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Österreich: Enger Mitarbeiter belastete Ex-Kanzler Sebastian Kurz schwer | Ibiza-Affäre


Ibiza-Affäre
Ex-Vertrauter belastet Sebastian Kurz schwer

Von dpa, afp, lw

Aktualisiert am 19.10.2022Lesedauer: 3 Min.
Sebastian Kurz: Der ehemalige österreichische Kanzler steht massiv unter Druck.Vergrößern des BildesSebastian Kurz: Der ehemalige österreichische Kanzler steht massiv unter Druck. (Quelle: Martin Juen/imago-video)
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Sebastian Kurz' einstiger Vertrauter Thomas Schmid erhebt schwere Korruptionsvorwürfe gegen Österreichs Ex-Kanzler. Der Druck auf dessen Partei steigt.

Der ehemalige österreichische Kanzler Sebastian Kurz wird von einem ehemals engen Mitstreiter in einer Korruptionsaffäre schwer belastet. Thomas Schmid, einst Chef der Staatsholding ÖBAG, habe seit Juni insgesamt fünfzehn Tage lang in der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) ausgesagt, so die Behörde.

Laut Auszügen aus den Vernehmungsprotokollen bezeichnete er Kurz als Auftraggeber für steuerfinanzierte und manipulierte Meinungsumfragen. Laut einer Politikerin der mitregierenden Grünen belasten die Vorwürfe die Koalition mit der ÖVP, in der Kurz weiterhin Mitglied ist.

"Es braucht nun volle Aufklärung, die von den Ermittlungsbehörden zu leisten ist", sagte der amtierende Regierungschef Karl Nehammer (ÖVP) am Mittwoch in einer knappen Stellungnahme. Er bezog sich auf ein rund 450-seitiges Protokoll der Korruptionsstaatsanwaltschaft, das am Vortag publik wurde.

Schon zuvor war die Staatsanwaltschaft dem Verdacht nachgegangen, dass Schmid, Kurz und weitere Personen in eine Umfragen-Affäre verstrickt waren. Schmid, ehemals auch als Kabinettschef im Finanzministerium tätig, hat den veröffentlichten Protokollen zufolge nun bestätigt, dass das Ministerium Werbeanzeigen in einer Zeitung schaltete, die im Gegenzug manipulierte Umfragen veröffentlichte.

Auch die Umfragen seien teilweise vom Finanzministerium verdeckt finanziert worden. Diese als "Tool" (Werkzeug) bezeichnete Konstruktion wurde laut der Staatsanwaltschaft entwickelt, um Kurz 2017 den Weg an die ÖVP-Parteispitze und in das Kanzleramt zu ebnen. Schmid sagte, Kurz habe gewusst, dass die Umfragen über das Finanzministerium finanziert wurden. "Ja, das war ihm klar", hieß es zu der Frage in der Aussage.

"Von Kurz den Auftrag bekommen"

"Mir ist ganz wichtig, zu betonen, dass ich dieses Tool nur deswegen umgesetzt habe, weil ich von Kurz den Auftrag bekommen habe", sagte Schmid laut Protokollauszügen, die vom öffentlich-rechtlichen Sender ORF und vom Chefredakteur der Wochenzeitung "Falter", Florian Klenk, veröffentlicht wurden. Er habe sich vom Kanzler benutzt gefühlt.

Im Oktober 2021 sei er von Kurz unter Druck gesetzt worden, "die ganze Schuld auf mich zu nehmen". Dies habe er aber nicht getan, sagte Schmid. Chefredakteur Klenk schrieb zu den Auszügen der Protokolle: "Kurz hat ein riesiges Problem. Er wird angeklagt werden. Und im Falle einer Verurteilung mehrere Jahre bekommen."

Kurz' Anwalt Werner Suppan bestritt Schmids Aussagen: "Seine Beschuldigungen sind falsch, und das wird auch noch bewiesen werden." Auch Kurz selbst äußert sich in einem auf Facebook veröffentlichten Statement. Die Anschuldigungen gegen ihn seien falsch und für ihn persönlich seien sie "keine Überraschung". Er beschuldigt Schmid unter anderem, durch seine Anschuldigungen nur selbst straffrei davonkommen zu wollen.

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Wie die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) am Dienstag mitteilte, will Schmid in dem Verfahren als Kronzeuge auftreten. Er sei im April mit diesem Wunsch an die Ermittlungsbehörde herangetreten, hieß es in einer Pressemitteilung. Einen formellen Antrag auf den Kronzeugenstatus habe Schmid jedoch noch nicht gestellt.

Wie wird man Kronzeuge?

Als Kronzeuge kann eine Täterin oder ein Täter straffrei davonkommen, wenn sie oder er freiwillig an die Staatsanwaltschaft oder Kriminalpolizei herantritt, ein "reumütiges Geständnis" ablegt und neues Wissen preisgibt, das wesentlich zur Aufklärung beiträgt, heißt es im Paragrafen 209a der österreichischen Strafprozessordnung (StPO).

Voraussetzung für den Status ist demnach, dass der Kronzeuge noch nicht als Beschuldigter in dem Verfahren vernommen wurde und es noch keine Zwangsmaßnahmen wie eine Hausdurchsuchung oder Verhaftung gegen ihn gegeben hat.

Ibiza-Affäre führte zu Koalitionsbruch

Die Ermittlungen der Korruptionsjäger wurden von einem verdeckt auf Ibiza gedrehten Video ausgelöst. Darin erweckte der damalige rechte FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache den Eindruck von Käuflichkeit. Die Veröffentlichung des Videos hatte 2019 den Bruch der Koalition zwischen der konservativen Kanzlerpartei ÖVP und der FPÖ zur Folge.

Kurz war von Dezember 2017 bis Mai 2019 und erneut von Januar 2020 bis Oktober 2021 Kanzler in Österreich. Er war nach Vorwürfen der Untreue, Bestechung und Bestechlichkeit als Regierungschef zurückgetreten. Später legte er zudem sein Amt als ÖVP-Parteichef nieder. Das österreichische Parlament hob die Immunität des konservativen Politikers auf und machte damit den Weg für weitere Korruptionsermittlungen frei.

Schmids Aussagen führten laut Staatsanwaltschaft außerdem am Dienstag zu Hausdurchsuchungen bei zwei Unternehmen wegen des Verdachts der Bestechung, der Bestechlichkeit und des Amtsmissbrauchs. Ein großes Immobilienunternehmen, das Medienberichten zufolge ebenfalls durchsucht wurde, antwortete nicht auf eine Anfrage der Deutschen Presse-Agentur.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen dpa und AFP
  • Pressemitteilung der Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft (WKStA) vom 18. Oktober 2022
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