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"Verstörend": US-Senator liest anzügliche Literatur im Parlament vor


"Verstörend"
US-Senator empört mit anzüglicher Lesung im Parlament

Von t-online, cc

Aktualisiert am 13.09.2023Lesedauer: 3 Min.
Der republikanische US-Senator John Kennedy bei einer Anhörung im Senat (Archivbild).Vergrößern des BildesDer republikanische US-Senator John Kennedy bei einer Anhörung im Senat (Archivbild). (Quelle: IMAGO/Rod Lamkey)
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Vor dem US-Parlament hat ein Senator mit einer pornografischen Lesung für Aufregung gesorgt. Er wollte für ein besonders umstrittenes Gesetz werben.

In den Vereinigten Staaten von Amerika herrscht ein Kulturkampf. Nicht erst seit gestern streiten sich Konservative und Liberale dort um die Ausrichtung von Politik, Staat und Gesellschaft. Davon bleibt selbst die Literatur nicht verschont.

Nun hat der republikanische US-Senator John Kennedy aus Louisiana für Aufsehen gesorgt, als er vor einem Ausschuss des US-Parlaments Passagen aus zwei Büchern rezitierte, in denen sexuelle Handlungen beschrieben werden. Etwas weniger gewunden könnte man auch sagen: Kennedy las pornografische Szenen vor. Das gefiel offenbar nicht jedem, wie US-Medien berichten.

"Bei allem Respekt, Herr Senator, aber die Worte, die sie gerade gesprochen haben, sind verstörend, insbesondere da sie aus Ihrem Mund kommen. Sehr verstörend", sagte Alexi Giannoulias, ein hochrangiger Vertreter des Bundesstaats Illinois. "Ich möchte Ihnen aber auch sagen, dass wir Kindern natürlich nicht empfehlen, Pornografie zu lesen".

Kampf gegen Themen wie sexuelle und ethnische Identität

Kurz zuvor hatte Kennedy aus dem Roman "All Boys Aren't Blue", des Autors George M. Johnson und "Gender Queer" der non-binären Cartoonistin Maia Kobabe vorgelesen. Die Szenen, die der Senator für seine Lesung herausgesucht hatte, enthielten unter anderem explizite Sexualdarstellungen. Solche Bücher werden in den USA von Konservativen besonders gerne verboten. Sie wollen verhindern, dass Kinder und Jugendliche in Berührung mit erotischer Literatur und Themen wie sexueller Diversität kommen.

Im Zuge eines bereits seit Jahren tobenden Kulturkampfes verschwanden daher schon Tausende Werke aus amerikanischen Bibliotheken und Schulen. Die Verbote kommen oftmals schleichend. Insbesondere in von den Republikanern regierten Bundesstaaten wie Florida oder Utah werden Bibliotheken und Schulen angewiesen, bestimmte Bücher aus den Regalen zu entfernen. Der republikanische Präsidentschaftskandidat Ron DeSantis gilt als einer der führenden Verfechter staatlicher Zensur und moderner Buchverbote.

Senator Kennedy gilt als scharfzüngiger Befürworter solcher Verbote. Der Demokrat Giannoulias hingegen setzt sich dafür ein, dass der Bücherbann in seinem Bundesstaat Illinois nicht umgesetzt wird. "Herr Staatssekretär, was gedenken Sie denn zu tun?", fuhr Kennedy den Demokraten bei der Anhörung vor dem US-Senat an, "wollen Sie die Entscheidung darüber, ob unsere Kinder solche Sachen zu lesen bekommen, etwa allein den Bibliothekaren überlassen?"

"Nur weil Ihnen bestimmte Dinge nicht gefallen"

Der Demokrat Giannoulias entgegnete darauf, dass nach Kennedys Argumentation eine ganze Reihe weiterer Bücher verboten werden müsste, etwa der amerikanische Klassiker "To kill a mockingbird" ("Wer die Nachtigall stört"), ein hochdekoriertes Werk, das vom Rassismus in den Südstaaten handelt und das eine Vergewaltigungsszene enthält. "Wo soll das Ganze dann aufhören?", fragte der Demokrat angesichts der von den Republikanern geforderten Zensur.

Giannoulias nannte die Lesung Kennedys vor dem Ausschuss eine "Show". Er sagte dem US-Magazin "Newsweek", die Republikaner wüssten genau, dass sie diesen Kampf nicht gewinnen könnten und sie sollten aufhören, die "fundamentalen Rechte der Amerikaner zu beschneiden, nur weil ihnen bestimmte Dinge nicht gefallen".

"Autoritäre Regime verbieten Bücher"

Die von Kennedy zitierten Bücher "All Boys Aren't Blue" und "Gender Queer" stehen laut der amerikanischen Bibliotheksvereinigung American Library Association (ALA) auf Platz eins und zwei der verbotenen Werke in den USA. "Unsere Bibliotheken sind zur Zielscheibe jener geworden, die sich im Namen der Freiheit für unterdrückerische Maßnahmen starkmachen. Autoritäre Regime verbieten Bücher, aber nicht Demokratien", sagte Giannoulias.

Eine Sprecherin des Senators aus Louisiana wiederum sagte, Eltern seien nicht über den "Fänger im Roggen" besorgt [Anm. d. Redaktion: ein weiterer Klassiker der US-Literatur], "sie sind besorgt darüber, dass ihre Kinder von Radikalen indoktriniert werden, die glauben, dass die Lektüre pornografischen Materials nur zum Besten für sie ist".

Verwendete Quellen
  • theguardian.com: "Republican John Kennedy: southern plain-talk or Foghorn Leghorn shtick?" (englisch)
  • newsweek.com: "Senator Reads Aloud From Pornographic Book in Hearing: 'Disturbing'" (englisch)
  • taz.de: "Verbot von Büchern in den USA: Politische Fernleihe"
  • ipg-journal.de: "Die Kulturkampf-Falle"
  • newyorker.com: "How a Debut Graphic Memoir Became the Most Banned Book in the Country" (englisch)
  • theguardian.com: "‘Authoritarian regimes ban books’: Democrats raise alarm at Senate hearing" (englisch)
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