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Satiremagazin Titanic zu Papst Benedikt "Alles Gute auf dem Weg nach unten"


"Titanic" wΓΌnscht Papst "alles Gute auf dem Weg nach unten"

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

Aktualisiert am 05.01.2023Lesedauer: 3 Min.
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Mateus und Benedikt XVI: Die "Titanic"-Chefredakteurin glaubt an ein Wiedersehen mit dem verstorbenen Papst, sagt sie.Vergrâßern des Bildes
Mateus und Benedikt XVI: Die "Titanic"-Chefredakteurin glaubt an ein Wiedersehen mit dem verstorbenen Papst, sagt sie. (Quelle: Quelle: Vatican Media, Frederike Wetzels, Montage: uf, t-online)

Darf Satire den Papst herausfordern? Der Vatikan wollte sich einen Witz der "Titanic" nicht gefallen lassen und ging 2012 juristisch dagegen vor. Chefredakteurin Julia Mateus erinnert sich.

Vor zehn Jahren titelte das Satire-Magazin "Titanic": "Die undichte Stelle ist gefunden" und zeigte Papst Benedikt XVI. mit gelb befleckter Soutane auf der Vorder- und entsprechend braun gefΓ€rbtem Stoff auf der RΓΌckseite. In Anspielung auf Indiskretionen aus dem Vatikan, den sogenannten "Vatileaks", schrieb das Magazin damals: "Der Papst jubelt" – und kassierte prompt eine einstweilige VerfΓΌgung. Das Benedikt-Heft durfte kurzzeitig nicht mehr verkauft werden, eine gerichtliche Auseinandersetzung drohte. Der Vatikan forderte zunΓ€chst eine Unterlassung, lenkte aber kurz vor dem Prozessauftakt ein.

Das Medienecho auf das Pipi-Cover war weltweit gewaltig. Statt dem Magazin zu schaden, stiegen die Verkaufszahlen der Papst-Ausgabe sprunghaft an. Die heutige Chefredakteurin Julia Mateus war zu dieser Zeit freie Mitarbeiterin. Im GesprΓ€ch mit t-online erinnert sie sich an die Zeit – und verrΓ€t auf "Titanic"-typische Art, wie das Team den verstorbenen Papst gewΓΌrdigt hat.

t-online: Frau Mateus, "Wir sind tot", haben Sie getwittert. LΓ€sst die "Titanic" den Papst denn nun in Frieden ruhen?

Julia Mateus: Er hΓ€tte fΓΌr sein eigenes Gewissen quasi als letzten Akt noch unsere Reisekosten zum Prozess nach Hamburg begleichen kΓΆnnen. Dort sollte es ja damals die Verhandlung zu unserem Papst-Titel geben.

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Der Vatikan wollte gegen die "Titanic" eine Unterlassung erwirken. Wieso der Gang vors irdische Gericht?

Benedikt sah sich in seinen Persânlichkeitsrechten verletzt und hatte eine einstweilige Verfügung erwirkt, gegen die wir Widerspruch eingelegt haben. Doch kurz vor dem Prozess zog er sie überraschend zurück, da war die Redaktion schon angereist. Auf den Kosten ist "Titanic" dann sitzengeblieben. Aber wir sind da großzügig und wünschen ihm trotzdem alles Gute auf dem Weg nach unten.

Sie haben der "Zeit" gesagt, sie wΓΌrden sich als neue Chefredakteurin der "Titanic" von allen Witzen Ihrer VorgΓ€nger distanzieren. Auch vom Pipi-Cover?

In dem Fall würde ich eine Ausnahme machen. Ich fÀnde es Àußerst pietÀtlos, sich gerade in diesen schweren Stunden angewidert von Ratzinger abzuwenden und sich in Distanz zu üben. Außerdem hat sein Nachfolger Papst Franziskus dazu aufgerufen, jetzt an Benedikt zu denken und Gebete zu twittern, allerdings nicht unter dem Hashtag #abkratzinger, das kânnte Elon Musks religiâse Gefühle verletzen.

Julia Mateus.
Julia Mateus. (Quelle: privat)

Satire seit 1979

Julia Mateus (geb. 1984) ist seit Oktober 2022 Chefredakteurin der "Titanic", damit steht erstmals eine Frau an der Spitze der aktuell achtkΓΆpfigen Redaktion. Das Satiremagazin erscheint seit 1979. Die Auflage liegt nach eigenen Angaben bei 37.000 Exemplaren, davon die HΓ€lfte im Abo.

Haben Papst und Kirche denn der "Titanic" verziehen? Was glauben Sie?

Die katholische Kirche und auch Benedikt selbst haben mehrfach bewiesen, dass sie gegenΓΌber SΓΌndern in den eigenen Reihen ΓΌberaus barmherzig und keineswegs nachtragend sind. Wir haben einige Male die Hand der VersΓΆhnung ausgestreckt, leider ohne Reaktion. Dennoch sind wir zuversichtlich, dass auch wir den kirchlichen Segen wiedererlangt haben.

Überlegt man sich nicht dreimal, ob man auf religiâsen Gefühlen von Menschen herumtrampelt? Und wenn es um Religion geht, in der manche an das Konzept Satire gar nicht glauben?

Wir machen die Witze, die wir selbst lustig finden. Dabei kommt es immer wieder vor, dass sich Leute in ihren Gefühlen verletzt fühlen, egal ob es um KirchenoberhÀupter, Depressionen, Fußball oder Sommerrollen geht. Auch den Islam hatten wir schon als Thema, allerdings bietet das Christentum für uns eine grâßere Witz-Fundgrube, da bedienen wir uns lieber dort.

2016 haben Sie den Papst noch mal ins Visier genommen. Ihr Vorschlag damals auf dem Cover: "Endspurt im Promi-Sterbejahr!" Was fΓΌr ein Jahr war 2022?

Mit der Prognose lagen wir damals knapp daneben. Unser Ziel war zu verhindern, dass die Presse vom Tod Benedikts kalt erwischt wird. Jetzt ist er zwischen den Jahren gestorben. Ein sehr ungΓΌnstiger Zeitpunkt, fΓΌr Medien-JahresrΓΌckblicke definitiv zu spΓ€t. 2022 war, wie auch schon 2021, ein Boomjahr fΓΌr die Satire.

Aber nicht fΓΌr Satire-Magazine, oder?

Wir haben uns das Ziel gesetzt, das letzte Printprodukt am Markt zu werden und sehen uns da auf einem guten Weg.

Es liegt lange zurΓΌck, dass das Papst-Cover mit dem Pipi Wellen geschlagen hat, gefΓΌhlt ist es ruhiger. Wie steht es um die "Titanic"?

Die Stimmung ist sehr gut. Wir investieren in Krypto-Satire und bieten jetzt auch NFTs von Zonen-Gaby und Birne an. [NFT sind eine Art digitale Echtheitszertifikate, die den Besitz eines einzigartigen digitalen Objekts bescheinigen. Die Technologie der Blockchain wird genutzt, um fΓ€lschungssichere SammlerstΓΌcke zu verifizieren, Anm. d. Red.] Dadurch ist die Redaktionskasse prall gefΓΌllt und ich konnte allen Mitarbeitern goldene Twitter-HΓ€kchen spendieren.

Und glauben Sie, dass es fΓΌr die "Titanic"-Chefredaktion nach dem Tod ein Wiedersehen mit dem Papst gibt?

WomΓΆglich wird der Prozess um unseren Titel vor dem JΓΌngsten Gericht noch einmal aufgerollt. Ich hoffe, dass Ratzinger dann nicht wieder in letzter Minute einen RΓΌckzieher macht.

Vielen Dank fΓΌr das Bekenntnis.

Verwendete Quellen
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