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Presseschau zu Brexit-Verhandlungen: "Es geht um das Ende des Modells Europa"


Brexit-Zoff droht zu eskalieren
"Es geht um das Ende des Modells Europa"

Von dpa
08.09.2020Lesedauer: 3 Min.
Brexit-Verhandlungen: Boris Johnson verärgert mit seiner Drohung die EU.Vergrößern des BildesBrexit-Verhandlungen: Boris Johnson verärgert mit seiner Drohung die EU. (Quelle: Xinhua/imago-images-bilder)
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Zum Start der achten Brexit-Verhandlungen überwiegt der Streit, das Vertrauen der Parteien ist beschädigt. Denn Boris Johnson drohte, bisherige Abkommen aufzukündigen. Die Presse reagiert empört.

Nach der Drohung von Großbritanniens Premierminster Boris Johnson, Teile der bisherigen Brexit-Vereinbarungen zurückzuziehen, ist die Politik in der EU aufgebracht. Selbst wenn es nur bei dieser Provokation bliebe, ist das Vertrauen der Verhandlungspartner stark geschwächt, schreibt t-online-Redakteur Patrick Diekmann in seiner Analyse. Auch andere Pressestimmen haben eine klare Meinung zur neuen Taktik von Premier Boris Johnson.

"Frankfurter Rundschau": Ausgerechnet in London, dieser früher geopolitisch so wachen Stadt, werden heute mögliche globale Fernwirkungen der eigenen Politik ignoriert. Begreift niemand, wie schädlich es wäre, wenn Ende dieses Jahres weltweit die Nachricht von einem chaotischen Brexit die Runde machte? Es geht um weit mehr als den möglichen wirtschaftlichen Schaden, den die Europäer beiderseits des Ärmelkanals einander zufügen könnten. Es geht leider um das Ende des Modells Europa. Einmal mehr, wie schon beim Brexit-Referendum im Jahr 2016, würden sich Autokraten rund um den Globus lachend auf die Schenkel schlagen: Seht her, das Denken in den Kategorien von Nationalismus und Abschottung hat endgültig alle ökonomische Vernunft besiegt; Europa selbst, das so fortschrittlich sein wollte, führt es uns nun vor.

"The Times" (London): "Zweifellos ist jedwede Andeutung der Regierung, sie könne das EU-Austrittsabkommen brechen, zutiefst beunruhigend. Großbritannien ist ein Land, dass die Rechtsstaatlichkeit respektiert und seine internationalen Verpflichtungen erfüllt. Einen internationalen Vertrag ein Jahr nach der Unterzeichnung zu brechen, würde das Ansehen Großbritanniens in der Welt schwer beschädigen und seine moralische Autorität untergraben, andere Länder zu überzeugen, ihren Pflichten nach internationalem Recht nachzukommen. Die Nichteinhaltung des EU-Austrittsabkommens wäre zudem ein Vertrauensbruch gegenüber der britischen Öffentlichkeit. Boris Johnson hat die Wahlen im vergangenen Dezember aufgrund seines Versprechens gewonnen, er habe einen "ofenfertigen Deal", mit dem der "Brexit erledigt" werden könne. Diesen Deal nun zu zerfetzen, würde weitgehende Vertrauensfragen aufwerfen.

"Rheinpfalz": Pokert der britische Premierminister? Leo Varadkar, der Ex-Premierminister von Irland, meint, dass es sich nur um "Säbelrasseln" handele, wie es beim fortgeschrittenen Stand von Verhandlungen ja oft der Fall sei. Doch bei allem jovialen Auftreten ist Johnson Brexit-Ideologe genug, um auch ein wirtschaftliches Fiasko in Kauf zu nehmen.

"Neue Osnabrücker Zeitung": Natürlich hat die EU ein Interesse, die Gespräche zu einem Erfolg zu führen, um die Nebenwirkungen des Brexits so gering wie möglich zu halten. Wie aber soll das gehen mit einem Gegenüber, das die ideologische Fata Morgana von Souveränität und Unabhängigkeit stärker gewichtet als realistische Bedrohungen; frei von Fremdeinwirkung wird die Insel auch nach dem finalen EU-Ausstieg nicht sein. Kommt es zum 'No-Deal-Brexit', wird es unweigerlich Hemmnisse für den Handel mit Waren und Dienstleistungen geben. Getrennte Regulierungs- und Rechtsräume münden in neue Zölle und zusätzliche Bürokratie. Ökonomische Verwerfungen sind unvermeidlich - zusätzlich zum Druck, der durch Corona ohnehin auf vielen Firmen lastet. All das wird aber den Briten mehr schaden als der EU."

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"Südwest Presse": So braucht Johnson das Brexit-Gerangel mit Brüssel als Beweis dafür, dass er doch noch etwas von seinem bulligen Optimismus und rigorosen Durchsetzungsvermögen besitzt. Doch für ein Land, das schwer unter den gesundheitlichen und wirtschaftlichen Folgen der Pandemie leidet und verheerende Prognosen für die Wirtschaftserholung hat, ist der völlige Bruch mit dem wichtigsten Handelspartner wohl kaum ein Patentrezept, um "mächtig zu prosperieren", wie der Premierminister jetzt wieder tönte.

"Kölner Stadt-Anzeiger": Ausgerechnet in London, dieser früher geopolitisch so wachen Stadt, werden heute mögliche globale Fernwirkungen der eigenen Politik ignoriert. Begreift niemand, wie schädlich es wäre, wenn Ende des Jahres weltweit die Nachricht von einem chaotischen Brexit die Runde machte? Es geht um weit mehr als den wirtschaftlichen Schaden. Es geht um das Ende des Modells Europa.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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