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Frankreich: So tickt Marine Le Pens Nachfolger Jordan Bardella


Frankreichs Rechte mit neuer Spitze
So tickt Marine Le Pens Nachfolger

Von afp
06.11.2022Lesedauer: 3 Min.
Jordan Bardella: Der neu gewählte Parteichef der Rassemblement National gilt als Ziehsohn von Marine Le Pen.Vergrößern des BildesJordan Bardella: Der neu gewählte Parteichef des Rassemblement National gilt als Ziehsohn von Marine Le Pen. (Quelle: Lewis Joly/dpa)
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Er ist 27 Jahre alt und gilt als Ziehsohn von Marine Le Pen. Nun hat Jordan Bardella sie in der Parteispitze des Rassemblement National abgelöst.

Seit Jahren betreibt er Kampfsport, ein Paar Boxhandschuhe schmücken sein Büro. Nun hat es der 27 Jahre alte Jordan Bardella an die Spitze des Rassemblement National (RN) geschafft, wo er Marine Le Pen ablöst. Frankreichs rechtspopulistisch bis rechtsextreme Partei wählte den bisherigen Interimschef zum neuen Parteivorsitzenden. Und es gibt Anzeichen, dass sich Bardella zu noch Größerem berufen fühlt – etwa die nächste Präsidentschaftswahl 2027. "Ich zähle zu der Generation, die regieren wird. Die einzige Frage ist, wann es soweit ist", sagte er kürzlich.

Der Ziehsohn der RN-Chefin Le Pen kam bei einer Online-Abstimmung auf 85 Prozent der Stimmen, wie Le Pen auf dem Parteitag am Samstag in Paris verkündete. Der 27-Jährige setzte sich demnach gegen seien Konkurrenten Louis Aliot durch. Für den Bürgermeister von Perpignan stimmten nur 15 Prozent der Parteimitglieder. Damit wird der RN erstmals seit seiner Gründung nicht von einem Mitglied der Familie Le Pen geführt.

Bardella ist mit Enkelin von Jean-Marie Le Pen liiert

Allerdings gehört Bardella zum Le Pen-Clan: Er ist seit mehreren Jahren mit einer Enkelin von Jean-Marie Le Pen liiert, im Fall einer Heirat würde Marine Le Pen seine angeheiratete Tante. Als Marine Le Pen sich im vergangenen Jahr aus der Parteiführung zurückzog, um sich auf den Präsidentschaftswahlkampf zu konzentrieren, überließ sie Bardella die Zügel. Die interne Wahl galt als reine Formsache.

Bardella wuchs in einer Sozialsiedlung in einer Pariser Vorstadt auf, seine Familie hat italienische Wurzeln. Als er zehn Jahre alt war, beobachtete er die Krawalle in den Vorstädten. Später machte er ein Praktikum auf einer Polizeiwache. Das Leben in einer Vorstadt sei "eine gute Schule", sagte er einmal.

Mit 16 trat er in die Partei ein, die damals noch Front National hieß. Er war beeindruckt von Marine Le Pen, die wenige Monate zuvor die Parteiführung von ihrem Vater Jean-Marie Le Pen übernommen hatte. "Sie spricht aus, was andere nicht zu sagen wagen. Ihr Charakter, ihre Energie, ihr Mut gefallen mir", sagte er über sie.

Bardella verfolgt härteren Kurs als Le Pen

Le Pen wurde bald auf den politisch begabten jungen Mann aufmerksam und machte ihn zu ihrem Kronprinzen. Beobachter meinen, dies sei auch ein Mittel gewesen, um sich ihre ehrgeizige Nichte Marion Maréchal vom Hals zu halten, der immer wieder Ambitionen auf eine Rückkehr in die Politik nachgesagt werden.

Bardella machte politische Kärrnerarbeit und zog durch die politischen Talkshows. Regelmäßig stand er um 05.00 Uhr auf, um die Parteilinie in den Morgensendungen zu verteidigen. 2019 trat er als Spitzenkandidat des Rassemblement National für die Europawahl an. Seine Liste kam mit 23 Prozent landesweit auf Platz eins, Bardella wurde mit 23 Jahren der jüngste EU-Abgeordnete überhaupt.

Öffentlich vermeidet Bardella es, mit extremen Ansichten anzuecken. Aber hin und wieder lässt er durchblicken, dass er einen härteren Kurs verfolgt als Le Pen, die seit Jahren versucht, die Partei weiter in die politische Mitte zu rücken. So äußerte er sich positiv zur Verschwörungstheorie des "großen Austausches", nach der eingewanderte Muslime in Frankreich allmählich zur Bevölkerungsmehrheit werden. "Ich benutze den Ausdruck nicht, aber ich erkenne an, dass er eine Realität beschreibt", meint er.

Rassistischer Zwischenruf überschattet Wechsel an Parteispitze

Überschattet wurde der Wechsel an der Parteispitze vom jüngsten Skandal in der Nationalversammlung, den ein RN-Abgeordneter ausgelöst hatte. Ein rassistischer Zwischenruf während der Rede eines schwarzen Abgeordneten brachte Grégoire de Fournas einen zweiwöchigen Ausschluss ein.

"Wenn der Lack abgeht, erscheint das wahre Gesicht des RN, der Rassismus. Unter der Krawatte verbirgt sich noch immer das Gift des Rechtsextremismus", empörte sich der sozialistische Parteichef Olivier Faure. Er spielte darauf an, dass Le Pen den männlichen Abgeordneten formelle Kleidung und gemäßigtes Auftreten nahegelegt hatte. Die Partei sollte sich "regierungsfähig" zeigen – das hat sie in der öffentlichen Meinung vorerst allerdings gründlich verspielt.

Auch Bardella ist Krawattenträger. Sein junges Gesicht und sein gegelter Kurzhaarschnitt lassen ihn glatt und linientreu erscheinen. Aber die Boxhandschuhe in seinem Büro sind möglicherweise doch ein Zeichen, dass er eigene Pläne hat.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur AFP
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