, wenn die Emissionen auf null reduziert werden.

Eckart von Hirschhausen spricht auf einer Veranstaltung von Fridays for Future: Um eine globale Klimakatastrophe zu verhindern, muss es mit den Treibhausgasen runter- und der Vorbereitung auf kommende Extremwetterereignisse losgehen, so der Arzt.
Eckart von Hirschhausen spricht auf einer Veranstaltung von Fridays for Future: Um eine globale Klimakatastrophe zu verhindern, muss es mit den Treibhausgasen runter- und der Vorbereitung auf kommende Extremwetterereignisse losgehen, so der Arzt. (Quelle: imago-images-bilder)

Die nΓ€chsten zehn Jahre entscheiden darΓΌber, wie die nΓ€chsten 10.000 Jahre fΓΌr unsere Zivilisation werden. Wir haben alles zu verlieren. Und deshalb ganz viel zu gewinnen. Wir kΓΆnnen es so viel schΓΆner haben als jetzt – und so viel gesΓΌnder!

Die in GastbeitrÀgen geÀußerten Ansichten geben die Meinung der Autoren wieder und entsprechen nicht notwendigerweise denen der t-online-Redaktion.

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