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Befreiung von Gaza-Geisel: Israel erwägt offenbar Ausweitung des Krieges


Kritik an Netanjahu-Regierung
Israel erwägt offenbar Ausweitung des Gaza-Krieges

Von dpa
Aktualisiert am 04.08.2025 - 05:16 UhrLesedauer: 4 Min.
Nahostkonflikt - NetanjahuVergrößern des Bildes
Der israelische Premierminister Benjamin Netanjahu spricht während einer Pressekonferenz" "Hamas will keinen Deal". (Quelle: Ronen Zvulun/Pool Reuters/dpa/dpa-bilder)
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Die Hamas soll noch 20 lebende Geiseln in ihrer Gewalt haben. Ihre Freilassung durch Verhandlungen wird unwahrscheinlicher. Wird das israelische Militär sie befreien?

Angesichts schockierender Videos von abgemagerten Geiseln der islamistischen Hamas erwägt Israels Regierung Medienberichten zufolge eine Ausweitung des Gaza-Krieges zur Befreiung der Entführten. Regierungschef Benjamin Netanjahu strebe danach, die Freilassung der Geiseln "auf dem Weg eines militärischen Sieges" zu erreichen, zitierten israelische Medien einen namentlich nicht genannten Beamten. "Ich verstehe genau, was die Hamas will. Sie will keinen Deal", sagte Netanjahu in einer Video-Botschaft.

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Er sei nun noch entschlossener, die Geiseln zu befreien, die Hamas zu eliminieren und dafür zu sorgen, dass vom Gazastreifen nie wieder eine Gefahr für Israel ausgeht, sagte Netanjahu gemäß englischer Übersetzung der "Times of Israel". Einzelheiten nannte er nicht. Das Forum der Geisel-Familien übte deutliche Kritik an seinen Äußerungen. "Seit 22 Monaten wird der Öffentlichkeit die Illusion verkauft, dass militärischer Druck und intensive Kämpfe die Geiseln zurückbringen werden", zitierte die Zeitung eine Erklärung der Gruppe.

Netanjahu: Werden uns nicht brechen lassen

"Die Wahrheit muss gesagt werden: Die Ausweitung des Krieges gefährdet das Leben der Geiseln, die in unmittelbarer Todesgefahr schweben. Wir haben die erschreckenden Bilder der Geiseln in den Tunneln gesehen, sie werden weitere lange Tage des Grauens nicht überleben", heißt es in der Erklärung des Forums, das die Mehrheit der Familien der 50 noch festgehaltenen Geiseln vertritt.

Die Hamas hatte in den vergangenen Tagen Videos veröffentlicht, in denen zwei bis auf die Knochen abgemagerte und geschwächte Geiseln warnen, dass ihr Tod nahe sei. Die jungen Männer kritisieren darin Regierungschef Netanjahu dafür, ihre Notlage zu ignorieren. In seiner Video-Botschaft sagte der Regierungschef über die Terrororganisation: "Sie will uns brechen - mit diesen grauenhaften Videos, mit der falschen Horror-Propaganda, die sie in der ganzen Welt verbreitet." Aber man werde sich nicht brechen lassen, sagte er.

Der israelische Botschafter bei den Vereinten Nationen in New York, Danny Danon, kündigte für Dienstag eine Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats zur Lage der Geiseln an. "Während eine weltweite Kampagne gegen den Staat Israel geführt wird, lassen Hamas-Terroristen die israelischen Geiseln hungern und misshandeln sie", schrieb er auf der Plattform X. Es sei an der Zeit, dass der UN-Sicherheitsrat die Taten der Hamas "unmissverständlich verurteilt".

Hamas: Rotes Kreuz darf Geiseln unter Bedingungen versorgen

Die Hamas ist nach eigenen Angaben bereit, das Rote Kreuz die Geiseln mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgen zu lassen – jedoch nur unter weitreichenden Bedingungen. So müsse Israel eine umfassende und dauerhafte Versorgung der palästinensischen Zivilbevölkerung im Gazastreifen ermöglichen, teilte ein Sprecher der Al-Kassam-Brigaden, des militärischen Arms der Terrororganisation, auf Telegram mit. Zudem müsse Israel jegliche Luftaufklärung während der Zeit einstellen, in der Hilfe zu den Geiseln gelangt.

Kurz zuvor hatte Israels Regierungschef Netanjahu nach Angaben seines Büros mit dem regionalen IKRK-Delegationsleiter Julien Lerisson gesprochen und ihn gebeten, sich dafür einzusetzen, dass das Rote Kreuz die Entführten unverzüglich mit Lebensmitteln und Medikamenten versorgen möge.

Mindestens 20 Geiseln sollen noch am Leben sein

Von den knapp 150 Geiseln, die bislang freikamen, wurden nur sieben durch erfolgreiche Kommandoaktionen der Streitkräfte befreit. Die anderen kamen fast ausschließlich im Zuge von Waffenruhe-Vereinbarungen frei. Nach israelischer Darstellung befinden sich noch 50 Geiseln in der Gewalt der Hamas und anderer Terrorgruppen. Mindestens 20 von ihnen sollen noch leben.

Die Hamas strebt eine Beendigung des Krieges zu ihren Bedingungen an. Sie würde nach eigenen Aussagen die Geiseln freilassen, wenn sich Israels Armee aus dem abgeriegelten Gazastreifen zurückzieht und alle Kampfhandlungen gegen die Hamas einstellt. Israel fordert wiederum eine Entwaffnung der Islamisten und den Gang ihrer Kader ins Exil – was die Hamas strikt ablehnt.

Berichte: Regierung über weiteres Vorgehen noch uneins

Israelischen Medienberichten zufolge wägt die Regierung nun ein militärisches Vorgehen ab, um die letzten Geiseln zu befreien. Die humanitäre Hilfe für die palästinensische Zivilbevölkerung würde aber weiterhin gewährleistet bleiben, außer in Kampfgebieten und Gebieten unter Kontrolle der Hamas, zitierten israelische Zeitungen den Regierungsbeamten weiter. Wie genau ein solches Vorgehen aussehen könnte, sagte der Beamte demnach jedoch nicht.

Man stehe diesbezüglich im Dialog mit der amerikanischen Führung, hieß es nur. Es zeichne sich die Einsicht ab, dass die Hamas an einer Vereinbarung im Zuge indirekter Verhandlungen nicht interessiert sei. Kurz zuvor hatten israelische Medien und die US-Nachrichtenseite "Axios" noch berichtet, US-Präsident Donald Trump strebe jetzt einen umfassenden Deal an, der den Krieg beenden und alle Geiseln auf einmal zurückbringen werde. "Keine stückweisen Deals. Das funktioniert nicht", wurde der US-Sondergesandte Steve Witkoff zitiert.

Die israelische Führung werde in dieser Woche entscheiden, ob sie die Kämpfe ausweiten wird – auch auf die Gefahr hin, dass Geiseln zu Schaden kommen – oder ob sie mehr Zeit für ein mögliches Abkommen einräumt, hieß es in israelischen Medienberichten. Innerhalb der Führung gebe es unterschiedliche Ansichten dazu. Einige seien für, andere gegen eine Ausweitung der Kämpfe.

Nach Angaben der israelischen Militärbehörde Cogat erreichten in den vergangenen sieben Tagen 23.000 Tonnen Hilfsgüter die palästinensische Bevölkerung im Gazastreifen auf dem Landweg. Sie seien von UN- und anderen Organisationen übernommen worden. Laut Helfern und Augenzeugen werden die meisten Lkws von Bewohnern geplündert. UN-Organisationen beklagen zudem, dass die derzeit etwa 200 Lkw-Ladungen am Tag nicht ausreichten. Nach UN-Angaben droht eine Hungersnot. Netanjahu hatte dagegen jüngst gesagt, es gebe in dem abgeriegelten Küstengebiet gar keinen Hunger.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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