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Gesellschaft: Spaniens Trockenheit bringt versunkene Dörfer ans Licht


Gesellschaft
Spaniens Trockenheit bringt versunkene Dörfer ans Licht

Von dpa
26.11.2017Lesedauer: 3 Min.
Blick auf eine einst geflutete römische Brücke nahe La Muedra in Spanien, die wegen des niedrigen Wasserstands wieder zum Vorschein gekommen ist.Vergrößern des BildesBlick auf eine einst geflutete römische Brücke nahe La Muedra in Spanien, die wegen des niedrigen Wasserstands wieder zum Vorschein gekommen ist. (Quelle: Ana Lazaro Verde./dpa)
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Madrid/La Muedra (dpa) - Vicente Nieto kann die Tränen kaum zurückhalten, wenn er von La Muedra spricht - jenem Dorf, in dem er vor 86 Jahren geboren wurde. Als der Spanier vier Jahre alt war, musste die Familie fortziehen.

Der ganze Ort wurde geflutet, ein Stausee entstand. Jetzt ist La Muedra in der nordwestlichen Region Kastilien und León wieder aufgetaucht: Wegen einer schweren Dürre in vielen Teilen Spaniens ist der Wasserstand des Sees so niedrig, dass die Ruinen, eine Fabrik, eine alte römische Brücke und der Glockenturm der Kirche plötzlich wieder aus dem Boden ragen.

Auch in anderen Landesteilen bringt der Regenmangel viele Erinnerungen ans Licht, an die Zeiten, als unter der Diktatur von Francisco Franco (1939-1975) Dutzende Dörfer umgesiedelt wurden, um Platz für riesige Wasserreservoirs zu schaffen.

"Es tut mir sehr weh, wenn ich heute La Muedra sehe. Ich bin zwar alt, aber ich weine immer noch", sagt Nieto, der heute im nur fünf Kilometer entfernten Vinuesa in der Provinz Soria lebt. "Wir hatten dort ein Haus, einen Stall mit Kühen, Schafen und Stuten und einen großen Garten, in dem die Lämmer in der Sonne spielten", erzählt der Rentner. "Es kommt mir vor, als sei das alles gestern gewesen."

Auch Manoli Rodríguez (83) erinnert sich mit Nostalgie an ihre frühen Kindertage in La Muedra. Ihr Vater war der Dorflehrer - und der Letzte, der den Ort verließ. "Am Ende unterrichtete er nur noch ein einziges Kind, denn es lebten nur noch zwei Familien in La Muedra", sagt sie und betrachtet wehmütig eine Schwarz-Weiß-Fotografie vom alten Dorfplatz mit dem Kirchturm und einem riesigen Baum, den beiden früheren Wahrzeichen des Ortes. All das verschwand unter den Wassermassen des 1941 eingeweihten Stausees "Cuerda del Pozo". Dessen Pegel ist nun plötzlich auf einem Tiefststand.

Denn Spanien erlebt derzeit eine der schwersten Dürreperioden in Jahrzehnten. Das Frühjahr war bereits extrem trocken, der Sommer bescherte Rekordtemperaturen und auch der Herbst brachte bislang kaum Regen. "In den vergangenen Monaten sind Niederschläge zu einem fast anormalen Phänomen in Spanien geworden. Die Sonne scheint von einem wolkenlosen Himmel, und die Wasserreservoirs verdursten", meinte ein Kommentator im Nachrichtenportal "La Gaceta". Auch in Portugal ist die Lage ähnlich. Hier hatten den ganzen Sommer über von der Hitze und der Trockenheit angefeuerte Waldbrände getobt.

Spaniens Umweltministerin Isabel García Tejerina warnte zuletzt bereits, die Wasserversorgung ohne Rationierungen sei nur noch bis Ende des Jahres gesichert. Wenn es bis dahin nicht ausgiebig regne, müsse sich das Land "auf das schlimmste aller Szenarien" einstellen.

Der Wasserstand des "Cuerda del Pozo"-Stausees liegt derzeit bei gerade einmal 21 Prozent seines Fassungsvermögens. Schlimm betroffen ist auch die angrenzende Region La Rioja, die besonders bei Weinliebhabern berühmt ist. Hier liege der Wasserstand in einigen Reservoirs seit Wochen nur noch bei 14 Prozent ihrer Gesamtkapazität, berichteten spanische Medien.

Deshalb ist auch in La Rioja ein Dörfchen nach Jahrzehnten wieder zum Vorschein gekommen: In diesen Tagen können die früheren Bewohner von Mansilla de la Sierra wieder durch die Überreste ihrer alten Häuser spazieren. Das gleiche gilt für Portomarín in Galicien, das 1962 geflutet worden war.

Um auf die Gefahren aufmerksam zu machen, die die verheerende Dürre nach sich ziehen könnte, haben spanische Umweltexperten und Freiwillige die Bürgerplattform "SOS Sequía" (SOS Dürre) ins Leben gerufen. "Rissige Erde, verlorene Ernten, durstiges Vieh und Einschränkungen bei der städtischen Versorgung - wir stehen einer beunruhigenden Realität gegenüber, die die Aufmerksamkeit aller verdient", heißt es auf der Webseite.

Politik und Medien müssten endlich aufhören, der Öffentlichkeit "eines der größten Probleme, denen wir gegenüberstehen" zu verschweigen. Denn der Moment sei nicht mehr weit, "in dem wir den Wasserhahn aufdrehen und kein Tropfen mehr herauskommt."

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