So tickt die neue EU-ParlamentsprÀsidentin
Sie ist die erst dritte Frau in ihrem Amt und so jung wie keiner vor ihr. Das EU-Parlament hat Roberta Metsola zu seiner neuen PrĂ€sidentin gewĂ€hlt. Die 43-jĂ€hrige ist bereits bekannt â auch fĂŒr kontroverse Positionen.
Mit der konservativen Politikerin Roberta Metsola aus Malta bekommt die EU-Volksvertretung ihre jĂŒngste PrĂ€sidentin der Geschichte. Seit dem Tod von David Sassoli bekleidete die 43-JĂ€hrige bereits geschĂ€ftsfĂŒhrend das Amt. FĂŒr die ohnehin anstehende Wahl galt die bisherige EU-Parlamentsvizin als klare Favoritin auf den Posten â dank eines Abkommens der zwei gröĂten Fraktionen.
"Ich bin eine Frau von einer kleinen Insel mitten im europĂ€ischen SĂŒdmeer. Ich weiĂ, was es heiĂt, die AuĂenseiterin zu sein", sagte Metsola bei ihrer Rede vor den Parlamentariern in StraĂburg am Dienstag. Sie komme aus einem kleinen EU-Land und mit ihr wĂŒrde nach 20 Jahren wieder eine Frau an der Spitze der Institution stehen, hatte auch der EVP-Fraktionsvorsitzende Manfred Weber (CSU) bei Metsolas Wahl zur Kandidatin der konservativen Fraktion im November betont.
Sie machte sich bereits einen Namen
Bisher hatten mit Nicole Fontaine und Simone Veil nur zwei Frauen den Parlamentsvorsitz inne. Hingegen standen seit der GrĂŒndung der Volksvertretung im Jahr 1952 insgesamt 28 MĂ€nner an deren Spitze.
Doch unabhĂ€ngig von "Quoten"-Eigenschaften machte sich Metsola bereits als erste der 14 VizeprĂ€sidentinnen und VizeprĂ€sidenten einen Namen im Haus. Als ParlamentsprĂ€sident Sassoli im Herbst wegen einer LungenentzĂŒndung nicht seinen Aufgaben nachkommen konnte, vertrat Metsola ihn bei Plenarsitzungen und gewann dabei an Sichtbarkeit. Ohnehin weiĂ sie, wie die EU mit den unterschiedlichen politischen Richtungen und lĂ€nderspezifischen Interessen funktioniert.
Gegen SchwangerschaftsabbrĂŒche
Wegen ihrer ablehnenden Haltung zu SchwangerschaftsabbrĂŒchen ist Metsola jedoch unter den Parlamentariern auch umstritten. In den vergangenen Jahren stimmte sie mehrmals gegen einen erleichterten Zugang zu SchwangerschaftsabbrĂŒchen fĂŒr Frauen. Ihre Heimat Malta ist der letzte EU-Mitgliedstaat, in dem Abtreibung vollstĂ€ndig verboten ist. Auch Metsolas maltesische Nationalistische Partei vertritt diese Position vehement.
Zugleich unterstĂŒtzte die Politikerin im vergangenen Jahr aber eine EntschlieĂung des EU-Parlaments, die die Position von Schwulen, Lesben, bi- und transsexuellen Menschen angesichts zunehmender Anfeindungen in Polen stĂ€rkte.
"Ansichten des Parlaments vertreten"
Sie werde versuchen, den Spagat zwischen ihrer Heimatinsel und BrĂŒssel hinzubekommen, sagte Metsola unlĂ€ngst in einem Zeitungsinterview. An der Spitze der EU-Institution werde es "meine Aufgabe sein, die Ansichten des Parlaments zu vertreten" â auch was "sexuelle und reproduktive Gesundheit und Rechte" angehe.
Als Studentin trat Metsola den EuropĂ€ischen Demokratischen Studenten bei, einem Zusammenschluss konservativer StudentenverbĂ€nde in Europa. Das Referendum im Jahr 2003 zum EU-Beitritt Maltas ein Jahr spĂ€ter beschrieb sie als "Auslöser" fĂŒr ihre politische AktivitĂ€t. Zu dem Zeitpunkt hatte Metsola gerade in Jura promoviert und ein Studium am Europakolleg im belgischen BrĂŒgge begonnen, einer prestigetrĂ€chtigen Kaderschmiede der Spitzenverwaltung der EU.
Als NachrĂŒckerin ins Parlament
WÀhrend des Studiums in Belgien versuchte Metsola als 25-JÀhrige als eine der ersten maltesischen Abgeordneten ins EU-Parlament gewÀhlt zu werden. Jedoch erfolglos. 2005 heiratete sie den Finnen Ukko Metsola, mit dem sie heute vier Söhne hat. Auch bei den Europawahlen 2009 klappte es nicht mit dem Einzug ins Parlament.
Stattdessen arbeitete Metsola fĂŒr die StĂ€ndige Vertretung Maltas bei der EU und fĂŒr die EU-AuĂenbeauftragte Catherine Ashton. Metsola sprach mittlerweile neben Maltesisch, Italienisch und Englisch auch Französisch sowie Finnisch. Als 2013 ihr Landsmann Simon Busuttil sein Mandat aufgab, um in Malta die Opposition anzufĂŒhren, ĂŒbernahm Metsola seinen Sitz und schaffte es so in die EU-Volksvertretung.
Kernthemen Einwanderung und Pressefreiheit
2014 und 2019 wurde Metsola bei den Europawahlen als Abgeordnete der Nationalistischen Partei, die zur EVP-Fraktion gehört, wiedergewĂ€hlt. Sie engagierte sich besonders bei den Themen Einwanderung und Pressefreiheit, die ihre Heimatinsel stark betrafen. Malta erlebte in dieser Zeit hohe FlĂŒchtlingszahlen â und die EnthĂŒllungsjournalistin Daphne Caruana Galizia wurde 2017 bei einem Bombenanschlag ermordet.
2020 ĂŒbernahm die Politikerin dann den Posten der ersten von 14 VizeprĂ€sidenten im EU-Parlament. Nun ist sie â an ihrem 43. Geburtstag â ganz an die Spitze gerĂŒckt.