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Brexit-Abstimmung: "Chaos zu vermeiden, muss nun Priorität haben"


Presseschau zur Brexit-Abstimmung
"Großbritannien hat die Nase voll von Idioten"

dpa, küp

Aktualisiert am 14.03.2019Lesedauer: 3 Min.
Brexit-Gegner demonstrieren vor dem britischen Parlament: "Für Schadenfreude gibt es absolut keinen Platz."Vergrößern des BildesBrexit-Gegner demonstrieren vor dem britischen Parlament: "Für Schadenfreude gibt es absolut keinen Platz." (Quelle: Matt Dunham/ap-bilder)
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Premierministerin Theresa May bekommt ihr Brexit-Abkommen auch beim zweiten Anlauf nicht durch das britische Parlament, die Hängepartie um den EU-Austritt geht weiter. So reagiert die Presse.

Die "Irish Times" aus Dublin kommentiert das erneute Scheitern des Brexit-Abkommens so: "Für viele im Unterhaus scheint die irische Grenzfrage ein Ärgernis zu sein, das durch Versprechungen von nicht existierenden technischen Lösungen weggewünscht werden soll. Dass die DUP den Brexit überhaupt unterstützt, ist unerklärlich, und sie war bisher nicht in der Lage, eine glaubwürdige Lösung für die irische Grenzfrage vorzuschlagen.

Bei einem No-Deal-Brexit würde der Norden enorm in Mitleidenschaft gezogen. Im Unterhaus stehen in den kommenden Tagen weitere Abstimmungen an. Aber das Problem bleibt, dass es früher oder später genau zu einem No-Deal-Ausscheiden kommen wird – auch wenn das Unterhaus dagegen stimmt – wenn es keine Einigung auf einen anderen Weg gibt."

Die in Warschau erscheinende "Rzeczpospolita" schreibt: "Die ganze bisherige Erfahrung mit dem Brexit zeigt, dass eine Trennung von der EU höllisch schwer ist. Nicht, weil diese Scheidende bestrafen will, obwohl es sicherlich in Europa Politiker gibt, denen solche Intentionen vorschweben. Sondern, weil die vieljährige Mitgliedschaft in der EU ein Netz gegenseitiger Verbindungen und Abhängigkeiten schafft, die es quasi unmöglich machen, sich zu lösen. Man kann sie nur kappen, was beide Seiten dem Risiko aussetzt, ernsthafte Verluste davonzutragen. Mit der Zeit wird sich alles ordnen, doch dafür gibt es eine Bedingung: Man muss sich in Freundschaft trennen. Es liegt allein an London, ob das geschieht."

t-online.de-Politikchefin Tatjana Heid kommentiert die Ablehnung des Brexit-Abkommens so: "Über die Gründe der Abgeordneten kann man nur spekulieren. Die Zugeständnisse der EU erfüllten nicht die Anforderungen, welche die Regierung gesetzt habe, ließen Brexit-Hardliner wissen. Ein besserer Deal für beide Seiten sei immer noch möglich, meinte die nordirische DUP. Und viele Abgeordnete aus Brexit-Hochburgen – davon ist auszugehen – werden angesichts drohender Neuwahlen schlicht ihre eigene Karriere im Blick gehabt haben. Die Karriere kommt vor dem Land. So hat der Brexit einst angefangen.

Was nun folgt, ist völlig unklar: Ein No-Deal-Brexit? Neuwahlen? Ein zweites Referendum? Ebenso unklar ist, was die Entscheidung des Abends für den Frieden in Nordirland bedeutet. Klar ist jedoch eins: Unter dieser politischen Verantwortungslosigkeit wird das Land noch Jahre zu leiden haben. Und in der EU dürfte sich langsam die Haltung durchsetzen: Geht mit Gott, aber geht."

"De Standaard" aus Brüssel schreibt: "Eine offensichtliche Schlussfolgerung, nämlich die Entlassung ihrer Regierung, hat Premierministerin Theresa May nicht gezogen. Sie wolle sich ihrer Verantwortung nicht entziehen, sagte sie. Aber ein Regierungschef, der zweimal bei Abstimmungen über das zentrale politische Thema einer Generation unterliegt, verliert unwiderruflich den Zugriff auf die Ereignisse. Was diese therapeutische Sturheit bewirken sollte, macht sie nicht deutlich.

Doch für Schadenfreude gibt es absolut keinen Platz. Die anhaltende Unsicherheit ruiniert nicht nur die britische Wirtschaft und Gesellschaft, sondern belastet zunehmend das nachlassende Wachstum im übrigen Europa."

Die in London erscheinende "Financial Times" meint: "Chaos zu vermeiden, muss nun Priorität haben – ein Chaos im Parlament, das von extremen Kräften der Linken und der Rechten ausgenutzt werden könnte, sowie das Chaos eines ungeordneten EU-Austritts. Die Abgeordneten müssen die politische Lage stabilisieren und Raum dafür schaffen, den Brexit zu überdenken.

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Als Erstes müssen sie die Gefahr eines katastrophalen Austritts aus der EU ohne ein Abkommen am 29. März beseitigen. Ein derartiger Abgang würde dem Arbeitsmarkt, dem Wohlstand und der Sicherheit Großbritanniens schweren Schaden zufügen. Es könnte Engpässe bei Nahrungsmitteln und sogar bei Medikamenten geben, wenn Versorgungsnetze versagen. Das würde das internationale Vertrauen in Großbritannien untergraben, während es am meisten darauf angewiesen ist, neue Beziehungen aufzubauen."

In der Zeitung "The Scotsman" aus dem schottischen Edinburgh ist zu lesen: "Der derzeitige Kabinettsminister Michael Gove hat berüchtigterweise einmal gesagt, dass Großbritannien von 'Experten' die Nase voll gehabt habe, die sich zum Brexit äußerten. Sicher hat Großbritannien jetzt die Nase voll von Idioten im Unterhaus, die ernsthaft über einen ungeregelten Austritt nachdenken.


Es mag unwahrscheinlich aussehen, dass die Abgeordneten das unterstützen werden. Aber die Unterstützung ist noch immer groß genug, dass Theresa May es für nötig hält, den Fraktionszwang für ihre Abgeordneten aufzuheben. Dass die britische Regierung sich weigert, bei einer Sache von so hoher Wichtigkeit für das Land und für die Existenzgrundlage all seiner Bürger Loyalität zu fordern, ist eine Aufhebung der Führung und ein Pflichtversäumnis."

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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